Existenz

Dieser Alien – zweibeinig, mit glattem rötlichem Fell – war fast so berühmt wie das Älteste Überlebende Mitglied. Doch der Name fiel ihm nicht ein.
    Als er sich zu den anderen hinabbegab und dabei kleiner wurde, überkam Hamish ein seltsames Gefühl von Macht, das in seinen Fingerspitzen begann, als enthielten sie plötzlich so etwas wie Magie. Wie zuvor, als er den Bademantel gegen einen grauen Anzug eingetauscht hatte. Ah, ja. Kleinerer Maßstab bedeutete mehr Einfluss. Das Gefühl führte ihn in Versuchung, den Vorgang fortzusetzen, immer kleiner zu werden und in die Sphären der sofortigen Erfüllung von Wünschen vorzudringen.
    Aber es hat mir immer gefallen, groß zu sein.
    Hamish wurde langsamer und wandte sich an Äm.
    »Ich kenne die Frau. Die reiche Wissenschaftsmäzenin, Lacey Donaldson-Sander. Sie scheint ein ganzes Stück jünger zu sein als kurz vor ihrem Tod, Jahrzehnte bevor ich …«
    Hamish begriff, dass seine Zeitbegriffe durcheinandergeraten waren. Vielleicht konnte ihm das Kontrollzentrum helfen, eine bessere Vorstellung davon zu gewinnen.
    »Auch Sie sind viel jünger, mein Freund«, meinte Äm.
    »Hm, ja, das stimmt wohl. Was die anderen betrifft … Sie wirken vertraut. Aber könnten Sie mir mit den Namen helfen, bevor wir eintreffen? Der Außerirdische, der wie ein scharlachroter Otter aussieht …«
    »Sie meinen M’m por’lock , nehme ich an. Von einigen Verräter genannt, während ihn andere für einen Loyalisten halten.«
    Hamish nickte. »Oh, ja. Er half uns bei der Entwicklung des Heilmittels, nicht wahr?«
    Äm nickte unverbindlich, hob aber die Hand und veranlasste ihn, stehen zu bleiben. »Mir scheint, Mr. Brookeman, dass Sie datenblind sind.«
    »Daten… Oh, Sie meinen, dass ich nicht per KI mit dem Weltnetz verbunden bin. Nun, wissen Sie, ich war ein alter Knacker und nicht unbedingt ein Technikfreund. Ich verabscheute die Augenimplantate, mit denen die jungen Leute rund um die Uhr online blieben, sieben Tage in der Woche. Wenn ich Augmented Reality brauchte, setzte ich eine Tru-vu-Brille auf, wie von Gott vorgesehen …«
    Hamish blinzelte.
    »Ich verstehe. Sie deuten an, dass dieser Ort die Entsprechung eines Weltnetzes hat. Und ich laufe halb blind durch die Gegend, ohne Informationen über mir unbekannte Personen abrufen zu können.« Er seufzte. »Na schön. Wie …«
    Äm winkte und reichte Hamish dann etwas: eine Tru-vu-Brille. Von der alten virtuellen Art, die Hamish damals benutzt hatte. Tja, was sagt man dazu.
    »Bis Sie gelernt haben, sich Ihr eigenes Interface zu schaffen«, sagte das Älteste Überlebende Mitglied.
    Hamish setzte die Brille auf, und als er dann den Blick auf die Menschen weiter unten richtete, sah er sie mit Namensschildern ausgestattet.
    M’m por’lock
    Lacey Donaldson
    Birdwoman303
    Jovindra Noonien Singh
    Emily Tang
    Emily Tang!
    Die Chefarchitektin des Heilmittels. Die eine menschliche Person, die zweifellos einen Upload in jede von der Menschheit hergestellte Kapsel bekam. Als Äm und er weiter schrumpften und auf dem glasigen Boden des Kontrollzentrums landeten, fühlte Hamish plötzlich Verlegenheit und Ehrfurcht. Was sagte man zu einer Frau, die nicht nur ein Heilmittel gegen die Infektion der Raum-Keime gefunden hatte, sondern der es vielleicht auch gelungen war, der Menschheit die Sterne zurückzugeben?
    Die Brille reagierte auf sein Interesse und blendete Text ein.
    Die Bezeichnung »Heilmittel« bezieht sich auf eine Strategie, bestimmte Artefakt-Außerirdische dazu zu bringen, sich von ihren simulierten Verbündeten abzuwenden und stattdessen für die Menschheit und die Zivilisation der Erde einzutreten. Die Entwicklung dieser Methode wurde durch den Fund eines Relikts im Asteroidengürtel ermöglicht …
    Die erklärenden Worte verschwanden, als Hamish seine Aufmerksamkeit auf das Wesen richtete, das einem großen Otter ähnelte und mit Emily Tang sprach. M’m por’lock, wie er sich nun erinnerte, war das erste extraterrestrische Geschöpf gewesen, das Emilys Angebot angenommen hatte. Einige der anderen Kristall-Entitäten hatten ihn deshalb »Verräter« genannt; wieder andere bezogen sich auf eine noch ältere Loyalität und bezeichneten ihn deshalb als »Loyalisten«.
    Der Erste von vielen Artefakt-Außerirdischen, die auf unsere Seite gewechselt sind und einige clevere mnemische Tricks enthüllt haben, die die Raum-Keime gegen uns verwendeten. Anstatt die Menschheit in Richtung einer verbissenen Produktion von weiteren