Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin

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bemerkte sie eine kleine Zahl, von der KIware am Rand ihres Blickfelds eingeblendet. Dreiundzwanzig MediaCorp-Angestellte und Journalisten sahen zu. Jetzt waren es sogar vierundzwanzig. Und mit hohem Aufmerksamkeitsniveau. Na schön, gehen wir’s an .
    »So auf die Schnelle fällt mir keine entsprechende Passage ein, Dr. Sato.«
    Er beugte sich vor. »Es ist ein Moment in der Bibel, der vor dem verdammten Apfel kommt, als die Beziehung zwischen Schöpfer und Schöpfung noch rein war, ohne all die Probleme, die sich später ergaben, durch die zornige Vertreibung aus dem Paradies, ohne all die Kämpfe und die Aussicht auf Erlösung … oder das egotistische Verlangen nach Lob.«
    Er meint es wirklich ernst, dachte Tor und deutete den Glanz in seinen Augen. Ein Biologe, ein Möchtegern-Gottmacher … aber auch ein Gläubiger.
    »Erinnern Sie sich noch immer nicht? Die Stelle ist recht kurz. Die meisten Leute lesen einfach darüber hinweg, und Theologen achten kaum darauf.«
    »Sie haben unser Interesse geweckt, Doktor. Heraus damit. Wie lautet dieser besondere biblische Moment?«
    »Die Stelle findet sich dort, wo Gott Adam auffordert, den Tieren Namen zu geben . Es ist vielleicht der einzige Moment, den man mit einer Vater-Kind-Beziehung vergleichen könnte, oder der zwischen Lehrer und Lieblingsschüler. Welchen besseren Hinweis darauf gibt es, wozu der Mensch erschaffen wurde? Denn es hatte nichts mit Sünde, Erlösung oder dem späteren Ärger zu tun.«
    »Wozu wurden wir erschaffen?«, fragte Tor. Sie war tatsächlich interessiert, obwohl sie noch immer nicht wusste, worauf Sato hinauswollte, und ob ihr dies gefiel.
    »Namen haben schöpferische Kraft! Wie die Gleichungen, die Gott für die Erschaffung von Licht und den Beginn des Universums benutzte. Welche Aktivität macht die halbe Wissenschaft aus? Die Benennung von Monden, Kratern, Planeten, Spezies, Molekülen … selbst all der neuen lebenden Dinge, die Männer und Frauen inzwischen synthetisieren. Die Stelle, die ich meine, beschreibt eine Art Handwerksmeister, der anerkennend beobachtet, wie Sein Lehrling den Weg der Erforschung beschreitet.
    Einen Weg, der nach Babel führte, wo vorzeitiger Erfolg alles hätte ruinieren können. Deshalb sorgte Er dafür, dass die Namensgebung eine größere Herausforderung wurde! Es ging Ihm noch immer darum, den Lehrling zu einem bestimmten Ziel zu führen, zu einer Aufgabe, einer Pflicht, die Er von Anfang an vorgesehen hatte.
    Die Teilnahme an der Schöpfung.«
    Tor blinzelte einige Male. »Nun, das ist zweifellos eine einzigartige Perspektive …«
    »In Hinsicht auf eine Bibelstelle, die jahrtausendelang unbeachtet blieb? Die Implikationen …«
    »Mir ist klar, welche Bedeutung Sie darin erkennen wollen, Professor«, unterbrach Tor und versuchte, das Gespräch wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Und wir werden unserem Publikum Links anbieten, damit es sich ein Bild machen kann. Aber es ist ein großer Unterschied, sich ›Mitschöpfer‹ zu nennen und klug genug zu sein, es nicht zu vermasseln! Was wir – meine Zuschauer und ich – wissen möchten …«
    Tor sprach nicht weiter. Der Neuroschmied hielt ihr einen Gegenstand entgegen und forderte sie mit einem Wink auf, ihn entgegenzunehmen. Der steinerne Briefbeschwerer, den er zuvor in der Hand gehalten hatte: mehr oder weniger zylindrisch, sich vorn und hinten zu einem runden Ende verjüngend. Die Seiten wiesen gerillte Mulden auf.
    »Nehmen Sie«, sagte Sato, als Tor vorsichtig die Hand ausstreckte. »Keine Sorge, es ist nur dreißigtausend Jahre alt.«
    Tor hätte die Hand fast zurückgezogen, nahm das Objekt dann aber doch entgegen. Es fühlte sich kühl an. Der Stein musste viele scharfe Kanten gehabt haben, bevor er von zahllosen Fingern glatt geschliffen worden war.
    »Es ist ein vorbereiteter Kern, ein Steinwerkzeug, entweder spätes Moustérien oder frühes Châtelperronien, aus einer Zeit, als es in Europa zwei hominide Spezies gab, die ziemlich lange Seite an Seite lebten, mit einer fast identischen Technologie und sehr ähnlichen Kulturen. Neandertaler und die anatomisch modernen Menschen hatten in der Levante eine besonders lange gemeinsame Zeit. Beide Gruppen schienen über hunderttausend Jahre hinweg auf derselben Entwicklungsstufe festzustecken .«
    Tor drehte das Artefakt hin und her. Es glänzte nicht wie Obsidian, war grau und körnig. Ihr KIware identifizierte das Material als Feuerstein und bot Links an, die sie mit einer subvokalen