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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Ekliptikinsel in nichts nachstanden. Er begann zu begreifen, daß es Menschen gab bei den Kleinen, die aus ihrer Sicht und ohne genügend Kenntnis der Welt der Großen einer Rückkehr skeptisch gegenüberstanden. Ihm wurde auch ungefähr klar, wie lange sie brauchen würden, selbst bei höchstem Aufwand, die Errungenschaften der Kleinen zu erfassen und einige davon in der Makrowelt anzuwenden. Und Hal bekam Respekt! Das waren sie, die Kleinen: irregeführte Menschen guten Willens, Betrogene, Verstümmelte, Gefangene. Aber nicht nur, daß sie das Muffige ihrer Vergangenheit im Kopf längst abgeschüttelt hatten, sich der Kraft bewußt geworden waren, die, von den Workmen ausgehend, Motor der Entwicklung wurde, sondern sie haben auch in ihrem Willen, zu überleben, der gesamten Menschheit neue Räume erschlossen. Ja, so werde ich argumentieren, nahm Hal sich vor, wenn ich nach meiner Meinung gefragt werde. Alle müssen es so sehen!
    Neben Hal entstand Bewegung. Er sah, wie Res und gleich darauf Djamila an ihrem Pult einen Knopf drückten. Hal stülpte den Helm wieder auf und sah – nichts. Er betätigte ebenfalls schleunigst den Knopf. Ein Film lief an, offenbar aus der Zentrale der Kleinen überspielt. Wahrscheinlich war dem eine Erklärung vorausgegangen, die Hal versäumt hatte. Es dauerte einige Zeit, bevor er ahnte, worum es ging. Je mehr er jedoch verstand, desto erregter wurde er, desto fester wurde auch sein Vorsatz, für die Kleinen so einzutreten, wie er es sich bereits überlegt hatte.
    Der Filmstreifen zeigte nüchtern eine Palette organischbiologischer Werkzeuge in einer Perfektion, die die kühnste Vermutung in den Schatten stellte.
    Eine Bildfolge wird Hal unauslöschlich im Gedächtnis bleiben: Da war Wald, ein stattlicher Wald, offenbar noch nicht auf die Größe der Kleinen mutiert, der Untergrund scheinbar steinig – für Miniverhältnisse. Da kamen zwei Traktoren, die sprühten um den Wald aus aufmontierten Fässern ein Viereck.
    Dann fuhr ein motorisierter Großtank auf. Er nebelte auf der Traktorenspur eine Seite des Waldvierecks ein. Das ging sehr schnell. Und dann starb dieser Wald – wie von Geisterhand.
    Aber er starb nicht ab wie von Gift, er verschwand, wurde gefressen. Eine graue Masse überzog Blätter und Äste, wälzte sich darüber hin und hinterließ kahle Stämme, an denen einige Hauptäste trostlos gen Himmel ragten. Als diese Welle dreißig Meter vorgedrungen war, kam der Tank erneut. Er goß jetzt entlang seiner alten Spur einen dünnflüssigen Brei aus. Dieser Brei begann allmählich, aber unaufhaltsam zu leben, er kroch die kahlen Stämme und Äste hinan, überzog sie weiß. Eine Nahaufnahme: Unzählige, lebende Fäden umklammerten das Holz, ein zartes, unentwirrbares Geflecht drang in Ritzen und Poren, ein Myzel! Es entstand, wuchs, kroch, zerstörte und – starb! Geäst und Stamm, einschließlich Stubben, zerfielen zu Modder. Es rieselte schwerer Staub, die weiße Woge kroch weiter, eine häßliche, braunschwarze Ebene zurücklassend, scheinbar leblos, auf Jahre unfruchtbar.
    Erneut kam ein Tank. Er sprühte ein gelbes Spray auf der gleichen Spur. Nach wenigen Augenblicken schien es dort, wo das Aerosol aufgetroffen war, zu brodeln oder zu kochen.
    Dampf stieg auf, und wieder kroch eine Welle vor.
    Plötzlich schob sich Hal Res’ Bild ins Gedächtnis, wie sie im Spezialanzug mitten im afrikanischen Organismenstrom stand.
    Jetzt kam eine Totale: Hal wurde es unheimlich, er fühlte, wie ihm Schweiß ausbrach. Dort stand noch ein grüner Waldstreifen, unerbittlich fraß sich die erste Welle in ihn hinein. An einigen Stellen hatte sie ihn bereits aufgezehrt und – erstarb in der Sprayspur, die der Traktor gezogen hatte.
    Dem weißgefärbten Myzel erging es ebenso. Mit dem letzten Stamm zerfiel es an der Spur. Hal war sich sicher, daß die dampfende Woge ebenso ersterben würde. Und das alles ging rasend schnell – hier war kein Zeitraffer im Spiel. Mit den Maßstäben der Großen gemessen, marschierte die Vernichtung in zehn Minuten einen Meter auf breiter Front.
    Die dritte Welle hinterließ, eine Nahaufnahme machte es deutlich, einen lockeren Boden kleinstkrümeliger Struktur. Ins Bild rückten Kombines mit Pflügen, Eggen und Sämaschinen im Komplexverband. Erst jetzt kam ein Kommentar: In sechzig Stunden würde jeder beliebige Samen aufgehen…
    Hal blieb unklar, was mit der Fauna dieses Flächenstückes geschehen sein mochte. Er fragte die Zentrale nicht, weil er

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