Extra scha(r)f
total verstopft, und ich traue mich nicht, einen Klempner anzurufen, wer weiß, ob der nicht unangenehme Fragen stellt. Wassollichjetztbloßtun?«
Ist das wirklich dieselbe junge Frau, die heute Vormittag dafür sorgte, dass sich der Tumult vor dem Empfang auflöste?
»Sasha, es tut mir Leid, aber -«
»Ah, ist Sashou«, brüllt Dad dazwischen. »Ich noch gar nicht dir habe gesagt, Maevou, dass Sashou kann stehen wieder auf ihre eigene Beine. Sie kann gehen und machen alles. Ich habe gesehen mit meine eigene Augen. Ist eine verdammte Wunder.«
»Was ist da los?«, kreischt Sasha in den Hörer. »Redet ihr etwa über mich? Oh Gott, du hast deinen Eltern aber nichts von den Videobändern erzählt, oder?«
»Weiter so, Sasha«, improvisiere ich rasch. »Und vergiss nicht, ganz langsam, einen Schritt nach dem anderen. Wir telefonieren später, ja?« Dann lege ich auf.
Was hätte ich sonst tun sollen?
Während mein Vater eine Lobeshymne auf mich anstimmt -»Meine Tochter ist wie Mutter Theresa« klingelt erneut das Telefon. Ich hebe ab in der Erwartung, dass es wieder Sasha ist, aber dem ist nicht so.
Es ist Judas.
Ich meine Daniel.
»Das ging aber schnell«, sagt er. »Ich habe es in der Leitung noch gar nicht klingeln hören.«
»Was willst du?«, sage ich mit eisiger Stimme. Seit Jahren sind wir befreundet, und jetzt kommt es mir vor, als wäre Daniel mir plötzlich vollkommen fremd. Wahrscheinlich ist er nicht einmal schwul.
»Ist Dino?«, fragt Maroulla, die noch in der Eingangstür steht.
Ich schüttle den Kopf.
»Du bist sauer auf mich, stimmt‘s?«, fragt Daniel.
»Was hast du gesagt? Ich kann dich kaum verstehen.« Das ist keine Hinhaltetaktik von mir, sondern das Kindergebrüll ist nun wirklich unerträglich laut, da Tony, Soulla und ihre Blagen nun ebenfalls in der engen Diele stehen. Aphrodites Geschrei erinnert mittlerweile an die Künste eines Heavy-Metal-Sängers, während Georgina - die immer Angst hat, etwas zu verpassen - die Zweitstimme beisteuert.
»Ihr wollt gehen schon, Andoni?«, brüllt Dad über das Kindergeschrei hinweg. »Aber gleich kommt die spannende Teil in die Film, wo wird gezeigt die schriftliche Beweis. Ihr könnt überzeugen mit eure eigene Augen. Jesus ist geboren in Neogorio, weil sieht aus auf alle alte Bilder wie eine Grieche.«
»Es ist das Beste, wenn wir uns auf den Heimweg machen«, entgegnet mein Bruder. »Das ist sicher eine Kolik.«
»Georgina, so kennen wir dich ja gar nicht, mein Baby«, sagt Soulla tröstend. »Was hast du, mein Herz?«
»Vielleicht Georgina hat auch eine Kollick«, bemerkt Dad leicht beleidigt. »Vielleicht ich bekomme auch eine Kollick.«
Was ist los mit diesen Menschen? Liegt das eigentliche Problem nicht auf der Hand? Ist noch keinem von denen zu Ohren gekommen, dass Kinder abends ins Bett gehören? Die Mädchen sollten schon längst mit ihren Teddys im Arm schlafen, statt in unserer Diele die vierte Szene im dritten Akt aus Der endlose Abschied zu spielen.
»Was ist denn bei euch los? Das hört sich ja an wie in einem Irrenhaus«, sagt Daniel.
»Du hast einen schlechten Zeitpunkt erwischt«, erwidere ich, noch eine Spur eisiger als vorhin. »Besser, ich -«
»Bitte, leg nicht auf«, fällt er mir ins Wort. »Ich fühle mich grauenhaft, weil ich dich heute im Stich gelassen habe. Es tut mir Leid.«
»Warum hast du es dann getan?«
»Ich weiß auch nicht. Als ich die ganzen Leute vor dem Empfang gesehen habe, da bin ich irgendwie durchgedreht und -«
»Ich meinte nicht die Tatsache, dass du dich verkrümelt hast. Warum hast du die Videokassette aus meiner Tasche genommen?«, frage ich, den Kopf zur Wand gedreht, wobei ich in meinen Pulliärmel spreche - damit mich ungeachtet des Kindergeplärrs ganz sicher keiner verstehen kann. »Sag mir, dass das ein makabrer Scherz von dir war, damit ich darüber lachen kann.«
»Denkst du das wirklich?«, stößt Daniel hervor. » Oh Mann, ich würde nie - ich schwöre, ich würde mir niemals einen so bösen Scherz mit dir erlauben. Gut, ich habe zwar gesagt, du kannst mit dem Video eine Menge Geld -«
»Erzähl deine Lügenmärchen jemand anderem«, sage ich und knalle den Hörer auf.
Diese blöde Schwuchtel kann herunterrutschen auf meine Buckel, wie mein Vater sagen würde.
Das bisschen, in dem wir endlich eine Familie sind (und ich mit meiner Schwester durch dick und dünn gehe)
Wirklich, nette Einrichtung. Hübsche, bequeme Stühle. Frisch gestrichene Wände. Keine Uraltausgaben
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