Extra scha(r)f
nur sichergehen, dass Fenton sie nicht bekommt. Unter Berufstänzern herrscht eine ganz besondere Atmosphäre.
Ich habe keine Ahnung, was ich tun kann. Aber selbst wenn, ich würde ohnehin nicht dazu kommen. Julie von Mission Management nähert sich nämlich gerade der Theke.
»Verzeihung, aber wie kommen Sie dazu, der Öffentlichkeit zu erlauben, bei einem privaten Casting zuzuschauen?«, fragt sie mit einer Stimme, die das Mittelmeer zufrieren lassen könnte.
»Entschuldigung, aber ich kann Ihnen nicht ganz folgen«, erwidere ich verdattert.
»Ihre Assistentin hat irgendwelche Chaoten von der Straße aufgelesen und in unser Studio geführt.«
»Aber ich habe sie lediglich angewiesen ...«
Sorg für frischen Wind , habe ich zu Rebecca gesagt. Scheiße, wer von uns beiden ist eigentlich dümmer? Rebecca, weil sie mich völlig falsch verstanden hat, oder ich, weil ich hätte wissen müssen, dass sie mich völlig falsch verstehen würde?
»Es tut mir wirklich Leid. Das ist ein dummes Missverständnis«, entschuldige ich mich und nehme aus den Augenwinkeln eine heulende Rebecca wahr, die eine Horde pickeliger Teenies auf die Straße zurückführt, wo sie sie zuvor aufgelesen hat. Das ist allein meine Schuld. Ich hätte Rebecca meine Anweisung ausführlich erklären müssen, notfalls mit Schaubildern.
»Wie ich sagte, es tut mir furchtbar Leid. Wie können wir das wieder gutmachen?«, sage ich zu Julie. Wenn ich hier zu Kreuze kriechen soll, dann bitteschön, für England bin ich dazu bereit.
»Lassen Sie die Klimaanlage reparieren. Dort oben kommt man sich vor wie in Kalkutta«, entgegnet sie, dreht sich auf dem Absatz um und marschiert zum Fahrstuhl.
Ich werfe dem Monteur einen flehentlichen Blick zu.
»Schon gut«, sagt er, schnappt sich seinen Kollegen und seine Werkzeugkiste und geht ebenfalls zum Fahrstuhl ... allerdings nicht ohne zuvor ein halbes Dutzend Tänzer zu umarmen und abzuklatschen. Oh Mann, der Typ hat es voll drauf mit dem Abklatschen - er beherrscht den komplizierten Handschlag, bei dem Handgelenk, Finger und Daumen einer kniffligen Choreografie folgen. Ich arbeite nun schon seit drei Jahren hier, und mir gelingt dieses Ritual immer noch nicht. Wie zum Teufel hat er das innerhalb der letzten zehn Minuten verinnerlicht?
Ich schließe die Augen. Als ich sie wieder aufmache, scheint sich die Lage etwas beruhigt zu haben. Die Tänzer schimpfen zwar weiter über Jenna, aber in gemäßigter Lautstärke, und obwohl sie mit ihren bösen Sprüchen über Jenna meine geheiligte Ruhe stören, nehme ich es ihnen nicht wirklich übel.
Ich schaue zu dem Busenwunder. Sie lächelt mich liebenswürdig an, und ich danke Gott für ihre Geduld. »Tut mir Leid«, sage ich zu ihr. »Was kann ich für Sie -«
Das Telefon klingelt bereits zum zehnten Mal seit dem Ausbruch dieses Tumults. Wo steckt Rebecca schon wieder? Wahrscheinlich auf dem Klo, wo sie sich die Augen ausheult. Ich habe bei ihr etwas wieder gutzumachen. Aber das muss vorerst warten.
»Sorry, ich muss mich kurz um das Telefon kümmern«, sage ich.
»Machen Sie ruhig«, erwidert das Busenwunder, nach wie vor in liebenswürdigem Ton.
Es ist schon wieder Sasha.
Sie weint.
Und wie.
»Was ist los, Sash?«, frage ich behutsam.
»Ich habe dir vorhin nicht alles gesagt«, schluchzt sie. »Wegen Ben, weißt du.«
»Willst du es mir denn jetzt sagen?«, frage ich in einem Ton, als hätte ich alle Zeit der Welt, der aber sofort wieder umschlägt. »Rufst du deswegen an? Im Moment ist es nämlich etwas ungünstig.«
Das Busenwunder steht immer noch vor der Theke und lauscht jedem meiner Worte.
»Sag schon, Sash. Und fasse dich kurz.« Es sollte eigentlich scherzhaft klingen.
»Du hast damit keine Probleme. Du kriegst jeden Mann, den du haben willst. Aber ich ...« Der Rest des Satzes geht in lautem Schnäuzen unter.
»Was hast du gesagt?«, frage ich laut.
»Er hat mich abserviert!«, schreit sie.
»Er hat dich abserviert?«, schreie ich zurück.
»Er hat sie abserviert?«, murmelt das Busenwunder tonlos, wobei sie fast so besorgt klingt wie ich.
»Warum?«, frage ich. »Ich dachte, das sei was Ernstes mit euch.«
Was einen weiteren Weinkrampf auslöst, der Sasha am Sprechen hindert.
Ich blicke das Busenwunder mit untröstlichem Kopfschütteln an. »Das tut mir Leid, Sasha, aber weißt du, ihr wart ja nicht so lange zusammen, davon geht die Welt nicht unter -«
»Mir war klar, dass du das sagen wirst«, schreit Sasha dazwischen. »Seit du
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