Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
du?«
    Sie sah ganz kurz zu mir hin und dann wieder weg, als hätte ich die Absicht, ihr schreckliche Vorwürfe zu machen. Das war ganz und gar nicht der Fall. Im Gegenteil.
    »Ich soll umgehend zurückkommen«, sagte sie. »Sie haben einen Haufen Probleme. Wir haben vorletzte Nacht eine Minderjährige rausgeschmissen, und es sieht so aus, als sei an dem Vorfall nicht der Trainer schuld, der sie geschickt hat. Sie hatte mit ihrer älteren Schwester getauscht, und diese ältere Schwester ist mit einem Typen von CBS verheiratet. Die ganze Geschichte sieht geplant aus. Und CBS setzt uns unter Druck wegen eines Interviews. Wir haben niemals irgendwem ein offizielles Interview gegeben. Und alle sind stinksauer über das, was ich gemacht habe .. .« Sie hielt inne, als sei ihr plötzlich bewußt geworden, was sie gerade tat, indem sie mir das alles erzählte. Noch einmal schaute sie mich direkt an und wandte dann ihren Blick wieder ab. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, flüsterte sie. »Dich da einfach rauszubringen.«
    Ich lehnte mich über den Tisch, nahm ihre Hände, und obgleich sie sich ein kleines bißchen sträubte, drückte ich sie und küßte ihre Finger.
    »Warum hast du es gemacht?« fragte ich noch mal. »Warum wolltest du es?«
    »Ich weiß nicht!« antwortete sie und schüttelte den Kopf. Sie fing wieder an zu weinen.
    »Lisa, natürlich weißt du es«, sagte ich. »Sag es mir. Warum hast du es gemacht? Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. Sie weinte so, daß sie die Wörter kaum aussprechen konnte. »Ich weiß es nicht!« beharrte sie. Sie brach völlig zusammen.
    Ich legte zwei Zwanziger auf den Tisch und brachte sie nach draußen.

ELLIOTT
Tatsächlich versus symbolisch
     
    Es hingen wieder Telefonnachrichten an der Tür, als wir zurückkamen.
    Sie war jetzt einigermaßen ruhig und bat mich nicht, nach draußen zu gehen, während sie anrief.
    Aber sie sah niedergeschlagen aus, unglücklich und unheimlich hübsch, und ich war unglücklich, sie so zu sehen.
    Genauer gesagt, ich war fassungslos.
    Innerhalb weniger Minuten war klar, daß sie mit Richard, dem Verantwortlichen für die Postulanten, sprach und daß sie sich weigerte, eine genaue Zeit für unsere Rückkehr anzugeben.
    »Nein, schick das Flugzeug noch nicht!« sagte sie mindestens zweimal. Sie versprach, am Abend wieder anzurufen, um ihnen zu sagen, wie lange es noch dauern würde.
    »Natürlich«, sagte sie, »ich rufe wieder an. Ich bleibe hier. Du weißt, was ich mache. Das einzige, worum ich dich bitte, ist ein bißchen Zeit.«
    Sie weinte. Aber sie konnten es unmöglich merken, weil sie es tapfer runterschluckte. Ihre Stimme klang sehr fest und sehr kalt. Dann sprachen sie über die eingeschleuste Minderjährige und das CBS-Interview, und ich wußte, daß ich nicht mehr mithören sollte. Also ging ich. Sie sagte: »Solche Antworten kann ich im Augenblick nicht geben. Du verlangst von mir eine wasserdichte Philosophie, um eine öffentliche Erklärung abzugeben. Das braucht Zeit, darüber muß man genau nachdenken.«
    Ich machte ein paar Fotos von dem Garten und dem kleinen Haus, in dem wir wohnten.
    Sobald sie in den Garten kam, hörte ich zu knipsen auf und sagte sofort: »Laß uns einen durch das Viertel machen und alle Museen und alten Häuser anschauen und ein ßchen verrückt Geld ausgeben.«
    Sie war verdutzt. Sie machte einen hilflosen Eindruck, aber ihr Gesicht hellte sich ein wenig auf. Sie musterte mich, als hätte sie nicht ganz verstanden, was ich gesagt hatte.
    »Und anschließend machen wir um halb drei die Dampfschiff-Rundfahrt. Es ist langweilig, aber fabelhaft, immerhin der Mississippi! Und auf dem Schiff bekommen wir auch was zu trinken. Und für heute abend habe ich eine Idee.«
    »Was?«
    »Tanzen gehen, ganz konventionell und altmodisch. Du hast ein paar hinreißende Kleider dabei. Ich bin in meinem Leben noch nie mit einer Frau Tanzen gegangen. Wir gehen rauf in die River Queen Lounge, oben an der Marriott Avenue, und wir tanzen, bis die Band aufhört zu spielen. Wir werden tanzen und tanzen und tanzen.«
    Sie starrte mich an, als wäre ich übergeschnappt. Eine Weile schauten wir uns nur an.
    »Meinst du das ernst?« fragte sie.
    »Natürlich meine ich das ernst. Küß mich.«
    »Klingt großartig«, sagte sie.
    »Dann lächle mal«, sagte ich. »Und laß mich ein Foto von dir machen.«
    Zu meiner allergrößten Überraschung gestattete sie es. Sie blieb in der Tür stehen, eine Hand

Weitere Kostenlose Bücher