Expedition ins Paradies
habe ich ja noch meine Skizzen und Fotos. Heute habe ich glücklicherweise viele Schnappschüsse gemacht. Oft arbeite ich nach Fotos oder einfach aus dem Gedächtnis.”
“Ja, ich weiß.” Toms Stimme klang ungewohnt sanft. “Und es trifft sich gut, dass wir sowieso vorhatten, morgen frühzeitig hierher zurückzukehren, um den Sonnenaufgang über den Yellow Waters zu erleben.” Das unwirklich anmutende goldgelbe Wasser bei Sonnenaufgang hatte der Flussebene ihren Namen Yellow Waters eingetragen. “Dann kannst du deine Aquarelle morgen noch mal malen, Beth. Auch die Krokos sind dann bestimmt wieder da.”
“Du … hast mich schon wieder ,Beth’ genannt”, erinnerte sie ihn vorsichtig. Ihr wurde bewusst, dass sie das jetzt gar nicht mehr so störte.
“Und du fängst an, dich wieder daran zu gewöhnen, stimmt’s?” sagte Tom sanft und gab Elizabeth keine Möglichkeit, das abzustreiten. “Wir sollten jetzt besser zurückfahren. Ich möchte in der Dunkelheit nicht hier draußen sein.” Wo die Krokodile herumschwärmen, hätte er hinzusetzen können, verzichtete jedoch darauf. “Außerdem kann ich es kaum erwarten, meine Kochkünste an dem frisch gefangenen Barramunda vorzuführen.” Demonstrativ ließ er die Zunge über seine Lippen gleiten.
“Sag doch lieber, du kannst es nicht erwarten, ihn zu essen”, zog Elizabeth ihn auf.
“Klar hab ich Hunger”, bekräftigte Tom, dabei sah er Elizabeth verlangend an.
Ein Prickeln überlief sie, doch sie wandte sich ab und dachte daran, was beim letzten Mal geschehen war, als sie sich von diesem begehrenden Ausdruck in Toms Augen hatte verführen lassen. Damals hatte sie ihr Herz an Tom verloren, sich ihm mit Leib und Seele ausgeliefert. Und er hatte ihr anschließend das Herz gebrochen.
“Ich dachte, wir wollten zurückfahren”, erinnerte Elizabeth ihn kühl. “Endlich möchte ich wieder mal ausgiebig duschen.”
Auf der Rückfahrt zum Landesteg war sie schweigsam und begnügte sich damit, Fotos von der untergehenden Sonne zu schießen.
Später hätte Elizabeth nicht sagen können, wann sie je ein köstlicheres Abendessen gegessen hatte. Tom hatte den frischen, schmackhaften Barramunda mit Knoblauch, Salz und Pfeffer gewürzt und zusammen mit Zwiebeln und roten Paprikaschoten in der Gusseisenpfanne gebraten. Dazu gab es Folienkartoffeln. Zur Krönung des Festmahls hatte Tom eine Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank geholt.
Während sie den Wein genossen, scherzte er: “Wir sollten auf die entgangene Beut e trinken.”
Er hob sein Glas, um mit Elizabeth anzustoßen.
“Auf die entgangene Beute”, wiederholte Elizabeth feierlich. “Der Riesenfisch hätte nicht köstlicher sein können als unserer hier”, setzte sie hinzu. “Findest du nicht auch?”
“Absolut.” Wieder sah Toni sie so zärtlich an, dass Elizabeth den Blick senkte.
“Noch einen Schluck Wein, Beth?”
Sie legte die Hand über ihr Glas und schüttelte den Kopf. “Nein, danke. Nicht für mich.”
Wein schwächte ihren Abwehrmechanismus, und es war gefährlich bei Tom Scanlon schwach zu sein. “Er macht mich durstig. Ich trinke lieber ein Glas Wasser.” Sie griff nach der Wasserflasche. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie wirklich durstig war. Die Luftfeuchtigkeit war angestiegen, und die Hitze hatte auch nach Sonnenuntergang kaum nachgelassen.
“Ich auch.” Tom verschloss die Weinflasche und hielt Elizabeth sein leeres Glas hin. “Den Rest des Weins können wir morgen Abend trinken, wenn es noch mal Fisch gibt.”
Nachdem sie Tom Wasser eingeschenkt hatte, musterte sie ihn verwundert. Tom Scanlon stellte eine angebrochene Flasche weg? Neugier übermannte Elizabeth. “Machst du eine Diät?” fragte sie betont locker. “Nur ein Glas Wein?”
In seinen Augen blitzte es auf. “Ich möchte mein Gewicht halten und gesund bleiben.”
Prüfend betrachtete sie ihn. Einen fitteren Mann musste man lange suchen. Tom war drahtig, muskulös und umwerfend sexy! “Der Tod deines Vaters muss dir ziemlich zugesetzt haben”, überlegte Elizabeth laut. Insgeheim hoffte sie, Tom würde sich näher über seine Beziehung zu seinem Vater und den Bruch zwischen ihnen äußern.
“Er war ein großer Schock für mich. Aber ich hatte meine Ernährungsgewohnheiten schon geändert, ehe er starb.” Einen Moment schwieg Tom. “Genau genommen, kurz nach meiner Ankunft in Sydney.”
Kurz nach der Ankunft in Sydney? Nachdem er die Verlobung gelöst hatte? Elizabeth überlegte. Was
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