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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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heißes, trockenes Land, wo man in einfachen Lehmhütten lebt.
    »Ohne dich würde ich mich das niemals trauen, Charlie«, sagt Emily.
    »Dann entscheidest du dich also für den Abbruch?« (Das andere Wort mit »Ab-« ist hier bestimmt verpönt.)
    »Ich habe keine andere Wahl, oder?«
    »Hör zu, Emily, wie du dich auch entscheidest, ich unterstütze dich dabei ohne Wenn und Aber.« Während ich diese Worte sage, bete ich im Stillen, dass Emily sich für den Eingriff entscheidet, weil ich keinen Bock habe, den Babysitter für eine zweite Aphrodite zu spielen, damit Emily für die Schule lernen kann ... Aber notfalls würde ich es auch ohne zu meckern tun, weil ich nämlich ein besserer Mensch sein will.
    »Ich heule nur, weil ich mich so freue«, schluchzt Emily. »Du weißt schon, weil wir uns endlich zusammengerauft haben. Blöd, nicht?«
    »Uberhaupt nicht blöd. Ich finde es auch toll«, hauche ich.
    »Ich habe eine Idee«, sagt Emily und lächelt trotz ihrer Tränen. »Vielleicht sollten wir es Mum und Dad sagen ... Oder besser vielleicht nur Mum.«
    »Wie bitte?«, entgegne ich, und mein Körper verspannt sich leicht.
    »Überleg mal, Charlie. Unsere Familie hat noch nie richtig zusammengehalten. Und jetzt sieh uns beide an, durch eine Krise zusammengeschweißt. Wie in einem kitschigen Film mit Julia Roberts oder Meg wie heißt sie noch gleich?«
    Ich lache, allerdings nur kurz. Ich möchte Emilys Enthusiasmus nicht dämpfen, da ich selbst Enthusiasmus verspüre. »Lass uns später darüber reden, ja?«
    In diesem Moment wird die Tür geöffnet, und die Beraterin erscheint wieder. »Und, alles klar, ihr zwei?«, fragt sie in liebenswürdigem Ton.
    »Ja, ich denke schon«, erwidere ich.
    »Gut, gut. Hast du eine Entscheidung getroffen, Emily?«
    Meine Schwester sieht mich an, und ich drücke aufmunternd ihre Hand. »Ja«, entgegnet sie. »Ich habe mich für ...« Sie verstummt.
    »Für den Abbruch entschieden?«, fragt die Beraterin.
    Emily nickt.
    »Bist du dir auch wirklich sicher?«, hake ich nach.
    Emily nickt erneut.
    »Gut, sehr schön«, sagt die Beraterin, obwohl ich das alles weder gut noch sehr schön finden kann. »Okay, du musst noch ein paar Formulare ausfüllen, aber vorher kommst du mit mir, damit ich dir kurz Blut abnehmen kann.« Emily reißt entsetzt die Augen auf. »Keine Angst, das ist nur Routine. Es wird auch nicht wehtun. Du wirst nur einen kleinen Piekser spüren.« Sie nickt Emily aufmunternd zu, die sich daraufhin erhebt.
    »Möchtest du, dass ich mitkomme?«, frage ich.
    »Nein, schon okay«, entgegnet Emily und beißt sich tapfer auf die bebende Unterlippe. »Bis gleich.«
    Während ich den beiden nachschaue, als sie den Raum verlassen, werde ich von den neuen Gefühlen überwältigt, die ich plötzlich für meine Schwester empfinde. Ich muss an Emilys Worte denken, bevor wir unterbrochen wurden, und ich staune über ihren Durchblick. Dabei ist sie noch ein Kind, und außerdem macht sie gerade die Hölle durch, aber sie hat trotzdem völlig Recht. Wenn wir jemals eine richtige Familie sein wollen, müssen wir lernen, unsere Probleme gemeinsam zu lösen. Wenn ich ein besserer Mensch sein kann, dann können Mum und Dad es auch ... jedenfalls Mum.
    Ich greife in meine Tasche und hole mein Handy heraus. Ohne zu zögern, drücke ich die Kurzwahl für zu Hause. Ich halte das Handy ans Ohr, und während es klingelt, kann ich die Liebe im Raum förmlich spüren.

Das unvermeidbare bisschen in jeder Geschichte, das von Mord und Totschlag handelt
    Ich bringe um diese verdammte Bastard! Wenn ich erwische diese Kakalaka!«
    Mum, Emily und ich ziehen bei diesem Ausbruch die Köpfe ein. In diesem Raum ist momentan keine Liebe. Dad ist völlig außer sich. Das weiß ich, nicht weil er Morddrohungen ausstößt - das kommt bei ihm häufiger vor -, sondern weil er seinen Gegnern schon Tiernamen gibt.
    »Er hat ausgenutzt seine Vorurteil.« (Ich glaube, er meint Vorteil, auch wenn ich mir nicht sicher bin - je zorniger mein Vater, desto unverständlicher sein Englisch.) »Ich reiße ihm seine verdammte Kopf ab!«
    »Jimmy, beruhige dich wieder, um Himmels willen«, fleht meine Mutter. »Ich wusste, ich hätte es dir nicht sagen dürfen, ich wusste es.«
    In der Tat hätte sie mal besser die Klappe gehalten, nicht zuletzt weil sie mir schwören musste, wie ein Grab zu schweigen.
    »Du nicht wolltest mir sagen?«, brüllt Dad weiter. »Du bist meine Frau. Du musst sagen mir alles, oder ich bringe um die

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