Extra scha(r)f
ist Blaize ein Popstar und hat es vor laufender Kamera getrieben. Wer wäre nicht neugierig, einem Promi beim Sex zuzuschauen?
»Eins davon habe ich mitgenommen«, beruhige ich Daniel.
»Nur eins? Aber besser als nichts. Hast du es dabei?«
»In meiner Tasche«, flüstere ich.
»Großartig. Wir können uns später in Jamies Büro verkriechen und uns das Video auf seinem Breitbildfernseher ansehen. Und wir können in Dolby Surround hören, wie sie kommt.«
»Vergiss es«, sage ich, obwohl die Idee gar nicht schlecht klingt.
»Charlie, hast du schon einmal überlegt, wie viel Kohle du mit diesem Video herausschlagen kannst?«, fragt Daniel.
»Was meinst du?«
»Na, die Klatschpresse würde dir bestimmt ein Vermögen dafür bezahlen.«
»Daniel, das kann ich nicht.«
Dazu wäre ich niemals imstande. Mag sein, dass Blaize eine verwöhnte, herzlose Zicke ist, aber so etwas käme mir niemals in den Sinn. Nicht einmal bei meinem schlimmsten Erzfeind.
»Ich habe schon immer gesagt, dass deine Ehrlichkeit dir schadet. Du musst gerissen und skrupellos sein, um in diesem Leben weiterzukommen«, entgegnet Daniel. »Komm, gehen wir wieder an die Arbeit. Ich habe heute nämlich ebenfalls einen Auftritt vor der Kamera.«
Als wir zum Empfang zurückkehren, ist es zehn Minuten vor zehn. Rebecca ist mit den Nerven am Ende. Offenbar war Jenna kurz vor uns hier, um ihr Gift zu verspritzen und ihrer Wut darüber Luft zu machen, dass Karl den Auftrag für die Gurly-Wurlys bekam, den sie abgelehnt hatte. Karls Tanzkünste und Verrenkungen haben bei den Verantwortlichen offenbar besseren Anklang gefunden als Jennas Tanzkünste und Verrenkungen und passten außerdem besser zu dem Image, das den Fans (also Kinder im Giundschulalter) vermittelt werden soll. Wie kommt Jenna überhaupt dazu, sich darüber aufzuregen? Wahrscheinlich hätte sie den Auftrag nicht abgelehnt, hätte sie gewusst, dass Karl ihn bekommt. Doch so sehr mich Jennas Verhalten ärgert, mir wäre lieber gewesen, sie hätte die Choreografie übernommen - weil ich Karl höchstens einen Genickbruch gönne.
Jenna ist heute extra früh hier, wegen der TV-Kameras. Wie bereits vermutet, haben diese auch Blaizes Genesung beschleunigt. Die Proben sind wieder angesetzt, und Blaize wird jede Minute eintreffen.
»Jenna hat kein Recht, mich so anzuschreien«, sagt Rebecca mit zitternder Unterlippe. »Schließlich kann ich nichts dafür, dass Karl den Auftrag bekommen hat.«
Die Arme begreift wieder einmal gar nichts. »Jenna hat ihre Wut nur an dir ausgelassen, weil du zufällig in ihre Schusslinie geraten bist«, erkläre ich Rebecca und lege den Arm um ihre Schulter. »Weißt du was? Du gehst jetzt zur Toilette und machst dich frisch. Du willst doch nicht mit verheulten Augen vor die Kameras treten, oder?«
Während Rebecca sich trollt, öffnet sich die Fahrstuhltür, und Jamie kommt heraus. Er ist nicht alleine.
Ganz im Gegenteil.
»Charlotte, ich möchte Ihnen Velvet vorstellen, unsere neue Teamkraft«, verkündet er und geleitet Velvet zum Empfang.
»Ahm ... okay ... gut«, stammle ich, während mein ganzer Körper in eine Starre verfällt.
»Sie hatten mich doch eindringlich gebeten, zusätzliches Personal einzustellen, oder?«, sagt Jamie gereizt. »Ich habe Sie doch richtig verstanden?«
»Ja«, erwidere ich unterwürfig. »Hallo, äh, Velvet , nett, dich kennen zu lernen.«
Aus den Augenwinkeln nehme ich Daniels Gesicht wahr.
Sein Mund steht offen. Genau wie meiner. Es gibt auch einige Gründe, baff zu sein. Erstens stellte Lydia das Personal selbst ein. Jamie hätte mir wenigstens vorher Velvets Bewerbung zeigen können - aus reiner Höflichkeit. Und dann Velvet. Was soll das überhaupt für ein Name sein? Ihre Eltern müssen sie entweder nach einer Pornodarstellerin oder nach einer Klopapiermarke benannt haben, und man kann nicht sagen, was davon eine größere seelische Belastung darstellt. Und außerdem (der Hauptgrund, baff zu sein), was für eine Ober‹weite\ Dagegen sieht Claire von Channel Four geradezu flachbrüstig aus. Es sticht einem förmlich ins Auge, dass Jamie Velvet nicht eingestellt hat, weil ihr Bewerbungsschreiben so überzeugend war. Meine Empörung geht nicht darauf zurück, dass ich in den Schatten gestellt werde - und zwar buchstäblich, da es sich bei Velvet um eine wandelnde Sonnenfinsternis handelt. Nein, vielmehr bin ich empört, weil ich als Managerin nicht in Personalentscheidungen einbezogen werde.
»Gut, sorgen Sie bitte
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