Expedition ins Paradies
glauben, dass ich so einen riesigen Barramunda an der Angel hatte.”
Der Motor heulte auf, und das Boot setzte sich wieder in Bewegung. Tom machte einen großen Bogen um die Stelle, an. der das Krokodil seine Beute vertilgte. “Wir sollten jetzt zurückkehren, um den Sonnenuntergang in der Ebene nicht zu verpassen.” Aufmunternd lächelnd setzte er hinzu: “Wir sind bald da.”
Als Elizabeth und Tom die Liliengewässer wieder erreichten, ging die Sonne gerade hinter den fernen Bäumen unter und tauchte das glasige Wasser und den klaren blauen Himmel in ein rötlich goldenes Licht. Nach dem geräuschvollen Treiben des Tages herrschte nun friedvolle Ruhe.
“Wie verzaubert”, flüsterte Elizabeth und zückte ihre Kamera, als eine Schar Elsterngänse, deren Umrisse sich scharf gegen den dunkler werdenden orangeroten Himmel abzeichneten, heimwärts flog.
“Hast du für heute genug Aufregendes erlebt?” fragte Tom, nachdem die flammenden Himmelsfarben zu verblassen begannen und sich nur noch schwach im leicht gekräuselten Gewässer widerspiegelten.
Elizabeth drehte sich zu Tom um, und ihr Herz schien auszusetzen. Er sah sie auf eine Weise an, wie er es noch nie getan hatte, jedenfalls nicht, seit er wieder aufgetaucht war.
Nichts da, ermahnte sie sich. Sie war einfach nur erleichtert, dass Tom nichts passiert war und das Krokodil ihn nicht ins Wasser gerissen hatte.
“Du hast wohl kein Foto von dem Riesenbarramunda schießen können, ehe unser gieriges Krokodil ihn sich geschnappt hat?” fragte Tom hoffnungsvoll. Im schwindenden Licht funkelten seine Augen vergnügt. Er wusste genau, dass sie nicht einmal Zeit gehabt hatte, an ein Foto zu denken. Alles war so blitzschnell gegangen, und nur ein Gedanke hatte sie beherrscht: Tom zu retten.
“Tut mir Leid.” Elizabeth strahlte ihn an. “Das muss ich vergessen haben.”
“Weißt du auch, dass du mich eben zum ersten Mal angelächelt hast, seit ich wieder in dein Leben zurückgekehrt bin?”
Elizabeths Lächeln gefror. Was bildete Tom sich ein zu glauben, er würde wieder zu ihrem Leben gehören? Eigentlich hätte sie ihn in die Schranken weisen müssen, doch im Moment war sie dafür einfach zu gut gestimmt.
“Dein Gesichtsausdruck, als du deinen kostbaren Barramunda eingebüßt hast, hätte jeden zum Lächeln gebracht”, tat sie die Bemerkung scherzend ab.
“Na ja, ich habe ja noch einen anderen gefangen. Da werden wir nicht verhungern.”
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass du je verhungerst, Tom Scanlon.” Lob, wem Lob gebührte. “Wenn es hart auf hart geht, würdest du dich von Fisch, Schlangen und sogar Krabbeltieren ernähren.” Elizabeth wollte nach der Mappe mit den Aquarellen greifen, die sie an diesem Tag gemalt hatte, aber sie lag nicht auf dem Boden des Bootes. Die Farben waren da, auch ihr Notizblock, doch die Aquarelle fehlten.
Entsetzt wurde ihr bewusst, was geschehen sein musste.
Tom runzelte die Stirn. “Was ist?”
“Die Mappe mit den Aquarellen …” Elizabeth machte eine hilflose Handbewegung und stöhnte auf. “Sie muss vorhin über Bord gegangen sein.”
Fassungslos sah Tom sie an. “Du hast die Bilder ins Wasser fallen lassen?”
Seine Reaktion überraschte Elizabeth. Warum war er so betroffen? Dabei hä tte doch eigentlich sie sich aufregen müssen.
Elizabeth versuchte, den Verlust herunterzuspielen. “Ich habe einfach nicht mehr an die Mappe gedacht, als das Krokodil aufgetaucht ist und du fast… und das Boot fast umgekippt wäre”, verbesserte sie sich rasch. “Ich habe sie einfach fallen gelassen, ohne nachzudenken.”
“Um mich zu retten. Du hast dein Tageswerk verloren, um mich zu retten.” Tom schüttelte den Kopf, und in seinen Augen blitzte es auf. “Das sagt mir, dass ich dir wichtiger war als deine Arbeit.” Ihre Blicke begegneten sich. “Also musst du doch noch etwas für mich empfinden.”
“Ach, das war einfach nur eine Reflexhandlung.” Elizabeth brannten die Wangen, und sie atmete tief ein. “Ich habe nicht mal darüber nachgedacht”, beteuerte sie.
“Genau das ist es ja.” Tom sah Elizabeth beschwörend an. “Wenn deine Arbeit dir wichtiger als ich gewesen wäre, hättest du instinktiv versucht, erst sie zu retten und dann mich.”
Um sich Toms durchdringendem Blick zu entziehen, machte Elizabeth sich an ihrer Kamera zu schaffen.
“Na ja, ich werde den Verlust verschmerzen”, erklärte sie und fotografierte dann ziellos alles, was ihr vor die Linse kam. “Immerhin
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