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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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kurzen Zögern frei.
    Er nickte ihr lebhaft zu, und dann drehte sie sich um und ging langsam auf das Bett zu. Das draußen im Eis eingesponnene Licht spielte in ihrem Haar.
    Chris war verwirrt. Er schloß Gelas Tür hinter sich, ging langsam in sein Zimmer, nahm das wenige Gepäck auf und begab sich zum Förderkorb. Er mußte dazu durch einige Stollen, die sie in Eis und Schnee vorgetrieben hatten, und plötzlich hatte er das Gefühl, es sei alles gar nicht wirklich. Es war die Stille ringsum, das seidigmärchenhafte Farbenspiel der Kristalle an Stößen und Firsten, und da war das, was in ihm nachklang. Eine veränderte Gela? Er meinte noch, ihre Wärme an den Händen zu verspüren, hatte auf einmal den kindlichen Wunsch, diese Wärme zu speichern.
    War es nur, weil sie ihm Mut machen wollte für eine gefährliche Reise, oder hatte sie den Berg überschritten? Chris vermeinte, der beschwerliche Weg in der glänzenden Eisröhre sei leichter geworden, die Lichtreflexe ließen ihn gleichsam im Eis schweben.
    Erst als er die Förderanlage einschaltete, kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Aber eines schien sicher: Was sie in der »Ozean« auch immer ausgebrütet oder entdeckt haben mochten, nun konnte ihn so schnell nichts umwerfen. Chris hoffte, Gela erwartete ihn nicht nur, weil er sie dann dienstlich wieder entlasten würde.
    Der Pilot des Hubschraubers gab sich eigenartig ernst und schweigsam.
    »Gibst es etwas Neues?« fragte Chris munter, als er sich in den Sitz des Kopiloten schwang.
    »Kann man wohl sagen«, lautete die Antwort. Der Mann schien jedoch nicht gewillt, die Neuigkeit mitzuteilen.
    Chris dachte: Dann eben nicht, ich kann mich beherrschen.
    Er sagte: »Ich würde gern im Vorbeifliegen einen Blick auf die Stadt werfen. Ist das möglich?«
    Der Pilot machte eine Handbewegung, die ausdrücken mochte: Wenn es sein muß, und gab Gas.
    Der Himmel war bedeckt, trotzdem herrschte keine völlige Finsternis. Es schien, als flögen sie in einem Wattebausch, dessen Fäden dort weit auseinandergezogen waren, wo sie sich gerade befanden. Der Schneespieß verschmolz augenblicklich mit dem Untergrund.
    Der Flugapparat stieg über die Wipfel der Riesenbäume.
    Dort, wo die Stadt lag, stand ein fahler Lichtstreifen über dem Horizont. Dann tauchten, je höher der Hubschrauber stieg, wie Sterne Lichter auf, einzeln und in Reihen über- und hintereinander. Beim Näherkommen blinkten die Lichtquellen nicht mehr wie Sterne. Dafür bekamen sie Formen: Rechtecke, Kreise, Dreiecke. Die Fenster der Makrowohnungen.
    Dann lösten sich die bizarren, neben- und aufeinander getürmten Blöcke aus der Dunkelheit und hoben sich vom Grauweiß des Untergrunds ab. Überall dazwischen war Licht. Sonnenlicht spendende Lichtstrahler hingen in unsichtbaren Netzen und lösten Kegel aus der Luft und glitzernde Kreise aus dem Untergrund. Vereinzelt huschten schemenhaft Flugapparate mit grellroten Positionsleuchten und tastenden Scheinwerfern zwischen den Blöcken und Bäumen. Einige entferntere Gebäude wurden angestrahlt. Das Zentrum der Stadt schien taghell zu sein. Dort flirrten bunte Lichter, erloschen, kehrten wieder.
    Der Pilot hatte die Maschine auf großer Höhe gehalten. Er überflog die Peripherie, zog einen großen Bogen und schwenkte dann auf Kurs »Ozean« ein. Chris unterließ es, ihn zu bitten, das Zentrum zu überfliegen, wonach er ein großes Verlangen hatte. Offenbar war Eile geboten.
    Chris lehnte sich zurück. Der Motor heulte einschläfernd.
    Chris empfand Freude, die »Ozean« wiederzusehen. Es dämmerte bereits, als der Hubschrauber zur Landung ansetzte.
    Chris wunderte sich, daß der Platz beinahe völlig im Dunkel lag. Nur für die Landung wurde auf Deck die Beleuchtung eingeschaltet. Es gab hier tatsächlich wenig Schnee. Er wurde wahrscheinlich von den Seewinden hinweggefegt. Nur in Mulden lag eine schmutziggraue, mit Steinen vermengte Schicht.
    Hatte sich Chris schon über den schweigsamen Piloten gewundert – wenngleich er dessen Verhalten als individuelle Besonderheit wertete, zumal er ihn auch als ziemlich zurückhaltend kannte -, wurde er nun doch stutzig, als auch die Menschen, die er auf der »Ozean« traf und die er ein Vierteljahr nicht gesehen hatte, mit ernsten Gesichtern umherliefen und ihn ohne die sonst üblichen Scherzworte begrüßten. Chris beschlich die Ahnung, daß das Verhalten der Gefährten und seine plötzliche Reise im ursächlichen Zusammenhang stünden. Dann traf er, als er sich bereits

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