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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wir machten, egal was die anderen taten. Gleich anschließend »Every Breath You Take« von Police und »King of Pain«. Und dann wurde der Bildschirm dunkel für »L.A. Woman« von den Doors. Es hatte nichts mehr mit Tanzen zu tun, es war totaler Wahnsinn, Krämpfe, Zuckungen, Hüpfen und Wirbeln, Lisa auffangen, wenn sie den Boden unter den Füßen verlor. Das Haar klebte ihr in nassen Strähnen im Gesicht.
    Dergleichen hatte ich seit Jahren nicht mehr erlebt, nicht mehr, seit den großen Rock-Konzerten in San Francisco, als ich dort Student war. Wir kippten reihenweise Drinks. Wir glitten durch David Bowie und Joan Jett und Stevie Smith und Manhattan Transfer, dann wieder zurück zu Jackson mit einer dieser Wange-an-Wange-Nummern, und wir befanden uns in einer süßen Umarmung auf der Tanzfläche, als sie »The Lady in My Life« sangen.
    Ich sang es ihr ins Ohr. Ich hatte mit dem Rest der Menschheit nichts mehr zu tun. Ich hatte alles auf der Welt, was ich je gewollt hatte. Wir hielten uns umarmt und waren ein einziger Leib, ein einziger warmer Körper, ein Satellit, der seine Umlaufbahn verlassen hat und für immer auf seinem eigenen himmlischen Pfad kreist.
    »Hab Mitleid mit den anderen«, sagte ich, »sie wissen nicht, daß dies der Himmel auf Erden ist; sie wissen nicht, wie man hineingelangt.«
    Um ein Uhr schlüpften wir Arm in Arm nach draußen und ließen uns einfach durch die engen Straßen treiben.
    Wir waren schlapp und müde, und als wir zu einem dieser kitschigen, altmodischen Laternenpfähle kamen, nahm ich sie in die Arme und küßte sie, wie ein Matrose ein Mädchen küßt, das er gerade aufgegabelt hat. Ich nagte an der Innenseite ihres Mundes und befingerte ihre Brustwarzen durch den schwarzen Seidenstoff.
    »Ich möchte nicht ins Hotel zurück«, sagte sie. Sie war ganz zerzaust und bezaubernd. »Ich möchte woanders hingehen, aber laufen kann ich nicht mehr, ich bin zu betrunken. Laß uns ins Monteleone gehen.«
    »Warum willst du nicht zurück?« fragte ich. Sie hätte im Club anrufen sollen, aber ich wußte, daß sie es nicht gemacht hatte. Sie war nie außerhalb meines Blickfeldes gewesen, abgesehen von den kurzen Momenten, als sie zur Toilette gegangen war.
    »Ich will einfach das Telefon nicht klingeln hören«, sagte sie. »Laß uns woanders hingehen, irgendwohin, warum nicht ins Monteleone, einfach nur in ein Hotelzimmer, weißt du, so als hätten wir uns eben erst kennengelernt.« Es lag ihr wirklich viel daran. »Bitte«, sagte sie. »Bitte, Elliott.«
    »Okay, mein Schatz.«
    Wir drehten um und gingen zum Monteleone.
    Man gab uns ein Zimmer im vierzehnten Stock. Perlgrauer Samt, Spannteppich an den Wänden, ein kleines Doppelbett, genau wie eine Million altmodischer Hotelzimmer in Amerika. Ich schaltete die Lichter aus, zog die Vorhänge auf und schaute hinunter auf die Dächer des Französischen Viertels. Wir tranken Scotch aus der Flasche, die wir unterwegs gekauft hatten, und dann legten wir uns angezogen auf die Bettdecke.
    »Eines möchte ich gerne noch wissen«, sagte ich in ihr Ohr. Ich ließ meinen Finger um den Rand ihres Ohres wandern. Sie war wie ein kleiner, schlaffer Sack, süß und heiß neben mir.
    »Was?« fragte sie. Sie war schon fast eingeschlafen.
    »Wenn du in mich verliebt wärst, wenn du mich hergebracht hättest, weil du verliebt bist, wenn du einfach bis über beide Ohren in mich verliebt wärst, so wie ich in dich, und es für dich nicht einfach ein Spielchen wäre oder ein Nervenzusammenbruch oder dergleichen, würdest du es mir dann sagen?«
    Sie antwortete nicht. Sie lag still, als wäre sie schon eingeschlafen. Der Schatten ihrer Wimpern dunkel auf ihren Wangen, das Saint-Laurent-Kleid weich wie ein Nachthemd. Sie atmete tief. Ihr rechter Arm lag auf mir, und ihre Finger versteiften sich auf meinem Hemd, aber so, wie eine Hand es im Schlaf tun mag.
    »Fahr zur Hölle, Lisa«, sagte ich.
    »Jaaa«, sagte sie. Aber im Schlaf. Sie war weggetaucht.

ELLIOTT
Sehnsucht unter Eichen
     
    Wir waren die einzigen Menschen am nächsten Tag, die in Abendgarderobe durch die Plantagen fuhren. Aber was soll's, wir waren auch die einzigen gewesen, die im Drugstore in Abendgarderobe gefrühstückt hatten.
    Die Privatlimousine brachte uns nordwärts nach Destrahan Manor, dann zur San-Francisco-Plantage und weiter nach Oak Alley in Saint Jacques.
    Wir kuschelten uns auf dem großen grauen Samtsitz aneinander und erzählten uns wieder Geschichten aus unserer Kindheit,

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