Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
die Bockhorn nicht eindringen konnte, in der es noch einen anderen Mann gab. Einen großen Mann, der ihn zu wahnwitzigen Eifersuchtsattacken trieb, Keith Richards. Obwohl Bockhorn in unserer gesamten Beziehungszeit seine Gewohnheiten in Sachen Fremdgehen nie abgelegt hatte, verlangte er von seinen Frauen immer absolute Treue, also auch von mir. Er war schon sehr macho. Und wenn er sich rausnahm, in anderen Betten zu wildern, so war das eben noch lange nicht mein gutes Recht. Der Witz an der ganzen Geschichte ist ja, dass auch die »wilden, freiheitsliebenden« Männer damals genauso bossy drauf waren wie die Vätergeneration davor. Von Gleichberechtigung keine Spur (aber nicht mit mir).
Ich habe das große Glück gehabt, zwei wirklich große Männer zu lieben, und das auch noch gleichzeitig und aus purem Herzen. Das hört sich vielleicht ungewöhnlich an, aber wir hatten damals klare Vereinbarungen getroffen gegen dieses Besitzdenken in einer Beziehung und gegen das Lügen und Verheimlichen.
Klar war auch ich manchmal eifersüchtig, aber Bockhorn zum Beispiel hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich die Bienenkönigin war – die queen bee. Und da konnte ich ihn auch gehen lassen. Dass ich das konnte, hat mich wiederum sehr stolz gemacht. Dass ich loslassen konnte und meine Stellung nicht gefährdet war. Ich glaube, das ist der Hauptpunkt an der ganzen Sache: wenn du das Gefühl hast, dir wird nichts weggenommen. Denn darum geht es ja in einer Beziehung, in der man sich auch freilässt. Dir wird nichts weggenommen, dann kann man eigentlich auch großzügig sein.
Ich habe beide Männer immer gleich intensiv und aus vollem Herzen geliebt. Man denkt vielleicht, das geht nicht. Aber es ist so wie bei einer Mutter, die zwei Kinder aus reinem Herzen lieben kann. Und in jede Liebesbeziehung bringt der andere Geliebte viel Feuer … Solange es offen gelebt wird, ohne Lüge. Denn sonst ist es nur ein Betrug.
Frauen waren Hühner für Bockhorn. Wenn er aber auf ein Huhn stand, unternahm er auch alles Mögliche, um es zu beeindrucken. In meinem Fall war das zum Beispiel ein großer Bahnhof, wenn ich von einem Modeljob heimkam. Einmal mit weißem Mercedes voller Rosenblätter, Blumengirlanden und Herzen, ein anderes Mal mit blumenbekränzter Kinderschar und Schimpansen.
Gut, in unseren gemeinsamen zehn Jahren immer mal wieder mit Keith Richards zu konkurrieren war für Bockhorn weiß Gott kein einfacher Job. Für welchen Mann wäre es das schon gewesen? Aber mein Mitgefühl für ihn hielt sich wie gesagt in Grenzen. Seine Regeln waren auch meine Regeln. Das musste ich mir nicht groß rausnehmen, das stand mir zu. Also war ich für ein paar Tage in Chicago, um Keith zu sehen, als ich Bockhorns Nachricht bekam, der Bus sei fertig für die Reise und ich könne bleiben, wo ich wolle. Er würde allein nach Asien fahren.
In derselben Nacht verließ ich Keith, …
… obwohl ich ihn sehr liebte. Aber die Überlegung, eine von den Stones-Frauen zu werden, hatte ich schon vor Jahren an den Nagel gehängt. Klar, es war toll, von solchen Charismatikern und Musikbesessenen, die mit ihrem Sound Millionen von Menschen in Ekstase versetzen konnten, begehrt zu werden. Da hatten diese Liebesnächte diesen Touch von wild und gefährlich, gerade richtig für mich. Aber als Frau bist du bei diesen ganz Großen zwar wirklich gern gesehen und wirst auch sehr geliebt und verwöhnt, doch erst kam die Musik. Außerdem: Je berühmter die Jungs wurden, desto enger schloss sich der Kreis an Managern, Assistenten und anderen wichtigen Menschen um sie. Bei den Stones war es letztlich ja so, dass sie seit ihrem neunzehnten Lebensjahr keinen Schritt mehr unbeobachtet tun konnten. Und schließlich war es auf den Tourneen immer das Gleiche. Wir trafen uns in irgendeiner Stadt, in irgendeinem Hotel. Und da wir die Nächte durchmachten, konnten wir auch nichts von den Ländern, Städten, Straßen und Plätzen sehen. Manchmal wussten wir gar nicht mehr, an welchem Ort wir gerade waren.
Das ging mir mit meinen Modeljobs irgendwann genauso. Ich war so viel unterwegs. Irgendwann konnte ich die Flughäfen und Hotels und Studios kaum mehr voneinander unterscheiden. Es hört sich immer toll an, wenn man erfährt, wie viel so ein Model unterwegs ist. Aber dieses Unterwegssein hat mit Reisen im eigentlichen Sinn nichts zu tun. Es gehört einfach zum Job. Am Anfang ist man noch aufgeregt, vor allem damals, als Flugreisen noch etwas Außergewöhnliches für
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