Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
Vom Netzwerk:
schon seit Monaten nicht mehr am Steuer saß. Mein Vater leiht mir nämlich nie seinen Mercedes, aber heute Abend kann er schlecht über Frauen am Steuer schimpfen. Nachdem wir mit quietschenden Reifen zum Stehen gekommen sind, drehe ich den Kopf zu George, der sich an seinem Beifahrersitz festkrallt, mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen. Der soll sich mal nicht so anstellen - schließlich habe ich bloß fünf rote Ampeln überfahren. Ich werfe im Rückspiegel einen Blick auf Dad, der nun ruhiger wirkt, auch wenn er immer noch seine Brust umklammert. Maroulla sitzt neben ihm und tupft seine Stirn mit einem Taschentuch ab.
    »Dinos Wohnung ist in die Erdgeschoss«, sagt George und zeigt auf das hohe Reihenhaus, vor dem wir angehalten haben.
    »Okay, gehen wir.«
    Als George und ich Dad aus dem Wagen hieven und ihn in unsere Mitte nehmen, um ihn zu stützen, fühle ich mich furchtbar - furchtbar schuldig. Ich hätte die ersten Anzeichen bemerken müssen. In letzter Zeit wirkte Dad häufig erschöpft. Und gereizt. Jedenfalls gereizter als sonst. Und er war, äh ... na schön, ich weiß zwar nicht mehr, welche Anzeichen sonst noch auf einen Herzinfarkt hindeuten, aber ich hätte sie dennoch bemerken müssen. Mein Vater hängt schlaff zwischen George und mir, und ich spüre Tränen in den Augen, als ich mir ausmale, was für Schmerzen er haben muss. Dabei erträgt er sie tapfer, ohne einen Mucks von sich zu geben. Mein neuer Held. Ich hatte ja keine Ahnung, dass mein Vater ein Held ist. Aber jetzt weiß ich es, und ich werde es niemals wieder vergessen. Wenn er bloß wieder gesund wird, bitte, lieber Gott ...
    Maroulla klingelt Sturm, und gleich darauf erscheint Dino an der Tür, mit verärgertem Gesichtsausdruck, der sich in Besorgnis wandelt, als seine Mutter ihm die Lage schildert.
    »Okay, bringt ihn herein«, sagt er, da er »Infackt« wesentlich schneller übersetzt hat als ich. Wir gehen durch zum Wohnzimmer, das hell erleuchtet ist und, äh, nicht leer.
    Auf dem Sofa sitzt eine Frau. Eine Blondine. Ich weiß auch nicht, warum ich ihre Haarfarbe erwähne. Bestimmt nicht, weil Blondinen etwas Besonderes sind oder so. Wen kümmert es, ob Blondinen etwas Besonderes sind beziehungsweise ob eine davon in Dinos Wohnzimmer sitzt? Ich habe im Moment andere Sorgen, beispielsweise das Leben meines Vaters zu retten.
    »Wo sollen wir ihn hinlegen?«, frage ich Dino, wobei ich abwechselnd ihn und die Blondine ansehe.
    »Auf das Sofa ... Würdest du bitte Platz machen?«, sagt Dino zu der Blonden.
    Widerwillig steht sie auf. Wenn ich Dinos verärgertes Gesicht vorhin bei unserer Ankunft und das verärgerte Gesicht der Blonden zusammenzähle, ergibt das eine gespannte Situation. Ich frage mich, in was für eine Auseinandersetzung wir hereingeplatzt sind?
    Wir legen Dad auf das Sofa und treten zurück, damit Doktor Dino sich an die Arbeit machen kann. »Können Sie atmen, Jimmy?«, fragt er, während er sich vor meinen Vater kniet und dessen Hemd aufknöpft.
    »Ich nicht kann ... atmen gut«, keucht Dad. Ich sehe, wie Dino die Hand auf Dads Brust legt und mit siche rem Griff abtastet. Er geht ruhig und professionell vor. Wobei wir ihn auch immer gestört haben, er ist nahtlos in seine Rolle als Arzt geschlüpft. Ich bin beeindruckt ... und auch etwas wackelig auf den Beinen. Nein, das hat absolut nichts mit einem albernen Schwächeanfall zu tun, den die Gegenwart eines starken, attraktiven Mannes bei manchen Frauen auslöst. Vielmehr hatte ich zuvor bereits weiche Knie, was sicher nicht besser geworden ist dadurch, dass ich Dads halbes Körpergewicht vom Wagen bis ins Wohnzimmer geschultert habe.
    »Wann hatte er den Anfall?«, fragt Dino.
    »Vor ungefähr zwanzig Minuten«, antworte ich, wobei ich im Augenwinkel wahrnehme, dass die Blonde ihren Mantel überstreift.
    Dino bemerkt es ebenfalls, und er unterbricht kurz seine Untersuchung und sagt: »Coral, bitte, warte doch. Geh nicht.«
    »Corro?«, sagt Maroulla. »Wer ist Corro?« Es sind ihre ersten Worte, seit wir hier sind. Ich sehe Maroulla an, die offensichtlich jegliches Interesse an meinem Vater verloren hat und entsetzt die blonde Coral anstarrt.
    »Mutter, das ist eine Bekannte von mir«, sagt Dino genervt, offensichtlich innerlich schwankend, ob er sich um Dads Herzinfarkt oder um die Leichenstarre seiner »Bekannten« kümmern soll wie es aus meiner Perspektive den Anschein hat.
    »Du kannst es dir sparen, mich deinen Eltern vorzustellen, Dean. Ich verschwinde«,

Weitere Kostenlose Bücher