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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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sagt die Wahrheit.
    »Jamie hat gesagt, er will es bei einem Anschiss belassen«, spricht Daniel weiter. »Und da er dir gestern schon einen gehörigen Anschiss verpasst hat, hat sich die Sache bereits für ihn erledigt ... Das heißt, du musst morgen wieder zur Arbeit kommen.« Ich bleibe stumm. »Bitte.«
    Ein Teil meines Verstandes - derselbe, der noch vor wenigen Stunden beschlossen hat, dass ich ein besserer Mensch werde - appelliert an mich, im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden. Außerdem freue ich mich natürlich - ach was, ich bin vor Freude völlig aus dem Häuschen dass ich meinen Job noch habe.
    Doch nach einem langen Tag bis zur vollkommenen seelischen und körperlichen Erschöpfung gibt es nur eine einzige Reaktion auf diesen inneren Zwiespalt.
    »Bis morgen«, sage ich so unfreundlich wie möglich.
    Dann lege ich, die knallharte Powerfrau, den Hörer auf ...
    Und gehe anschließend nach oben in mein Zimmer, wo ich meinen Tränen freien Lauf lasse.

Das bisschen, in dem ich herausfinde, dass Daniel die Sonne aus dem Hintern scheint
    Von der gegenüberliegenden Straßenseite aus starre ich zu den sieben gläsernen Stockwerken des Zone hoch. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr ich es vermisst habe. Ich spüre, dass mir die Tränen kommen. Ein Glück, dass ich meine Sonnenbrille trage (wegen meines Veilchens, nicht wegen des strahlend trüben Wetters). Wie lange war ich eigentlich weg? Etwas mehr als einen Tag. Verrückt . Liegt wahrscheinlich daran, dass ich dachte, nie wieder hierher zurückzukehren. Da sieht man es mal wieder. Man weißt erst dann zu schätzen, was man hat, wenn man es zu verlieren droht ...
    Hört sich wie eine großartige Songzeile an.
    Heute ist es im West End verhältnismäßig ruhig auf den Straßen. Typisch für die Zeit zwischen Arbeitsbeginn und Mittagspause. Selbst die U-Bahn war ziemlich leer. Während der Fahrt machte ich die Augen zu - hauptsächlich deshalb, um das Spiegelbild meiner halb ausgerissenen Haare nicht in der Scheibe sehen zu müssen. Ich habe fast die gesamte Fahrt verschlafen. Ich könnte nur noch schlafen, so müde bin ich.
    Was wird passieren, wenn ich das Studio betrete? Werden alle über mich lachen? Ist meine Autorität als Studiomanagerin nun dahin? Genauer gesagt, haben die Ereignisse vor zwei Tagen nicht sogar bewiesen, dass ich von Anfang an keine Autorität besaß? Auf diese und weitere Fragen werde ich nur eine Antwort erhalten, wenn ich hineingehe.
    Schätze, ich sollte es hinter mich bringen.
    Ich will gerade die Straße überqueren, als mein Handy piept. Ich hole es heraus und schaue auf das Display. Eine SMS ... von Karl.
    WARUM MUSSTEST DU MEIN LEBEN RUINIEREN? WAS HABE ICH DIR GETAN, AUSSER DASS WIR GROSSEN SPASS MITEINANDER HATTEN? DAS WIRD SICH RÄCHEN. PASS ALSO AUF...
    Ich bekomme ein total mulmiges Gefühl. Ich meine, schließlich stammt die Nachricht von einem Typen, der darauf steht, seine Bettgespielinnen heimlich zu filmen. Wozu mag er sonst noch in der Lage sein? Und warum wartet er zwei Tage, bevor er seiner Wut auf mich Luft macht? Was für kranke, perverse Pläne mag er in seinem Kellerloch (na schön, in seiner Wohnung im ersten Stock) in South Kensington ausbrüten ...?
    Himmel, Schluss mit der Paranoia. Wahrscheinlich ist Karl nur zutiefst in seiner Ehre gekränkt. Und am Boden zerstört. Hoffentlich erholt er sich nie wieder davon. Der Arsch soll ruhig leiden. Klasse gemacht. Im Geiste klopfe ich mir selbst auf die Schulter. Der Tag fängt viel besser an, als ich erwartet hätte.
    Seelisch ein wenig gestärkt, überquere ich die Straße. Ich gehe die Eingangstreppe hoch, die automatische Tür schwingt auf, uuuuuuuuuuuuuuuuuund ... ich bin drin.
    Ich bleibe stehen und blicke zum Empfang, von dem mich circa sechs Meter Marmorboden trennen. Daniel sitzt auf der Theke, Rebecca steht dahinter. Alles wie immer. Ich war ja auch nur etwas länger als einen Tag weg. Mein Erscheinen löst nicht gerade Begeisterung aus. Daniel wirkt blass und macht ein Gesicht, als wäre jemand gestorben. Es muss ihm ziemlich dreckig gehen ... Ich spüre, wie ich weich werde ... Wie konnte ich nur so gemein zu ihm sein? ... Und weicher ... Wie konnte ich ihn überhaupt verdächtigen? ... Und noch weicher ... Schließlich ist das Daniel, mein bester Freund, er würde niemals einfach ... Ich bin schon beinahe zerflossen. Ich zwinge mich, weiterzugehen. Daniel lässt sich von der Theke gleiten und kommt mir entgegen. Gleich darauf liegen wir uns

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