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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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üppigem Luxus geprotzt – das steigende Meer hatte ihn in einen Sumpf verwandelt.
    Bin trat an rostigen Tischen und Stühlen vorbei und sah über die nahe Meermauer hinweg ins Jacht-Becken – Rümpfe und gebrochene Masten ragten dort aus dem bräunlichen Teppich von Algen, Tang und Abwässern.
    Es muss etwa hier gewesen sein …
    Bin beugte sich vor, streckte den Arm übers Balkongeländer und tastete an der kannelierten Seite des Gebäudes entlang, bis er eine verborgene Rolle fand, verbunden mit zwei nach unten führenden Seilen. Sie reichten über die Meermauer und zum alten Jachthafen, sahen nach einem alten, vergessenen Kabelstrang aus.
    Noch nie zuvor hatte Bin sein Gewicht und auch sein Leben allein einem dünnen Seil anvertraut. Obwohl … Einmal hatte er Quang Lu dabei geholfen, mysteriöse Fracht nach oben zu bringen. Er erinnerte sich daran, Quangs Boot ruhig gehalten zu haben, während der Schmuggler dunkle Beutel an einem Seil befestigte, die anschließend hochgezogen und weit oben von schattenhaften Gestalten in Empfang genommen worden waren. Bin hatte nie erfahren, was sich in den Beuteln befunden hatte – Drogen, Technik oder unversteuerte Luxuswaren –, und es war ihm auch gleichgültig gewesen, solange er für seine Hilfe bezahlt wurde.
    Quang Lu würde sich bestimmt nicht darüber freuen, dass er diesen Weg nahm, aber derzeit hatte Bin andere Sorgen. Er beschattete seine Augen und blickte an der Küste entlang zu einigen Brandungsruinen, den früheren Strandvillen, zu denen auch sein schlichtes Küstenheim gehörte. Der vom Meerwasser gespiegelte Sonnenschein blendete ihn, doch er konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Er glaubte, die Alles-okay-Fahne aus Mei Lings Heimatbezirk zu sehen, wie sie im leichten Wind flatterte. Seine Frau sollte die Fahne einholen, wenn es Schwierigkeiten gab.
    Bins Herz klopfte, als er Streifen von einem Vordach abriss und sich um die Hände wickelte. Dann kletterte er übers Geländer und achtete darauf, nicht in die Tiefe zu sehen, als er sich langsam hinabließ, die eine Hand am Balkon und die andere am primitiven Flaschenzug. Es genügte nicht, sich an einem der beiden Seile festzuhalten, das wusste er – er wäre wie ein Stein in die Tiefe gefallen. Vorsichtig wickelte er sich beide Seile um die Hand, und bevor er mit der anderen den Balkon losließ, schloss er für mehrere Sekunden die Augen und atmete mehrmals tief durch, auf der Suche nach Ruhe. Also gut .
    Er ließ den Balkon los und schwang herum.
    Nicht gut! Das Körpergewicht zog die beiden Seile wie eine Schlinge fest um die Hand. Bin stöhnte, bis er fast außer Atem war, und versuchte, den Druck zu verringern, indem er beide Seile zwischen die Beine nahm und mit der anderen Hand zog, bis er die Schlinge lockern und lösen konnte. Zum Glück waren seine Hände so voller Schwielen, dass er keine Verletzungen erlitten hatte. Aber es dauerte einige Momente, bis der Schmerz das Bild vor seinen Augen nicht mehr verschwimmen ließ.
    Als er wieder klar sehen konnte, machte er den Fehler, den Blick nach unten zu richten. Er schluckte, oder versuchte es zumindest. Ein Entsetzen, das seinen Ursprung am Ende der Wirbelsäule zu haben schien, stieg in ihm empor, kletterte wie ein Affe den Rücken hoch, und in seinem Bauch wand sich ein Aal.
    Hört auf! , rief er den Tieren zu. Ich bin ein Mann. Ein Mann hat seine Pflicht zu erfüllen und seinem Schicksal zu dienen. Und mehr als ein Mann bin ich nicht.
    Es schien zu funktionieren. Die Panik schwand, wich wie eine unerwünschte Gezeitenwelle zurück, und Bin fühlte sich von Entschlossenheit getragen.
    Als Nächstes versuchte er, sich Hand über Hand hinabzulassen, allein mithilfe seiner Kraft. Die drahtigen Muskeln waren der Aufgabe gewachsen, und zum Glück war er nicht besonders schwer. Aber es fiel ihm alles andere als leicht, ständig beide Seile festzuhalten, denn eins von beiden versuchte immer, seinem Griff zu entkommen. Bin schaffte es drei Etagen weit nach unten, bis sich ihm ein Seil entwand. Es schnellte nach oben, zur Rolle des Flaschenzugs, und das zweite Seil, an dem Bin hing, bewegte sich in die andere Richtung. Er fiel …
    Nach einigen erschrockenen Sekunden packte er das erste Seil. Reibung fraß sich durch das improvisierte Polster in die Haut. Als er schließlich verharrte, kamen Rauch, Schmerz und ein übler Geruch von der Hand. Bin hing im Nichts, baumelte und stieß gegen ein nahes Fenster. Eine Zeit lang blieb er so hängen und wartete

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