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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die einen Wettkampf anfeuern, und dann das Fluchen und Gewieher, wenn etwas Ich wollte sofort weg von hier.
    Lisa drängte zwischen der Mauer von Männern hindurch, und ich sah eine von Bäumen gesäumte Allee aus feinem, sauberem, weißem Sand vor mir, die mehrere hundert Meter geradeaus führte, bis die Menge sie verschlang. Links und rechts im Hintergrund befanden sich große Springbrunnen und vereinzelte Parkbänke; nackte Sklavinnen, allesamt ausgesprochen hübsch, harkten ruhig und emsig den Sand, leerten die Aschenbecher und sammelten leere Gläser und Bierdosen ein.
    Die Avenue selbst war eine breite Promenade, auf beiden Seiten von einzelnen, weiß getünchten Gebäuden gesäumt, alle mit Lampengirlanden behangen. Zwischen manchen Gebäuden gab es eingezäunte Bereiche, und Gruppen von Männern lehnten an den Holzbalustraden und versperrten den Blick auf das, was im Inneren vor sich ging. Hunderte schlenderten über den weißen Sand, die Hemden bis zum Gürtel aufgeknöpft, Getränke in der Hand, und warfen hin und wieder einen Blick in die offenen Eingänge.
    Ich trat, ohne es eigentlich zu wollen, einen Schritt zurück, indem ich halbwegs so tat, als müsse ich zwei Männern in Schwimmanzügen Platz machen, und spürte, wie Lisas Fingernägel in meinen Arm bissen. Mein Mund öffnete sich für ein unbedachtes Flehen von der Art: »Ich bin noch nicht bereit für das hier«, aber es kam kein Ton heraus.
    Die Menschenmenge um uns herum wurde dichter. Ich wurde etwas klaustrophobisch, als Hosenbeine und Stiefel und Mäntel mich streiften. Aber Lisa hatte eine Hand auf meinem Arm und schob mich in Richtung der ersten, langgestreckten, weißen Hütte.
    Im Inneren war es dämmrig, und ich konnte zunächst nicht erkennen, was dort war. Spiegel an Wänden und an der Decke, glänzender Hartholzfußboden. Dünne weiße, dekorative Neon-röhren umrandeten die Decke und die Bühne. Dann sah ich, daß es sich um ein typisches Kirmesbudenspiel handelte. Man bezahlte für mehrere schwarze Gummiringe und versuchte, sie alle über einen sich bewegenden Gegenstand zu werfen. Die Gegenstände hier waren die gesenkten Köpfe männlicher Sklaven, die auf einem sich schnell über die Bühne bewegenden Fließband knieten.
    Für die Gäste war es ein derber, erheiternder Zeitvertreib, eine Reihe von Ringen um den Hals des Opfers zu bugsieren, ehe es hinter den Kulissen verschwand. Und bei aller Einfachheit hatte es etwas Beängstigendes: die Demut der knienden Opfer, die Art, in der ihre gut geölten Körper als bloße Objekte vor der Menge vorbeizogen.
    Ich starrte auf die kleine Bühne, die gesenkten Köpfe, die Ringe, die an den gebeugten Hälsen baumelten. Ich wollte nicht hier zurückgelassen werden. Ich konnte nicht. Es mußte eine Möglichkeit geben, das deutlich zu machen. Und ohne wirklich darüber nachzudenken, wich ich zurück, bis ich mich plötzlich hinter Lisa befand und ihr einen Kuß oben auf den Kopf drückte.
    »Nach draußen«, sagte sie. »Und verschwende deine Bitten nicht. Wenn ich dich da oben haben wollte, würde ich dich raufschicken. Aber ich will's nicht.« Sie schob mich zur Tür.
    Die Lichter der Avenue flackerten für eine Sekunde vor meinen geschlossenen Augenlidern, dann bewegte ich mich wieder und wurde unnachgiebig zu einer anderen Hütte auf der rechten Seite geschoben.
    Sie war wesentlich größer, mit dem gleichen glänzenden High-Tech-Dekor, einer Bar und einer Messingstange entlang der Wand. Diesmal waren es keine Ringe, sondern leuchtend bunte Plastikbälle, ungefähr von der Größe eines Tennisballs, die man auf die sich bewegenden Zielscheiben warf. Diese waren in dicker, leuchtender Farbe auf die Kehrseiten der Sklaven gemalt worden, die mit über dem Kopf gefesselten Händen verzweifelt versuchten, dem, was sie nicht sehen konnten, auszuweichen. Die Bälle blieben an der Zielscheibe kleben, wenn sie trafen. Und die Sklaven wackelten, um sie abzuschütteln. Köstlich demütigend und ohne wirklichen Schmerz. Ich mußte die Gesichter der Sklaven nicht sehen, um zu wissen, daß sie sich stolz zur Schau stellten, während sie sich wanden und krümmten. Sie ließen alle ihre hinreißenden Muskeln spielen.
    Mir lief der Schweiß über das Gesicht. Ich machte eine kleine abwehrende Bewegung mit dem Kopf. Unmöglich, einfach unmöglich. Ich steige aus. Aus dem Augenwinkel sah ich Lisa, die mich beobachtete, und ich machte wieder ein ausdrucksloses Gesicht.
    In den nächsten beiden Buden fanden

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