Expedition Mikro
der Piloten einging, die in der Kanzel des Hubschraubers gefunden worden waren, zum Beispiel Schriftstücke, sämtlich in Antik-Englisch, besser, in Antik-Amerikanisch.
»Der Inhalt der Briefe«, erklärte die Stimme, »wird dem Bericht schriftlich beigegeben. Es sind persönliche Dinge gegenwärtig lebender vernünftiger Wesen, die nicht für eine breitere Öffentlichkeit bestimmt sein können.«
Nun, der Bericht war es zum gegenwärtigen Zeitpunkt – wie nicht anders zu erwarten – auch nicht. Hal fand das Verhalten übertrieben rücksichtsvoll.
Wäre es nicht viel vernünftiger, zumindest den Menschen, die unmittelbar mit der Aufklärung dieser mehr als merkwürdigen Begebenheiten zu tun hatten, nicht nur alles Material sofort zugänglich zu machen, sondern auch wissenschaftliche Einschätzungen dazu? Es würden bestimmt wieder drei Tage vergehen, bevor jeder das besaß, was dem Bericht schriftlich beigegeben werden sollte.
Und ist nicht gerade das von wesentlicher Bedeutung, das sogenannte Persönliche, wenn es darum ging, und es ging wohl ausschließlich darum, daß sich zwei vernünftige Welten kennenlernen wollten? Sind das nicht gerade jene Beziehungen, aus deren unbedachtem Nichtbeachten Mißverständnisse entstehen konnten, aus deren Auftreten frühere Siencefiction-Autoren fast ausschließlich Hader zwischen zwei Zivilisationen des Universums meinten ableiten zu müssen? Ist es da nicht nachgerade unsere Pflicht, auch das Persönliche dieser Wesen zu kennen, ja besser zu kennen als ihre Welt?
Hal nahm sich vor, im Gespräch mit Professor Fontaine, von dem ja schließlich der Bericht und damit auch diese in Hals Augen skurrilen Passagen ausgingen, einen klaren Standpunkt zu erarbeiten. Sicher war er sich, daß er darin mit Gwen Kasper übereinstimmte.
Und dann hatte sich Hal ertappt: Die Annahme, die kleinen Wesen kämen aus dem Weltraum, schien in seinem Denken bereits zur Gewißheit geworden zu sein.
»Es besteht eine Ehe zwischen einem der Piloten und einer Frau namens Fanny«, fuhr die Stimme zu berichten fort. Dann wurde eine ziemlich verschwommene, weil tausendfach vergrößerte Fotografie eingeblendet. Sie zeigte eine junge Frau mit merkwürdig verbogenen Haaren. Djamila glaubte sich plötzlich zu erinnern, daß es eine Frisur der damaligen Zeit war, die mit hohem Aufwand chemophysikalisch hergestellt wurde.
Die Kommentatorin erläuterte kurz, was eine Ehe war, und fuhr fort: »Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die aufgefundenen Gegenstände eine Epoche um neunzehnhundertsechzig bis neunzehnhundertachtzig der Entwicklung unserer Erde repräsentieren. Die Fotos und persönlichen Gegenstände lassen keinen Zweifel, daß die Wesen, die diese Maschinen fliegen, außerordentlich menschenähnlich sein müssen.«
An dieser Stelle wurde die Sprecherin selbst, eine streng blickende, kurzgeschorene Blaudine, eingeblendet. Sie versuchte ein verbindliches Lächeln, als sie sagte: »In der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit war es nicht möglich, schlüssige Ergebnisse über die Herkunft dieser Wesen zu erhalten.« –
Noch ein Augenaufschlag, und sie verschwand.
Elegant – Djamila fand noch nicht einmal das – um eine der wesentlichsten Fragen gedrückt!
Sie hatten heiße Köpfe. Gwen schaltete sich zu Hal und Djamila. »Eure Meinung?« fragte er, ohne zu grüßen.
»Besuch aus dem All!« sagte Djamila so bestimmt, daß ein Zweifel daran jeden, der ihn aussprach, disqualifizieren mußte.
»Völlig klar«, fügte sie überflüssigerweise noch hinzu. Und sie begann zu begründen, daß andere Planeten andere physikalische und biologische Parameter haben könnten, eine nicht gerade umwerfende Feststellung. Minierden, sozusagen eben mit Minimenschen. Natürlich!
»Und überall sprechen sie Englisch«, sagte Gwen wie nebenbei.
Djamila nahm den Ball an. Hal wollte vermitteln, aber da legte sie bereits los.
Es war eine ganze Theorie, die scheinbar logisch über ihre Lippen sprudelte. Sie sprach von Assimilation vorgefundener Verhältnisse, Stagnation der Entwicklung durch langfristig wirkende, den Wesen zunächst verborgen gebliebene Umwelteinflüsse, die möglicherweise zu degenerativen Mutationen führten und so weiter.
Hal hörte nur noch halb zu. So erfreut er zunächst gewesen war, in Djamila einen Vertreter seiner eigenen Gedanken gefunden zu haben, sosehr war er geneigt, nunmehr von dieser Theorie Abstand zu nehmen. Es resultierte aus Gwens lakonischem Einwurf, daß sie überall
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