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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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beantworten, wenn ich nicht weiß, wonach ich suchen soll.«
    »Jones.«
    »Charles Lyman Jones der Vierte?«
    Ich war überrascht und fragte: »Haben Sie die Akte?«
    »Nein, aber Sie sind der zweite, der danach fragt. Was ist an der Akte so wichtig?«
    »Es ist ein komplexer Fall. Schwer zu erklären.«
    »Offenbar. Die andere Person hat mir auch keine befriedigende Erklärung gegeben«, erwiderte sie.
    »Wer war das?«
    Sie schaute mich forschend an und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Verzeihen Sie, Doktor, aber ich würde gern den Ausweis sehen, den Sie Merilee gezeigt haben.«
    Zum drittenmal innerhalb einer halben Stunde zückte ich meinen Fakultätsausweis, dazu meine brandneue Krankenhausplakette. Sie setzte eine goldgefaßte Lesebrille auf und schaute sich beides eingehend an. Bei dem Krankenhausausweis verweilte sie ein bißchen länger.
    »Der andere Mann hatte auch solch eine Plakette«, sagte sie, als sie sie mir zurückgab. »Er behauptete, er sei dort für die Sicherheit zuständig.«
    »Ein Mann namens Hünengart?«
    Sie nickte. »Und er wollte genau dasselbe wie Sie.«
    »Wann war er hier?«
    »Letzten Donnerstag. Machen Sie sich im Western Pediatric für jeden Patienten solche Mühe?«
    »Wie gesagt, es ist ein komplexer Fall.«
    Sie lächelte. »Meinen Sie, im medizinischen Sinn?«
    »Ich kann leider nicht in Einzelheiten gehen.«
    »Ihre Schweigepflicht, nicht wahr? Das respektiere ich natürlich, Dr. Delaware. Mr. Hünengart hatte ein anderes Argument. ›Sensitive Informationen‹ oder so etwas. Ich sagte ihm, das klänge ziemlich martialisch, was er gar nicht lustig fand. Er war überhaupt ein grimmiger Kerl.«
    »Haben Sie ihm die Akte ausgehändigt?«
    »Nein. Ich habe sie nämlich nicht, Doktor. Denise hat keinerlei medizinische Papiere hinterlassen. Es tut mir leid, wenn ich Sie an der Nase herumgeführt habe, aber daß man sich in letzter Zeit so für sie interessiert, hat mich vorsichtig gemacht. Und der Mord, natürlich. Als die Polizei kam und Fragen stellte, habe ich persönlich ihren Schrank ausgeräumt. Alles, was ich fand, waren ein paar Lehrbücher und Computerdisketten mit Daten für ihre Doktorarbeit.«
    »Haben Sie die Daten angeschaut?«
    »Hat diese Frage etwas mit Ihrem komplizierten Fall zu tun?«
    »Möglicherweise.«
    »Möglicherweise - na, wenigstens werden Sie nicht grob, wie dieser Hünengart. Der wollte mich zwingen, ihm die Disketten zu übergeben.«
    Sie nahm ihre Brille, stand auf und gab mir meine Ausweise zurück. Dann schloß sie die Tür und setzte sich wieder auf ihren Stuhl.
    »War Denise in etwas Übles verwickelt?«
    »Das ist gut möglich.«
    »Mr. Hünengart war ein bißchen direkter als Sie. Er sagte, Denise hätte die Akte gestohlen und es wäre meine Pflicht, sie zurückzugeben. Ziemlich herrisch - ich mußte ihn rauswerfen.«
    »Er ist nicht sehr liebenswürdig.«
    »Das nenne ich eine Untertreibung. Mich erinnert seine Arbeitsweise an das KGB. Polizeimäßiger als die richtigen Polizisten, die den Mord untersuchten.«
    »Welche Art von Fragen hat die Polizei gestellt?«
    »Wer ihre Freunde waren, ob sie sich je mit kriminellen Typen abgegeben hätte, ob sie Drogen nahm. Leider konnte ich keine der Fragen beantworten, obwohl sie vier Jahre lang meine Studentin war. Ich wußte praktisch nichts über sie. Zu manchen Studenten entwickelt man eine enge Beziehung, andere kommen und gehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Denise hat wohl zu der zweiten Gruppe gehört. Nicht etwa, weil sie nicht gut war, nein, sie war außergewöhnlich gut, was Mathematik angeht. Deswegen habe ich sie auch angenommen, obwohl ich mir bezüglich ihrer Motivation nicht sicher war. Ich bin immer auf der Suche nach Frauen, die keine Angst vor Zahlen haben, und sie war sehr begabt in Mathematik. Aber wir sind nie warm geworden miteinander.«
    »Sie sagten, Sie zweifelten an ihrer Motivation.«
    »Ja. Die war einfach nicht vorhanden. Ich hatte immer das Gefühl, sie wäre mehr zufällig zu uns geraten, weil es der Weg des geringsten Widerstands war. Sie hatte sich in der Medizin beworben und war abgelehnt worden. Sie bewarb sich immer wieder, selbst nachdem sie bei uns eingeschrieben war, doch sie hatte nie eine Chance. Außer in Mathematik waren ihre Noten nicht sehr gut. Bei der Aufnahmeprüfung hier blieb sie unter dem Durchschnitt, aber wegen ihrer Leistungen in Mathematik beschloß ich, es trotzdem mit ihr zu versuchen. Ich habe ihr sogar ein Stipendium besorgt, das aber

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