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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Relpek war den Wünschen nachgekommen, hatte aber zu verstehen gegeben, daß er gern mehr über Chris’ Absichten erfahren hätte.
    »Hab Geduld«, hatte ihm Chris lächelnd geantwortet. »Ich weiß nicht, ob es klappt, deshalb möchte ich noch nicht darüber sprechen.«
    Der Pilot hieß Jack Siwel. Chris kannte ihn als guten Schachspieler und Chansonsänger von der Überfahrt her. Es war nicht erkennbar, wie Jack diesen Auftrag entgegennahm. Risikovoll war bei den Außenbedingungen der Flug schon an sich. Er blickte hinter seinen buschigen Augenbrauen hervor, ohne erkennbare Regung. Jack hatte dichtes Haar, und seines starken Bartwuchses wegen schimmerte sein wohlrasiertes Gesicht stets schwärzlich. Er wirkte also finster, was im Gegensatz zu seinen humorigen Liedern stand, die er an den geselligen Abenden aus scheinbar unerschöpflichem Repertoire hervorholte.
    Chris dachte, während sie unmittelbar über dem Wald flogen, an den ersten Flug in diese Richtung. Damals schien die Luft erfüllt mit Lebewesen. Jetzt, über dem endlosen Weiß der Schneedecke, lag alles wie erstorben. Nur in großen Entfernungen kreisten unvorstellbar große schwarze Flugwesen, die den Hubschrauber jedoch nicht wahrnahmen oder ignorierten.
    Und dann kam die Überraschung: Auf einer großen Lichtung des Waldes bewegten sich zwei Makros. Es bestand kein Zweifel. Sie hatten lange Planken an den Füßen, pflügten damit gewaltig den Schnee, bewegten sich hintereinander in gleichem Rhythmus voran und zogen zwei mächtige, profilierte, scharfkantige Nuten in den Schnee. »Geh tiefer!« sagte Chris erregt.
    Jacks Augen funkelten. Er nickte nur und ließ die Maschine kühn absacken. Es war immerhin das erstemal, daß er Makros zu Gesicht bekam.
    Während die Makros aus der Höhe noch wie Menschen ausgesehen hatten und sich maßstäblich beinahe gewohnt in das Bild fügten, nahm dieser Eindruck, je tiefer sie kamen, rapid ab.
    Schließlich war nur noch flächige Bewegung unter ihnen; die perspektivische Verzerrung ließ eigenartige Bilder von hin und her schwingenden Gebirgen, glänzenden, unübersehbar langgezogenen Quadern und borstigen Hügeln und Wülsten entstehen.
    Chris machte eine Bewegung, die Jack veranlaßte, um die verschwommenen, nicht überschaubaren, von Chris für die Köpfe der Makros gehaltenen Gebilde zu kreisen. Dabei zog er anerkennend die Mundwinkel nach unten, wohl als Zeichen, daß die Aufgabe ganz seinem Geschmack entsprach, und er begann die Kreise enger zu ziehen.
    Es trat ein neues Phänomen auf: Rhythmisch stiegen aus zunächst nicht erkennbaren Quellen Dampfwolken auf, die zeitweise völlig die Sicht nahmen.
    Und dann stand vor den beiden Menschen in der Flugmaschine ein Bild wie eine Vision: Etwa dreitausend Fuß entfernt löste sich ein Auge, das das gesamte Blickfeld ausfüllte, aus dem Dunst, eine große, glänzende, vertikalstehende Glaskuppel, die an den Rändern ein bänderdurchzogenes Gelbweiß, eine blaugraue, wie mit goldenen Platten übersäte streifige Iris und eine torgroße, tiefschwarze Pupille überspannte. Oben und unten standen wie Balken die Wimpern. Daran hingen Wasserkügelchen wie Perlen. Ein Auge wie das Gelas, durchfuhr es Chris, zweitausendfach vergrößert. Schön, atemberaubend, hoffnungserweckend und angsteinflößend zugleich. Jetzt müssen sie uns sehen!
    Das ganze dauerte im wahrsten Sinne des Wortes nur einen Augenblick. Dann wuchs plötzlich und mit einer Geschwindigkeit, die jede Reaktion ausschloß, ein verschwommenes Gebirge auf den Hubschrauber zu, verdunkelte die Kanzel, und es gab einen Anprall. Jack warf sich instinktiv zurück, dann sausten sie steuerlos durch die Luft, ein Knirschen war zu hören, draußen wurde es milchigweiß um sie, dann dämmrig. Der Motor war abgewürgt stehengeblieben. Sie lagen beide in der gewölbten Scheibe der Kanzel, das Flugzeug stand irgendwo Kopf.
    Chris fand sich als erster in die Wirklichkeit zurück. Er beugte sich zu Jack. »Verletzt?« fragte er.
    »Scheiße«, antwortete Jack, »entschuldige, nein!«
    »Wir benehmen uns wie die naivsten Naivlinge«, bemerkte Chris.
    »War das ein Angriff?« sagte Jack wie zu sich selbst.
    »Ja, aber wohl nicht auf uns als vernünftige Wesen!« Chris’ Worte klangen sicher. »Weiß der Teufel, wofür uns der Makro gehalten hat. Vielleicht fürchtete er um sein Auge. Wir standen ja unmittelbar in seiner Blickrichtung, wahrscheinlich in einer für ihn kurzen Entfernung. Wird sich vielleicht gewundert haben,

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