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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Nur daß ich jetzt zu erregt war und mir zu viele Dinge durch den Kopf gingen, um so sentimental darüber zu denken.
    Mein Verstand begann sich zu regen. Ich sollte den Makler wegen des Hauses im Gartenviertel anrufen. Ich mußte meinen Vater anrufen. Ich mußte einen neuen Fotoapparat kaufen.
    Ich wollte sie nicht fragen, warum wir nicht ins Hotel zurückfuhren, wem oder was wir auswichen, was der Club wohl unternehmen würde.
    Doch als wir Oak Alley verließen und sie dem Fahrer sagte, er solle in das Sumpfgebiet nach Saint Martinsville fahren, da wußte ich, daß wir endgültig »abhauten«.
    Wir hielten vor einem dieser typisch amerikanischen Discount-laden und kauften loilettenartikel und Zahnbürsten und die billigsten Klamotten, die man in den Staaten finden kann.
    Im Motel in Saint Martinsville zogen wir Khaki-Shorts und weißte T-Shirts an und wanderten dann Ann in Arm wie ein Liebespaar in die feuchten, grünen Tiefen des stillen, endlosen Evangeline-State-Parks.
    Das war ein weiterer verwunschener Ort, denn dort gibt es drei- und vierhundert Jahre alte Eichen, deren gewaltige, wunderschöne Aste bis zum Boden reichen, wahre Weltwunder. Das Gras ist wie Samt, und der Himmel schimmert wie glänzendes Porzellan zwischen den Zweigen und Blättern der Bäume hindurch. Wie Oak Alley war auch diese Welt ein dunkler, stiller, grünender Ort.
    Als wir vögelten, hatten wir weder Butter noch Zimt, sondern wie in der Limousine nur uns beide in der winzigen, mit Tapeten ausgekleideten Kabine des Motels, und diesmal gelangten wir direkt zum Mond und zu den Sternen.
    Sanfter, süßer, wilder ging es den ganzen Nachmittag weiter, die Küsse und die Seufzer und die leise gehauchten Worte zwischen den heruntergekommenen Puppenhausmöbeln und in einem Licht, das durch die schmutzigen, brüchigen, gelben Fensterläden und die zerknitterten Vorhänge drang und das immer goldener wurde, bis es ganz dunkel war.
    Ich hatte Hunger. Ich wollte eine Cajun-Mahlzeit, echtes Cajun-Jambalaya und Shrimps und rote Bohnen. Und ich wollte die schrille Cajun-Musik mit Gesang hören und irgendwo eine kleine Bar finden, wo wir tanzen könnten.
    »Ich werde das Haus im Gartenviertel kaufen«, sagte ich.
    Sie schreckte hoch, als hätte jemand an einer Strippe gezogen.
    »Es wird eine Million Dollar kosten«, sagte sie. Ihre Augen waren starr und fremd.
    »Na und?« sagte ich.
    Wir duschten zusammen und zogen wieder Discount-Shorts und Sandalen an. Wir waren mehr oder weniger bereit zum Ausgehen.
    Dann passierte was Blödes.
    Eine von diesen dicken, braunen, widerlichen Louisiana-Kakerlaken kam ins Zimmer, und Lisa sprang vom Bett und kreischte, kreischte wirklich schrill.
    In Wirklichkeit handelt es sich um eine Art Wasserkäfer, so wurde mir jedenfalls gesagt. Aber niemand in Louisiana nennt sie je anders als Kakerlaken, und es gibt viele Leute, die wegen dieser Kakerlaken ausflippen.
    Ich persönlich habe keine Furcht vor Kakerlaken. Während Lisa also völlig hysterisch schrie und brüllte: »Elliott, bring sie um! Bring sie um! Bring sie um!«, war es mir ein Vergnügen, das Biest mit der Hand vom Teppich zu pflücken, um es durch die Tür hinauszuwerfen. Das ist viel besser, als sie zu zerschmettern, denn erstens gibt es ein widerwärtiges Geräusch, wenn man sie zertritt, und zweitens ist eine plattgetretene Kakerlake ein scheußlicher Anblick.
    Aber die Tatsache, daß ich sie in die Hand nahm wie einen Nachtfalter, versetzte Lisa in katatonisches Entsetzen. Sie hielt sich die Hände vor den Mund und starrte mich an, als könne sie nicht glauben, was sie sah. Dann ließ sie die Hände sinken und sagte mit kreidebleichem Gesicht, schwitzend und zitternd: »Na, wenn das nicht der verfluchte Samurai persönlich ist, Mister Macho, der die verdammte Kakerlake mit bloßen Händen ßt!«
    Ich weiß nicht, was genau in ihr vorging. Vielleicht war sie einfach nur verschreckt. Aber was immer es war, sie klang wütend und verächtlich und ironisch, und ich sagte, ohne darüber nachzudenken, möglicherweise auch unterbewußt irritiert über ihr unglaubliches Gekreische: »Was ist los, Lisa ? Soll ich dir die Kakerlake ins T-Shirt stecken?«
    Sie schnappte total über.
    Sie schrie auf, rannte in das winzige, schäbige Badezimmer, knallte die Tür zu und schob den Riegel vor. Und durch die Tür klang das erbarmungswürdigste Schluchzen und Heulen, das ich je gehört hatte.
    Nun, sie fand es einfach nicht komisch, ganz und gar nicht komisch. Sie hatte

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