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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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drückte und deren Inhalt in Tocs Blutgefäße fließen ließ. »Und nun darf ich vom Essen nicht mal mehr etwas schmecken!« Als sie die Nadel aus dem Arm zog, sagte er: »Danke, Ines, und nun laß niemanden rein!«
    Tocs lehnte sich abermals zurück, entspannte sich und begann halblaut, Chris meinte, kräfteschonend, zu berichten.
    Robert Tocs starb am Mittag des folgenden Tages. Er starb allein in seinem Sessel, so wie ihn Chris am Spätnachmittag des vorangegangenen Tages noch gesehen hatte.
    Für Chris Noloc schloß sich eine Reihe von schweren Tagen an, an die er sich später wie an einen unheilvollen Traum zurückerinnerte.
    Der Schmerz um den Leiter der Expedition, der ein Freund war, schien dazu angetan, den Arbeitselan, die Freude am Forschen zu lähmen, den Kampf fraglich zu machen. Und Anzeichen dafür gab es in der Mannschaft. Aber gerade das war es, was Tocs Chris in der letzten Aussprache noch einmal sehr ans Herz gelegt hatte: Sein Tod und der Tod von Gefährten bedeutete kein Scheitern der Expedition, kaum einen Rückschlag!
    Im Gegenteil! Chris bekam von Tocs die Aufgabe, aus diesem Sterben heraus die schöpferische Wut zu entfachen, die zu neuen Leistungen führen würde, die Wut auf diese feindliche Umwelt, Wut, die gebraucht wurde, um diese gefügig zu machen. Und ein wesentlicher Punkt mußte der Kontakt zu den Makros sein, damit der Weg frei wurde zur notwendigen Zusammenarbeit.
    Diese Verantwortung, durch Tocs Enthüllungen potenziert, schien Chris untragbar. Er benötigte mehrere Tage, um sich zu sammeln, um sich ein Bild zu machen von den bereits erreichten Ergebnissen. Er stellte fest, daß er bisher zu sehr nur seinen Kundschafterauftrag gesehen, das Gesamtziel der Expedition ein wenig aus dem Gesichtsfeld verloren hatte. Seine Aufgabe, so wie sie ihm Tocs übertragen hatte, war nicht gerade einfach.
    Er sollte Kundschafter bleiben, aber die Gesamtexpedition leiten. Daß er, nachdem ihn Tocs zu seinem und damit zum Vertrauten der Regierung gemacht hatte, in der vordersten Linie stehen mußte bei der Kontaktaufnahme, schien klar.
    Weniger klar war ihm, was er mit dem ihm anvertrauten Geheimnis machen sollte. Die ersten Tage quälten ihn starke Zweifel. Er stellte sich wiederholt die Frage: Durfte er das Ungeheure allein für sich behalten? Hier auf diesem Posten in der Welt der Makros? Hatten die Gefährten nicht ein Recht darauf, alles zu wissen, da sie mit ihrem Leben für den Auftrag standen? Und war aus dem Wissen nicht der verstärkte Wille für jeden einzelnen zur Lösung der Aufgabe abzuleiten?
    Der Entschluß, die lange Kette der Geheimnisträger zu durchbrechen, reifte langsam in ihm. Er haderte mit der Vergangenheit, er wog ab, welche Reaktion die Offenbarung auslösen würde. Zögernd kam er zu dem Schluß, daß er ein Programm brauchen würde.
    Dann entschloß sich Chris, auf der »Ozean« Relpek zu seinem Stellvertreter zu berufen. Gleichzeitig hielt er es für notwendig, ihn in alles voll einzuweihen. Logisch knüpfte sich daran, die gesamte Besatzung zu gegebener Zeit ebenfalls rückhaltlos zu informieren.
    Nachdem sich Chris zu diesem Vorgehen durchgerungen hatte, fühlte er sich erleichtert, glaubte er, der Aufgabe nun besser gewachsen zu sein.
    Er führte das Gespräch mit Jens Relpek, der ihn in seiner Ansicht bestärkte, und sie legten fest, die Mannschaft einzubeziehen, ungeachtet der Auswirkungen eines solchen Verstoßes gegen zur Zeit geltende Festlegungen der Regierung. Solche Auswirkungen konnte es aber wohl erst dann geben, wenn die Expedition in die Heimat zurückgekehrt war. Und dieser Zeitpunkt war fern.
    Chris wollte so rasch wie möglich zum Stützpunkt zurück.
    Vorstellungen bei ihm verdichteten sich, wie der Versuch einer Kontaktaufnahme forciert werden könnte.
    Zunächst leitete er jedoch den Standortwechsel der »Ozean«.
    Über der Höhle im Steilhang, die neuer Standort des Schiffes wurde, konnte in einem hohen Baum unter vielen Mühen eine leistungsstarke Antenne montiert werden, wovon eine spürbare Verbesserung der Funktätigkeit erwartet wurde.
    Am zehnten Tag nach seiner Ankunft flog Chris zurück. Im Hubschrauber befand sich ein Hochleistungsfunkempfänger, der auch auf dem Stützpunkt das Abhören der Makrosender ermöglichen sollte, außerdem eine Miniatursendeanlage, über deren Zweck nicht einmal Relpek informiert worden war. Für den Rückflug hatte er einen Piloten ausgewählt, der weniger wortkarg und »ein bißchen mutig« sein sollte.

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