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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Der Transport des fertigen Bootes und der Stapellauf vom Startplatz in irgendeinem afrikanischen Hafen an der Atlantikküste mußten geplant und vorbereitet werden. Segel und Takelung, altägyptischer Steuermechanismus, Bordhütte, Krüge mit Wasser und Bordverpflegung wie im Altertum, tausend Dinge waren vorzubereiten. Und das Allerwichtigste: Es kam darauf an, eine Mannschaft zu finden, die bereit war, sich an einem solchen Experiment zu beteiligen.
    Mein erster Gedanke galt natürlich den Männern, die mit mir hundertundeinen Tag auf dem Balsafloß Kon-Tiki verbracht hatten. Wir sahen uns weiterhin zu allen möglichen Anlässen und frischten alte Erinnerungen auf. Aber Knut Haugland, Direktor des Kon-Tiki-Museums in Oslo, war kürzlich vom Staat mit der Errichtung eines norwegischen Widerstandskämpfer-Museums beauftragt worden. Herman Watzinger, der lange als FAO
    1 -Experte Fischereiuntersuchungen in Peru durchgeführt hatte, stand kurz davor, den Direktorposten im Hauptbüro der Abteilung in Rom zu übernehmen. Bengt Danielsson, der einzige Schwede unter fünf Norwegern, war seit dieser Fahrt als freiberuflicher Ethnologe auf Tahiti gewesen und hatte gerade den Direktorposten des Ethnographischen Museums in Stockholm angetreten. Erik Hesseiberg, heute wie damals chronischer Bohemien, war mit Gitarre und Palette immer unterwegs, er würde sicher sofort ja sagen. Aber Torstein Raaby, der damals »BIN DABEI« als Antwort auf meine Einladung, an der Kon-Tiki-Expedition teilzunehmen, telegrafierte, hatte sein abenteuerliches Leben in der Eiswüste nordwestlich von Grönland als Funker einer Expedition beendet, die den Nordpol auf Skiern überqueren wollte.
    Auf der Kon-Tiki-Reise waren wir sechs Skandinavier gewesen, fünf Norweger und ein Schwede. Aber diesmal fühlte ich mich versucht, so viele Nationen zusammenzubringen, wie es nur der Platz auf einem kleinen Schilfboot erlaubte. Wenn wir eng zusammenrückten, konnten wir diesmal vielleicht sieben Mann sein. Sieben Männer aus sieben Nationen. D ich selbst aus dem nördlichsten Land Europas komme, mußte eines de südlichsten Länder Europas den Kontrast bilden, und da bot sich Italie an. Weil wir Europäer »Weiße« sind, mußten wir einen »Farbigen« da beihaben, und die schwärzesten Neger, die ich jemals gesehen hatte, lebe: im Tschad. Deswegen war es nur logisch, einen Papyrusexperten mitzunehmen. Weil unser Experiment die Möglichkeit eines Kontaktes zwische: den alten Zivilisationen Afrikas und Amerikas erhellen sollte, war es ein symbolischer Gedanke, einen Ägypter und einen Mexikaner auf die Fahrt mitzunehmen. Damit auch die ideologischen Kontraste in dieser internationalen Gruppe vertreten wären, erschien es verlockend, einen Teilnehmer aus den USA und einen aus der UdSSR mitzunehmen. Alle anderer Nationen, die wegen Platzmangel nicht vertreten waren, konnte die Flagge der Vereinten Nationen symbolisieren, falls wir sie an Bord hissen durften.
    Unsere Zeit verlockt dazu, jede Möglichkeit wahrzunehmen, eine Brücke zwischen den Ländern zu schlagen. Über Sphinxe und Pyramiden donnerten Düsenjäger, und am gesperrten Sueskanal dröhnten Kanonen. Soldaten aller fünf Kontinente der Welt stehen in irgendeinem fremden Land im Krieg. Dort, wo kein Krieg herrscht, sitzt man vor den Knöpfen, die den Atomkrieg auslösen, und hat die Waffen aus Furcht vor anderen Nationen geladen. Auf einem Schilfbündel aber war nur für friedliebende Leute Platz. Die Fahrt selbst würde ein Experiment sein, eine Studienreise zu den Anfängen der Kultur. Aber das Experiment bot in sich genügend Platz für ein anderes Experiment. Eine Studienreise in die enge und übervölkerte Welt von morgen. Mit Fernsehen, Düsenflugzeugen und Astronauten waren wir im Begriff, die Dimensionen unserer Erdkugel zu verringern, so daß die Nationen keine Ellbogenfreiheit mehr hatten. Die Erdkugel unserer Väter hatte zu existieren aufgehört. Wir können die einst so unendliche Welt in einer Stunde und vierzig Minuten umfliegen. Die Nationen sind nicht mehr durch unüberwindliche Gebirgsketten und unendliche Meere getrennt. Die Völker sind nicht mehr auf sich gestellt und isoliert, sie sind verbunden und im Begriff, enger zusammenzurücken. Während Hunderttausende von Technikern eifrig mit Atomkraft und Laserstrahlen arbeiten, wirbelt unsere kleine Erdkugel mit Überschallgeschwindigkeit in eine Zukunft, in der wir alle an demselben großen technischen Experiment teilnehmen und in der

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