Exit
Stimme.
»Ich hätte gern Professor Zimberg gesprochen, bitte.«
»Er ist leider nicht in der Stadt, Sir. Warum geben Sie mir nicht Ihre Telefonnummer? Er ruft Sie dann zurück.«
»Wann erwarten Sie ihn denn zurück?«
»Er ist eigentlich das ganze Jahr weg, aber ab und zu schaut er herein. Warum geben Sie mir nicht Ihre Telefonnummer? Er ruft Sie dann zurück.«
Dieselbe rhetorische Frage mit exakt denselben Worten wie vor ein paar Sekunden. Dieselben Worte, die eine andere freundliche Frauenstimme vor fünf Minuten in den heiligen Hallen des Ferris-Dixon-Instituts für Chemie benutzt hatte.
24
Zum Teufel mit dem Telefon. Ich fuhr zu einer Forschungsstätte, von der ich wenigstens wußte, daß sie existierte.
Ich fand eine freie Parkuhr in der Nähe der Universitätsverwaltung, ging in die Kanzlei und fragte eine indische Angestellte in einem pfirsichfarbenen Sari nach Denise Kent Herbert.
»Es tut mir leid, Sir, aber persönliche Daten sind vertraulich.«
Ich hielt ihr meinen Ausweis von der medizinischen Fakultät am anderen Ende der Stadt unter die Nase. »Es geht mir nicht um persönliche Daten. Ich will nur wissen, wo sie immatrikuliert ist. Es hat mit einer Stelle zu tun. Ich muß ihre Referenzen überprüfen.«
Die Frau sah sich meinen Ausweis an, ließ mich den Namen wiederholen und ging nach hinten.
Einen Augenblick später kam sie zurück. »Sie war bis vor kurzem als Doktorandin am Institut für öffentliche Gesundheit.«
Ich trabte einen langen Gang hinunter, an der Bibliothek vorbei, wo ich Ashmores Veröffentlichungen nachgeschlagen hatte. Im Institut für öffentliche Gesundheit erwartete mich ein weiterer Schalter mit einer weiteren Angestellten in einem winzigkleinen Büro. Diesmal war sie sehr jung, schwarz, mit glattem, hennagefärbtem Haar und einem Lächeln, das echt wirkte.
Ich stellte mich vor und sagte meinen Spruch: »Es geht um eine Doktorandin, die in unserem Krankenhaus gearbeitet hat. Ich möchte wissen, wer hier ihr Betreuer war.«
»Wie ist der Name der Studentin?«
»Denise Herbert.«
Keine Reaktion. »In welcher Abteilung ist sie?«
Ich überlegte, was Ashmore gemacht hatte, und sagte:
»Biostatistik oder Epidemiologie.«
Sie ging zu einem Aktenschrank und zog einen blauen Ordner heraus. Der Aktenrücken trug die Aufschrift BIO- STAT.
»Da haben wir sie. Sie ist im Doktorandenprogramm der Biostat; ihr Betreuer ist Dr. Janos.«
»Wo finde ich Dr. Janos?«
»Einen Stock tiefer, Raum B345. Soll ich sie anrufen und sehen, ob sie da ist?«
»Das wäre sehr freundlich.«
Sie ging zum Telefon und tippte vier Ziffern ein. »Dr. Janos? Hallo, ich bin's, Merilee. Ich habe hier einen Doktor von irgendeinem Krankenhaus, der mit Ihnen über eine Ihrer Studentinnen sprechen möchte … Denise Herbert… Oh… natürlich. - Wie war noch gleich Ihr Name, Sir?«
»Delaware, vom Western Pediatric.«
Sie gab meinen Namen durch. »Ja, natürlich, Dr. Janos… Können Sie sich irgendwie ausweisen, Dr. Delaware?«
Ich zog wieder meinen Fakultätsausweis aus der Tasche.
»Ja, er kann, Dr. Janos.« Sie buchstabierte meinen Namen.
»Gut, Doktor, ich sag es ihm.«
Sie legte auf und sagte: »Sie hat nicht viel Zeit, aber wenn Sie gleich runtergehen würden…«
Sie sah verstört aus. Als sie mir die Tür öffnete, fragte sie:
»Ist sie tatsächlich ermordet worden?«
»Leider, ja.«
»Wie scheußlich!«
Zwischen dem Büro und einem leeren Hörsaal gab es einen Aufzug. Ich fuhr einen Stock tiefer und fand Zimmer B345 ein paar Türen nach links. Die Tür war verschlossen.
Bevor ich zum zweitenmal klopfen mußte, hörte ich eine Stimme: »Einen Moment, bitte!« Eine Frau in den Fünfzigern öffnete die Tür und bat mich herein, und wir tauschten einen Händedruck. Sie war klein, pummelig und blond und hatte einen europäischen Akzent. Ihr Büro war blitzsauber, duftete nach Parfüm und war mit Kunstplakaten dekoriert.
Sie ließ die Tür offenstehen und setzte sich hinter ihren Schreibtisch, die Füße über Kreuz. Ich setzte mich ihr gegenüber.
»Sie sind Arzt?« begann sie.
»Nein, Psychologe.«
»Und welche Verbindung hatten Sie mit Miss Herbert?«
»Ich bin als Berater mit einem Fall im Krankenhaus beschäftigt. Denise hat eine medizinische Akte über den Bruder meiner Patientin entliehen und sie nie zurückgegeben. Ich dachte, sie hätte sie vielleicht hier gelassen.«
»Wie ist der Name des Patienten?«
Als ich zögerte, sagte sie: »Ich kann Ihre Frage schlecht
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