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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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war, wäre er leicht zu übersehen.
    Ich tastete in der Schachtel nach Nadeln. Nichts, nur die Zylinder. Auch ein zweiter Blick in die Ecken des Schrankes förderte nichts zutage.
    In dem Schrank mochte es gerade kühl genug sein, um Insulin darin zu lagern, aber vielleicht nahm es jemand genauer. Vielleicht waren die Insufill-Patronen säuberlich im Kühlschrank in der Küche gestapelt.
    Ich legte die Schachtel auf die Ablage über dem Waschbekken und steckte das Merkblatt in meine Tasche. Die Wasserspülung hatte eben aufgehört zu rauschen. Bevor ich nach weiteren Verstecken suchte, spülte ich noch einmal.
    Die einzige Versteckmöglichkeit hier im Badezimmer war der Klotank. Ich hob den Deckel an und lugte hinein: nichts, nur ein Körbchen mit dem Zeug, das das Wasser blau färbte.
    Ultradünne Nadeln … Das Badezimmer war ein ideales Versteck - auf dem Weg zwischen Ehebett und Kinderzimmer. Ideal, um eine nächtliche Injektion vorzubereiten. Man schloß die Tür zum Schlafzimmer ab, kramte die Utensilien unter dem Waschbecken hervor, setzte sie zusammen und schlich in Cassies Zimmer.
    Der Einstich würde die Kleine aufwecken, wahrscheinlich würde sie weinen, aber sie wüßte nicht, was sie aufgeweckt hätte. Niemand würde das wissen. Weinend aufzuwachen ist normal in ihrem Alter. Besonders bei einem Kind, das so oft krank war. Wahrscheinlich würde sie in der Dunkelheit nicht einmal das Gesicht ihres Peinigers erkennen.
    Hinter der Kinderzimmertür hörte ich Cindys besänftigende Stimme.
    Oder gab es eine ganz andere Erklärung? Vielleicht waren die Zylinder für sie bestimmt. Oder für Chip. Nein, Stephanie hatte sie beide auf Stoffwechselerkrankungen untersuchen lassen und nichts gefunden.
    Ich schaute auf die Schlafzimmertür, dann auf meine Uhr. Drei Minuten hatte ich in dieser blaugekachelten Zelle verbracht, doch es kam mir vor wie drei Tage. Ich schloß die Tür auf und schlich ins Schlafzimmer, froh, daß der dicke, feste Teppich meine Schritte dämpfte.
    Die Fensterläden waren geschlossen. Das riesige Bett war aufgedeckt, die Abdeckung lag säuberlich zusammengefaltet am Fußende. Im Dämmerlicht erkannte ich die restlichen Möbel, schwere, behäbige Stücke im viktorianischen Stil.
    Es roch nach dem Fichtennadelspray, das ich im Bad gefunden hatte. Es roch äußerst stark danach. Warum?
    Vor der Wand dem Bett gegenüber stand eine Doppelkommode. Ich öffnete eine der oberen Schubladen und fand, auch nach einigem Herumtasten, nichts als BHs, Schlüpfer, Strümpfe und einen Beutel mit duftenden, getrockneten Blüten. Ich schob sie wieder zu und versuchte die nächste.
    Ich arbeitete mich durch neun Schubladen und fand, außer Kleidungsstücken, zwei Kameras, Filme und ein Fernglas. Der Wandschrank auf der anderen Seite des Zimmers war ebenfalls voller Kleider, außerdem Tennisschläger und eine Dose mit Bällen, ein zusammengelegtes Rudergerät, Reisetaschen und Koffer.
    Ich griff in Kleidertaschen: nichts als Fusseln. Vielleicht verbarg sich noch etwas in den dunklen Ecken des Schrankes, doch ich war schon zu lange in diesem Zimmer gewesen. Ich schloß die Schranktür und schlich ins Badezimmer zurück.
    Die Spülung hatte aufgehört. Aus Cassies Zimmer kam kein Laut. Hatte Cindy Verdacht geschöpft, weil ich so lange wegblieb? Ich räusperte mich und drehte den Wasserhahn auf. Gleichzeitig hörte ich Cassie, der irgend etwas nicht zu passen schien, und Cindys beruhigende Antwort.
    Ich ersetzte die alte Klorolle mit einer neuen aus dem Schrank unter dem Waschbecken. Dann schnappte ich mir die weiße Schachtel und öffnete die Tür zu Cassies Zimmer. Ich fühlte mich elend, doch ich zwang mich zu lächeln.

27
    Sie saßen am Spieltisch und hielten Farbstifte in den Händen. Einige der Blätter auf dem Tisch waren mit buntem Gekritzel bedeckt. Als Cassie mich sah, klammerte sie sich an den Arm ihrer Mutter.
    »Keine Sorge, Schatz, Dr. Delaware ist unser Freund.« Cindy sah die Schachtel in meiner Hand und kniff die Augen zusammen. Als ich näher kam, schaute sie erst die Schachtel an, dann mich. Ich erwiderte ihren Blick, wartete auf eine verräterische Reaktion, doch ich fand nichts als Verwirrung in ihren Augen.
    »Ich habe Toilettenpapier gesucht«, log ich, »dabei bin ich auf das hier gestoßen.«
    Sie lehnte sich vor, las, was auf dem goldenen Aufkleber stand, und sah immer noch verblüfft aus. »Eigenartig. Diese Dinger habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
    »Es war nicht meine

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