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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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und schlammige Ebenen, die sich wie endlos erstreckten.
    Seine Passagierzelle war zwar weich, aber auch eng. Die Wände summten und vibrierten, während sich die mechanische Schlange bewegte. Sie war auch nicht so redselig oder freundlich wie Dr. Nguyens Pinguin. Das maschinelle Geschöpf gab nur knappe Antworten und überhörte Bins Bitte um einen Netzschirm, eine Immersionsbrille oder irgendeine Art von KIware.
    Die meiste Zeit über blieb es still.
    So still, wie ein motorisierter Python sein konnte, während er durch ein riesiges, größtenteils leeres Meer schwamm. Ganz offensichtlich mied er Kontakte mit Menschen, was heutzutage nicht einfach war, nicht einmal weit abseits der Küsten und Schifffahrtslinien. Mehrmals fühlte sich Bin zur Seite geworfen, wenn die Schlange plötzlich den Kurs änderte, tiefer tauchte, irgendwo in Deckung ging oder sich in den Schlamm bohrte und dann reglos verharrte, als wollte sie sich vor Räubern verbergen. Ein- oder zweimal glaubte Bin dabei, fernes Motorenbrummen zu hören, das erst lauter und dann leiser wurde. Als es verklungen war, befreite sich die Schlange aus dem Schlamm und setzte die Reise fort.
    Selbst ihre Antriebsmethode schien auf Heimlichkeit ausgelegt zu sein. Die meisten Unterwasser-Ortungssysteme lauschten nach rotierenden Schiffsschrauben, nicht nach sich dahinwindenden Riesenschlangen.
    Natürlich gab es überall Zeichen der menschlichen Zivilisation. Der Meeresgrund war eine gewaltige Müllhalde, selbst in Wüstenzonen, wo weder Fische noch Pflanzen oder irgendwelche Ressourcen existierten. Gelegentlich erschien ein Schiffswrack, das Aufmerksamkeit verdiente, doch in den meisten Fällen sah Bin nur gewöhnlichen Müll, wie zerrissene Fischernetze, die großen, vagen Wolken gleich in der Strömung trieben, darin die Skelette zahlreicher Fische und leere Schildkrötenpanzer. Oder Schwärme von Plastiktüten, die neben Gruppen von Quallen durchs Wasser schwebten, als wollten sie sie imitieren. Einmal bemerkte Bin ein Dutzend Container, die vor langer Zeit von einem Frachter gefallen sein mussten und über vierzig Hektar hinweg längst veraltete Computer und Flachbildfernseher auf dem Grund verstreut hatten.
    Ich bin daran gewöhnt, inmitten von Müll zu leben. Aber ich habe immer gedacht, draußen im offenen Meer sei es besser … sauberer als im Huangpu.
    Bin verlor das Zeitgefühl und döste mehrmals, während die Maschine über eine weite, leere Ebene glitt, ebenso leblos wie die Oberfläche des Mondes …
    Dann erwachte er plötzlich, sah aus dem kleinen Fenster und stellte fest, dass ihn der Roboter über eine zerklüftete Unterwasser-Bergkette trug: endlose Kämme und Grate, die nach oben ragten und fast die glitzernde Wasseroberfläche erreichten – es wirkte irgendwie gespenstisch, weil die Berge unten in bodenloser Düsternis verschwanden. Das mechanische Geschöpf, das Bin verschlungen hatte, war ganz offensichtlich bestrebt, eventuelle Verfolger abzuschütteln, und dabei half der Weg durch dieses Labyrinth.
    Er fühlte sich etwas erholt und öffnete einige Nahrungsriegel, die er in einem Fach neben seinem linken Arm gefunden hatte. Etwas Süßwasser kam aus einem kleinen Hahn, und damit konnte er seinen Durst stillen. Es gab auch einen Waschlappen, mit dem er seine Wunden betupfte und reinigte. Der Zweck eines offenbar für Abfälle bestimmten Saugrohrs war klar, aber die Benutzung empfand Bin als recht umständlich. Anschließend wurde die Reise zu einem Kampf gegen Langeweile, Klaustrophobie und die Sorge angesichts einer ungewissen Zukunft.
    Die Schlange gab keine Hinweise darauf, was ihn erwartete. Sie sprach nur selten und beantwortete keine Fragen, schwieg selbst dann, als Bin wissen wollte, was es mit dem brodelnden schwarzen Wasser auf sich hatte, das aus Rissen in den Bergkämmen kam und wie Rauchsäulen aus feurigen Schloten aufstieg.
    In Bin regte sich der Gedanke, dass er vielleicht gar nicht so dankbar für das Fenster sein sollte, das die Erbauer der Schlange dieser kleinen Kammer gegeben hatten. In Geschichten und Teledramen bestehen Kidnapper auf einer Augenbinde, wenn sie planen, den Verschleppten freizulassen.
    Man sollte sich Sorgen machen, wenn sie sich nicht darum scheren. Dass sie einem Gelegenheit geben, den Weg zu ihrem Schlupfwinkel zu beobachten … Das macht nur jemand, der sicher ist, dass das Opfer nichts mehr verraten kann.
    Andererseits, wer konnte allein mit seinem Gedächtnis den Weg beschreiben, den eine

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