Expedition Mikro
gäbe ein Chaos! Gerade jetzt, wo vielleicht viele von dieser erbärmlichen Denkeinschränkung geheilt werden. Sie wollen doch zunächst einmal leben… Sogar der hier eingeführte dezimale Zwanzigstundentag würde bei uns einiges durcheinanderbringen. Stellt euch vor…«
Ennil wurde von Gela unterbrochen: »Wir möchten uns nun nichts mehr vorstellen! Ich finde, Charles, wir wissen zuwenig.
Und mir scheint, du vergißt eines gründlich: Sie werden uns helfen. Nun sage ich dir: Stell dir vor – eine Makrokuh, wie viele von uns könnten davon leben? Na?«
Es kam Gelächter auf. Karl Nilpach schüttelte sich und warf ein: »Ein Leben lang Steaks mit Milch, furchtbar! Außerdem haben wir beim Abhören mitbekommen, daß sie im Größenwachstum mutierte Tiere und Pflanzen haben und damit überhaupt keine Sorgen mit der Ernährung der sieben Milliarden.
Ich fürchte, daß eine solche Kuh für unser ganzes Volk eine Weile reichen könnte.«
Sie lachten.
Gela lächelte, dann wurde sie ernst und fügte leise hinzu:
»Vielleicht werden wir auch wieder groß…«
Sechzehntes Kapitel
Sie waren alle sehr aufgeregt. Djamila, Hal und Gwen hatten die Generalsekretärin mit ihrem Stab zu empfangen und zum Tagungsort zu begleiten.
Aber das war nicht das aufregende. Es war nur der Auftakt zu einem der sensationellste n Ereignisse des Jahrhunderts: Das erste Gespräch mit den Kleinen.
Auf dem Wege berichtete Djamila kurz das Neueste, erzählte von der Kleinarbeit, die sie in der jüngsten Vergangenheit zu leisten hatten, bis zu diesem Augenblick.
Dabei waren es gar nicht so sehr die technischen Schwierigkeiten, die überwunden werden mußten, zum Beispiel der Bau des Sprachtransmutators, der die Laute modulierte, verstärkte beziehungsweise abschwächte. Weit schwieriger war es gewesen, Einigkeit über die Texte, vor allem aber über eine gemeinsame Linie des Vorgehens zu erzielen.
Selbst im bisher eingeweihten Kreis kamen Meinungen auf, man solle die Kleinen, sobald feststehe, daß sie den anderen Menschen nicht gefährlich werden konnten, sich selbst überlassen. Sie störten dann weiter nicht, nutzten auch nicht; also eine Art Reservation mit einer großen Lupe darüber – für den Tourismus. Es war dies wieder die Tendenz: Was kann es schon noch Sensationelles geben… Selbstverständlich war das nur die Meinung einzelner, und sie wurde verworfen. Aber daß sie überhaupt aufkommen konnte…
Das und noch verschiedenes mehr berichtete Djamila der Generalsekretärin, die eine aufmerksame Zuhörerin war. Sie unterbrach Djamila nicht, fragte nichts, so daß man am Ende nicht wußte, wie sie die Informationen verarbeiten würde.
Die erste gegenseitige Verständigung wickelte sich über den entdeckten Stützpunkt und über die von Professor Fontaine »erfundenen« Tafeln ab.
Sie hatten bewußt vermieden, den Kleinen nachzuspüren. Es wäre nicht allzuschwer gefallen, bei ihnen irgendwo einen Mikrosender oder etwas Ähnliches einzuschmuggeln, das ihren Weg zu markieren vermocht hätte.
Professor Fontaine setzte auf seine Tafeln und hatte sich dabei nicht verkalkuliert.
Zwei Tage verflossen allerdings, bevor eine Antwort kam, und diese war kurz und bündig. Auf der Tafel stand zu lesen:
»Wir grüßen euch, große Menschen! Wir sind gekommen, um mit euch Kontakt zu suchen. Wir senden am dreiundzwanzigsten April um zehn Uhr eurer Zeitrechnung auf der Frequenz 23,943. Empfangsort für euch: Waldlichtung am Stützpunkt.
Noloc, Expeditionsleiter«
Diese Tafel war von zwei der Kleinen in Windeseile aufgestellt worden. Ehe sie ihre Bühne ausgefahren, die Kameras und Abhörgeräte richtig eingestellt hatten, befand sich der Hubschrauber bereits wieder über den Wipfeln.
Die Nachricht hatte alle außerordentlich überrascht. Zunächst wurde klar, daß sie von den Kleinen schon länger beobachtet worden waren, daß die Kleinen sie kannten, während sie außer einigen Mutmaßungen nichts wußten.
Daraus leitete sich sofort die Frage ab: Wie weit waren die Kleinen in ihre Lebenssphäre gedrungen, welche Möglichkeiten hatten sie bereits – träfen die unerquicklichen Gedankenspiele zu –, um zu schaden?
Sie hatten von den Kleinen keinen Hauch gehört, diese waren jedoch in der Lage, auf ihren Frequenzen zu senden. Damit schien sicher, daß sie Sendungen abzuhören verstanden. Wie lange schon? Sie mutmaßten, wieweit es möglich sei, aus den Tagesinformationen der zentralen Funkstationen ein umfassendes Bild des Lebens zu
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