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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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also ein Videofan. Offenbar ein großer Videofan. Wir haben zu Hause zwar ebenfalls eine Videosammlung, aber die ist so klein, dass sie auf unseren Kaminsims passt, und auf den meisten Kassetten sind alte Folgen von Dallas , die laut Mum auf keinen Fall überspielt werden dürfen.
    Ich gehe die Regale entlang und lese die Beschriftungen, weil ich doch neugierig bin, was Karl für einen Filmgeschmack hat. Worauf steht er? Auf Action? Kampfsport? Romantische Komödien? Und wer ist Michelle Timms? Jedenfalls keine bekannte Schauspielerin, aber offenbar hat sie mindestens drei Filme gedreht. Und wer ist Kristin Jenkins? Fünf Kassetten sind mit ihrem Namen beschriftet, fein säuberlich mit schwarzem Filzstift.
    Monica F. ist nur einmal vertreten, dafür Polly Turners gleich siebenmal. Was hat das zu bedeuten? Während ich die Beschriftungen überfliege, stelle ich fest, dass auf jeder Kassette der Name einer Frau steht, und es dürfte sich insgesamt um mehrere hundert Kassetten handeln. Ist Karl vielleicht im Casting-Geschäft oder so?
    Mich beschleicht das ungute Gefühl, dass Karl eher oder so ist, ohne eine genaue Vorstellung von oder so zu haben. Mit Sichmalkurz-Umsehen hat das hier jetzt nichts mehr zu tun, vielmehr kann man nun von unerlaubtem Herumschnüffeln sprechen, und ich habe kein gutes Gefühl dabei. Ich sollte sofort aus dieser Wohnung verschwinden. Auf der Stelle. Das hätte ich auch getan, wäre ich nicht auf einen Namen gestoßen, der mich zum Stehenbleiben zwingt. Sasha Taylor. Vier Kassetten nebeneinander mit Sashs Namen darauf. Und - Scheiße - wer steht direkt daneben? Charlie C. Ich weiß ganz sicher, dass ich nie in einem Film mitgespielt habe. Mit einem Mal wird mir ganz mulmig zumute. Mit feuchter Hand nehme ich die Kassette mit meinem Namen aus dem Regal. Ich habe eine furchtbare Vorahnung, was auf dem Band sein könnte, und die bloße Vorstellung verursacht mir Übelkeit. Obwohl ich es gar nicht sehen möchte, brauche ich andererseits Gewissheit, also gehe ich zu dem Videorekorder in der Ecke und lege die Kassette ein. Ich drücke auf Play und schalte den Fernseher an ... Himmel, ist der laut gestellt. Ich schnappe mir die Fernbedienung und stelle rasch auf stumm. Schließlich will ich die Nachbarn nicht auf mich aufmerksam machen.
    Ich richte den Blick auf den Fernseher und ...
    Mir wird derart anders, dass ich meine ganze Anstrengung aufbieten muss, um mich nicht zu übergeben. Wie soll ich erklären, wie ich mich beim Anblick dieser Bilder fühle ...?
    Kennen Sie dieses Phänomen, dass sich die eigene Stimme auf Band völlig fremd und ungewohnt anhört? Dass man nicht glauben kann, dass man in Wirklichkeit so grauenhaft klingt? Schauen Sie sich ein Video an, auf dem Sie beim Sex zu sehen sind, und ihr Unbehagen wird milliardenfach größer sein. Und das beschreibt nicht einmal ansatzweise mein Entsetzen, während ich mir ansehe, wie Karl und ich uns nackt auf seinem Bett wälzen. Oh verfluchte Scheiße - man kann praktisch alles sehen.
    Ich kann nicht länger hinschauen. Ich stürze zum Videorekorder und reiße die Kassette an mich, als das Gerät sie wieder ausspuckt. Ich setze mich auf den Boden und lausche meinem beschleunigten Atem.
    Ich habe eine Stinkwut auf mich selbst. Wie konnte ich nur so dämlich sein, so absolut naiv? Er hat die Kamera nicht einmal versteckt. Sie steht mitten in seinem Schlafzimmer. Unübersehbar. Auf einem riesigen Stativ, das förmlich schreit Hey, sieh mich an, ich bin eine Kamera und Hey, sieh dich an, du bist ja nackt. Ich erinnere mich, dass ich Karl auf die Kamera angesprochen und ihm den Blödsinn tatsächlich abgekauft habe, dass er sie zum Proben benutzt.
    Ich bin zwar sauer auf mich, aber auf Karl bin ich noch viel wütender. Am liebsten würde ich auf der Stelle zu ihm ins Krankenhaus fahren, ihm seinen Verband vom Kopf reißen und seine frisch genähte Wunde mit einer großen, glänzenden Axt bearbeiten. Ich kann nicht fassen, dass er zu so etwas fähig ist. Zu so einer Riesensauerei, die wahrscheinlich zudem illegal ist. Schließlich habe ich keine Einverständniserklärung unterschrieben, dass er mich filmen darf. Blöder Gedanke. Aber wie soll man bei so einer schockierenden Erkenntnis einen klaren Kopf bewahren?
    Doch ein klarer Kopf ist jetzt genau das, was ich brauche. Ich durchforste mein Gedächtnis, wie oft Karl und ich uns miteinander vergnügt hatten. Zweimal in seinem Schlafzimmer. Also zweimal vor der Kamera. Mit wackligen Knien stehe

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