Expedition ins Paradies
ständiger Flugeinsätze waren sie selbst damals die meiste Zeit getrennt gewesen. Für sie war er der Mann ihrer Träume gewesen, doch er hatte sich als treuloser, herzloser Casanova entpuppt. Nach einer knappen Woche mit einer anderen Frau hatte er gezeigt, wie erschreckend unzuverlässig und gefühllos er in Wirklichkeit war.
Elizabeth wurde bewusst, dass er sie beobachtete. Stolz warf sie den Kopf zurück und hielt Toms Blick stand. Wenn er glaubte, ihr Ausbruch von eben bedeutete, dass sie immer noch etwas für ihn empfand, hatte er sich gewaltig geirrt.
“Ich möchte mich jetzt ausruhen”, erklärte sie eisig und wollte Tom die Tür vor der Nase zuschlagen. “Außerdem möchte ich meinen Vater anrufen.”
“Ach ja, den guten Charlie. Grüß ihn bitte herzlich von mir. Und mach dem armen Kerl bloß keinen Vorwurf, weil er mich in der Stunde der Not zu Hilfe gerufen hat. Vergiss nicht, wie krank er ist.”
“Das kann ich leider nicht vergessen”, erwiderte Elizabeth schneidend. “Wir sehen uns nachher im Restaurant”, setzte sie rasch hinzu. Auf keinen Fall wollte sie mit Tom die Treppe herunterkommen.
Dennoch musste Elizabeth sich eingestehen, dass sie sich auf den vor ihr liegenden Abend freute. Außerdem war es klüger, sich Tom gegenüber beim Abendessen kühl und unbeteiligt zu geben, statt sich in ihrem Zimmer zu verstecken.
“Um welche Zeit?” fragte sie steif.
“Was hältst du von halb acht? Bis dahin könntest du dich ausgiebig ausruhen und frisch machen. Und ich hätte genug Zeit, um zu den Rangern zu fahren und unsere Genehmigungen zu holen.”
In einigen Gebieten und für Zeltübernachtungen im Busch musste man Permits einholen.
“Gut”, sagte Elizabeth kurz angebunden, “ich sehe dich dann beim Essen.” Aufatmend schloss sie die Tür hinter Tom, erstarrte jedoch, als sie einen Moment später die Tür des Nachbarraums gehen und ein Gepäckstück laut auf dem Boden landen hörte. Tom hatte das Zimmer neben ihrem erhalten!
Vor Empörung begann Elizabeth zu zittern. Hatte er sich absichtlich das Zimmer neben ihrem geben lassen? Das wäre der Gipfel der Frechheit!
Resigniert seufzend ließ Elizabeth sich in einen Sessel sinken. Tom Scanlon war zu allem fähig.
4. KAPITEL
Bereits um zwanzig nach sieben ging Elizabeth ins Restaurant hinunter, um schon zu sitzen, ehe Tom kam. Sicher, das war albern, aber es würde eine gewisse Distanz zwischen ihnen schaffen. Damit zeigte sie auch, dass sie unabhängig war.
Wie angewurzelt blieb sie stehen. Vor dem Restaurant wartete Tom. Tom Scanlon war in seinem ganzen Leben noch nie irgendwo zu ,früh erschienen, jedenfalls nicht, soweit Elizabeth das beurteilen konnte. Er hasste es, zu warten, untätig herumzustehen und kostbare Zeit zu verschwenden.
Als Hubschrauberpilot, Viehtreiber und Touristenführer, der Urlauber zu den interessantesten Gebieten im australischen Busch flog, hatte er alles in Hektik abgewickelt und war stets bis zur letzten Minute beschäftigt gewesen, ehe er sich mit ihr getroffen hatte. Wenn sie Glück gehabt hatte, war er pünktlich, meistens jedoch verspätet gekommen.
Soweit Elizabeth feststellen konnte, wirkte Tom keineswegs unruhig oder ungeduldig. Er sah so entspannt und ausgeglichen aus, wie sie ihn früher nie erlebt hatte. Was mochte diesen radikalen Wandel bewirkt haben? Hatte Tom seinen Traum aufgegeben, eines Tages eine Rinderfarm zu kaufen, und stand deshalb nicht mehr so unter Druck, jeden gut bezahlten Job anzunehmen, um in kürzester Zeit möglichst viel Geld zusammenzubekommen?
Elizabeth wurde bewusst, dass Tom sie betrachtete, während sie auf ihn zuging. Sie atmete tief durch und gab sich gleichmütig, obwohl Toms Anblick sie beeindruckte. Er sah frisch und sauber und atemberaubend sexy aus. Statt des dunklen Hemds, der Shorts, des breitkrempigen Huts und der schweren Stiefel trug er jetzt ein helles Hemd - natürlich am Hals offen - eine lange Hose und blank geputzte Stiefel. Er musste gerade geduscht haben, denn sein lockiges Haar, das ordentlich zurückgekämmt war, glänzte immer noch feucht.
Ehe Elizabeth etwas sagen konnte, bemerkte er scherzend: “Die Ruhepause muss Ihnen sehr gut getan haben, Miss Beale. Sie sehen einfach phantastisch aus.” Er blickte ihr lächelnd in die Augen. “Entschuldige … darf ich das überhaupt sagen?”
Es kostete Elizabeth Mühe, seinem Blick gelassen standzuhalten. “Danke”, nahm sie das Kompliment höflich entgegen. Jetzt war sie froh, dass sie sich
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