Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
wir teilweise sogar mit Pistolen neben dem Bett schlafen mussten, um uns gegen eine »feindliche Übernahme« zu verteidigen. Manche von ihnen bildeten sich ein, sie hätten ein Recht darauf, weil sie mit Bockhorn noch irgendeine Rechnung aufhatten. Ich habe mir dann schon Fluchtwege ausgedacht. Abseilen aus dem Fenster an Leintüchern und dann auf und davon … Zum Glück ist nichts passiert. Bockhorn hat den Bus auch »Mercedes Mahal« genannt, nach dem »Taj Mahal«, das der König für seine Königin gebaut hat.
Michael Mews (Mewi) über Dieter Bockhorn
Dieter Bockhorn habe ich 1969 kennengelernt. Wir kamen über gemeinsame Freunde zusammen und hingen dann immer öfter zusammen herum. Er war ein faszinierender Mensch. Als er aus Stuttgart nach Hamburg kam, hat er zunächst auf Sankt Pauli als Kellner gearbeitet, aber er hatte weit höhere Ziele. Reisen, die Welt entdecken, lernen …
Mit der Zeit lernte er die wichtigen Betreiber der größeren Etablissements kennen. Dabei hat ihm sicher auch geholfen, dass er als gebürtiger Schwabe sehr sparsam war und gut wirtschaften konnte. Die hatten dann so viel Vertrauen zu ihm, dass sie ihm seinen ersten Laden vermittelt haben. Damit hatte er dann richtig Erfolg. Dabei war er die totale Ausnahme. Auf Sankt Pauli herrschte damals das Recht der Alteingesessenen oder das Recht der Stärkeren. Bockhorn hat sich hier behauptet, und zwar ohne Bizeps, nur mit Hilfe seiner grauen Zellen. Dabei war ihm die Abkassiererei, die in den meisten Läden gang und gäbe war, wirklich zuwider. Trotzdem rutschte er durch seine Tätigkeit sehr schnell in das Ludenklischee, mit dem er überhaupt nichts am Hut hatte.
Als wir unsere Afrikareise »im Namen des Herrn« organisierten, ließ der Sponsor ein graphologisches Gutachten von Dieter erstellen, so wie er es von seinen Angestellten auch machen ließ. Das Gutachten bescheinigte Bockhorn ungewöhnliche Führungsqualitäten. So habe ich ihn dann auf unserer Reise auch erlebt. Er war kein Intellektueller, aber ein unglaublich schneller Denker, der auch heikle Situationen blitzschnell handeln konnte. Schwierigkeiten hat er dabei regelrecht geliebt, da ist er zur Hochform aufgelaufen. Und die hatten wir, wenn wir an einer Grenze standen ohne Papiere, ohne größere Sprachkenntnisse mit angetrunkenen Offizieren, die uns das Leben wirklich schwer hätten machen können. Da schnallte er den Gürtel enger, strich das Haar zurück, setzte sich sein Käppi gerade auf und gewann in dem Moment eine Imposanz, die ihresgleichen suchte. Wobei ihn solche Gefahren immer schon gereizt hatten. Er war der Typ, der ohne Probleme russisches Roulette spielte und der immer mit heiler Haut herauskam. Ich erinnere mich an dieses Spiel, mit geschlossenen Augen über eine rote Ampel zu fahren. Während die anderen dabei Crashs bauten, stieg er immer heil aus dem Auto aus.
Mit einer entsprechenden Ausbildung und wenn er es gewollt hätte, wäre er auch ein Topmanager oder brillanter Heeresführer geworden.
So jemand verlangt auch nach einer starken, leuchtenden Partnerin. Und die fand er nach der Reise in Uschi. Sie waren als Paar einzigartig. Uschi, die eine sehr attraktive und lebendige Persönlichkeit war und ist, zusammen mit diesem Mann, der eigentlich gar nicht sehr attraktiv war, dafür aber dieses starke Charisma besaß. Er in rockig und Uschi als schönes Gemisch zwischen Rock ’n’ Roll und edel. Eine Schicksalsbeziehung.
(Michael Mews lebt in Hamburg und bereiste mit Dieter Bockhorn Ende der sechziger Jahre Afrika.)
Auch in unserer Beziehung war Bockhorn fanatisch
Sie war einfach heftig, ich war heftig, und er war es auch. Da gab es zwar eine unglaubliche Anziehung, und er versuchte vieles, um mich hundertprozentig für sich zu gewinnen, aber ich konnte trotzdem kein Vertrauen entwickeln. Das war und ist einfach meine Schwäche, ich konnte es nicht, kann es nicht. Wir haben in unserer Zeit, die wir zusammen hatten, viel gelebt, mehr wahrscheinlich als manch anderer. Aber wir haben uns auch viel zugemutet. Ich habe ihm immer gesagt: Wenn du mich betrügen kannst, dann kann ich das auch. Das habe ich immer gesagt: »Was du kannst, kann ich schon lange.« Ihn hat es wütend gemacht.
Meine Cousine Bella sagt heute, ich wäre der Chef in der Beziehung gewesen. Ich habe das nicht so empfunden, aber wenn ich darüber nachdenke: Es stimmt eigentlich. Es wurde tatsächlich oft das gemacht, was ich wollte.
Dann gab es da noch eine andere Parallelwelt, in
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