Existenz

eigene Aufgabe wäre leichter, wenn die Menschen unschuldig und ahnungslos hierher kämen.
    Bald, sehr bald wird es auf diesen Planetoiden von Menschen aller Arten wimmeln, von wahren Biologischen über wiederauferstandene Cousins bis hin zu Cyborgs, reinen Maschinen und sogar Geschöpfen, die ihre Intelligenz als prometheisches Geschenk erhielten. Diese seltsame Lösung für das Schöpfer-Dilemma – diese Verwandlung von Schöpfern in Sonden – wird bald eintreffen, ein Durcheinander aus polymorphen Menschen.
    Sie werden wachsam sein. Dank meiner biologischen Freundin werden sie einen Teil der Wahrheit erahnen. Nun, warum auch nicht? Sie brauchen diesen kleinen Vorteil, um eine Chance gegen Ablehner oder selbst Loyalisten zu haben. Sie brauchen Erkenntnisse, um die Kristall-Seuche zu überleben.
    Und sie brauchen ihren Verstand, wenn sie mir begegnen.
    Ein verirrter Gedanke steigt an die Oberfläche und schwebt durch mein Bewusstsein wie ein kleiner Klumpen Helium-3.
    Ich kann nicht anders als mir vorzustellen, wie etwas geschieht, vielleicht in einem weit entfernten Teil der Galaxis. Meine Familie – die Sonden meiner Herkunftsgruppe und andere wie sie – könnte etwas entdeckt und eine Erkenntnis gewonnen haben, die über meine Annahmen hinausgeht. Oder vielleicht ist eine neue Generation von Replikanten entstanden, allwissend und mit großer Macht, fast wie Götter. Wie auch immer, könnten sie inzwischen beschlossen haben, einen anderen Kurs einzuschlagen? Könnte eine neue Taktik oder Immunität die Epidemie überwunden haben? Hat eine unvorhergesehene Strategie des Geistes die Situation verändert?
    Ist es denkbar, dass mein Zweck obsolet geworden ist, dass Ablehner und Loyalisten überflüssig sind?
    Oh, mir wird klar, was geschehen ist. Das menschliche Konzept des Fortschritts verunreinigt meine Gedanken. Dennoch bin ich fasziniert. Trotz seiner notwendigen, manipulativen Grausamkeit ist der Zweck für mich klar, aber primitivere Sonden sind nicht imstande, ihn in seiner ganzen Tragweite zu überblicken.
    Und doch …
    Ich kann mir (vage) eine neue Generation vorstellen, die etwas hervorbringt, das für mich so hoch entwickelt und unverständlich ist, wie der Replikantenkrieg der Menschheit erscheinen muss. Ein beunruhigender Gedanke, aber ich spiele damit, wie mit einer glänzenden, gefährlichen Kugel.
    O ja, Menschen beeinflussen mich. Ich genieße dieses sonderbare Gefühl! Ich bin ihnen nie begegnet und schmecke nun Ungewissheit. Anspannung.
    Die laute, wilde Vielfalt der Menschheit wird bald hier sein.
    Mein Name ist Sucher, und ich erwarte interessante Zeiten.

Der einsame Himmel
    Genug. Schluss mit den Herausforderungen für außerirdische Beobachter. Einstweilen. Bis jemand oder etwas anderes Anlass sieht, sie erneut zu senden. Eine Ruhepause für euch, ihr Drückeberger.
    Falls es euch gibt.
    Haben wir alle möglichen Gründe dafür genannt, warum extraterrestrische Beobachter in unserem Sonnensystem beschlossen haben könnten zu schweigen, anstatt Hallo zu sagen? Natürlich nicht!
    Das Beobachter-Szenario schien nie sehr wahrscheinlich zu sein. Es gibt viele andere Hypothesen, die versuchen, das Paradoxon der Großen Stille zu erklären, des Fehlens von Stimmen in einem Kosmos, der voller Leben und Intelligenz sein sollte. Fast hundert Fermi-Erklärungen sind vorgeschlagen worden, und die meisten von ihnen gehen davon aus, dass Außerirdische (wenn es sie denn gibt) vielleicht viel weiter entfernt sind, in ihrem eigenen Sonnensystem festsitzen, von irgendwelchen wichtigen Projekten abgelenkt sind, uns einfach keine Beachtung schenken oder aus anderen, für uns unbegreiflichen Gründen schweigen.
    Die seltsamste Möglichkeit? Und durchaus konsistent? Wir sind die Ersten , die so hoch klettern, die erste Intelligenz im Universum. Eine gespenstische Vorstellung.
    Unterdessen richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschen, die dies gerade lesen oder hören. Es sind keine hypothetischen Aliens, sondern Leute, die voller Neugier stecken, Ideen zu schätzen wissen, selbst heute noch wissenschaftliche Geschichten lesen und über die heilige Frage »Was wäre wenn?« nachdenken.
    Mit anderen Worten: Es sind Leute, die meine Zeit weitaus mehr verdienen als irgendwelche hochnäsigen Außerirdischen.
    Erinnern wir uns an unsere Pflicht, während wir einem neuen Jahrhundert entgegengehen. Denken wir daran, wie wichtig es ist, dass wir uns umsehen und den Blick nach vorn richten.
    Der einsame