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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Vereinigung in Yale und zwei Plaketten, verliehen vom College für Geistes und Naturwissenschaften an der Universität von Connecticut. Alle bescheinigten Chip hervorragende Leistungen in der Studentenausbildung. Papa Chuck hatte nicht übertrieben.
    Ich entdeckte auch mehrere neuere Ehrungen vom West Valley Junior College, eine davon vom Studentenrat, für seine Dienste in der Studienberatung, und ein Foto von Chip inmitten von fünfzig lächelnden Studentinnen mit leuchtenden Wangen auf einem Sportplatz. Alle trugen rote T-Shirts mit griechischen Buchstaben, Delta-Psi, auf der Brust. Das Foto war unterzeichnet: »Alles Gute - Wendy; Danke, Prof. Jones - Debra; Alles Liebe - Kristie.« Chip hockte auf einer Seitenlinie, umgeben von strahlenden jungen Mädchen, und sah aus wie ein Mannschaftsmaskottchen.
    Ich bemerkte, daß Cindy aufgehört hatte zu reden und mich ansah.
    »Er ist ein großartiger Lehrer«, sagte sie. »Möchten Sie sein Arbeitszimmer sehen?«
    Dort durfte ich weitere Polstermöbel, vollgestopfte Regale und mehr von Chips in Messing und Holz verewigten Triumphen bewundern. Er war auch stolzer Besitzer eines Fernsehers mit Großbildschirm, einer Stereoanlage und eines Kastens mit alphabetisch geordneten Jazzplatten. Dieselbe clubartige Atmosphäre wie im Wohnzimmer. Das einzige Stück Wand, das nicht mit Regalen bedeckt war, trug wieder eine karierte Tapete, diesmal blau-rot, und bot Platz für Chips zwei Diplome. Darunter, so tief, daß ich in die Knie gehen mußte, um sie genauer anzusehen, hingen zwei Aquarelle. Schnee, nackte Bäume und grobe Holzschuppen. Auf den Rahmen der Bilder klebten Schildchen mit den Titeln »Winter in New-England« und »Herbstruhe«. Beide waren unsigniert. Bilder, wie man sie in Andenkenläden finden konnte.
    »Mrs. Jones, Chips Mutter, hat die gemalt«, klärte mich Cindy auf.
    »Hat sie an der Ostküste gelebt?«
    Sie nickte. »Ja, als Chip noch klein war. - Aha, ich glaube, ich höre Cassie.«
    Aus einer der Buchwände kam ein fernes, verzerrtes Weinen. Ich entdeckte den kleinen braunen Lautsprecherkasten in einem der oberen Regale.
    »Die Sprechanlage ist immer angeschaltet, wenn Cassie schläft.«
    Wir gingen durch einen mit blauem Teppich ausgelegten Korridor vorbei an einem Zimmer, dessen Tür offenstand und das anscheinend ebenfalls von Chip als Arbeitszimmer benutzt wurde. Dann ging es an einem tiefblauen, großen Schlafzimmer mit Ehebetten vorbei und an einer Tür, die vermutlich zu dem Bad zwischen Eltern und Kinderzimmer führte, von dem Cindy gesprochen hatte. Cassies Reich war ein großzügiges Eckzimmer mit bunten Tapeten und weißen Vorhängen mit rosa Bordüren. Sie saß aufrecht in ihrer Wiege mit Baldachin, in einem rosa Nachthemdchen, mit geballten Fäustchen, halbherzig weinend. Im Zimmer hing süßlicher Babygeruch.
    Cindy hob sie hoch und drückte sie an die Brust. Cassies Kopf lag auf ihrer Schulter. Sie schaute mich an und schloß die Augen. Cindy flüsterte ihr etwas zu, worauf sich ihr Gesicht entspannte und ihr Mund sich öffnete. Sie atmete rhythmisch. Cindy wiegte sie in ihren Armen.
    Ich schaute mich im Zimmer um und sah zwei Türen an der Südseite und zwei Fenster. Die Möbel waren mit Hasen und Entenaufklebern verziert. Neben dem Bettchen stand ein Schaukelstuhl aus Korbgeflecht. Überall Kisten mit Spielzeug und genug Bücher für ein Jahrespensum an Gutenachtgeschichten.
    In der Mitte des Zimmers stand ein runder Spieltisch mit drei winzigen Stühlen. Auf dem Tisch lagen ein Stapel Papier, ein neuer Karton mit Farbstiften, drei spitze Bleistifte, ein Radiergummi und ein Bogen Karton mit dem handgeschriebenen Gruß WILLKOMMEN DR. DELAWARE. Vor einer Wand saßen in Reih und Glied mindestens ein Dutzend Häschen.
    Cindy setzte sich mit Cassie in den Schaukelstuhl. Cassie lag auf ihr und schien vollkommen zufrieden zu sein. Nicht eine Spur von Anspannung in ihrem kleinen Körper.
    Cindy schloß die Augen, schaukelte und streichelte Cassies Rücken und ihr noch vom Mittagsschlaf verschwitztes Haar. Das Kind seufzte tief und schmiegte seinen Kopf unter Cindys Kinn.
    Ich ging im Zimmer auf und ab, fuhr mit der Hand über staubfreie Möbel, inspizierte die Spielkiste und versuchte, dabei nicht allzu inquisitorisch auszusehen. Das Spielzeug war erstklassig, genau das Richtige. Alles sicher, dem Alter des Kindes angemessen und pädagogisch sinnvoll.
    Aus dem Augenwinkel sah ich den weißen Vorderzahn eines der Hasen blitzen. Im gedämpften

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