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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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sieht er irgendwie bleich aus, als ob der Körper das ganze Blut im Hirn zusammengezogen hat. Falls er wirklich kurz vorm Umkippen ist, verbirgt er es zumindest gut. Konzentriert wandert sein Blick über das Schloss, auf der Suche nach der Schwachstelle. Er weiß natürlich genau, dass es keine gibt. Denn die Zeiten, in denen sich solche Schlösser mit einer 9-Volt-Batterie und ein bisschen Alupapier knacken ließen, sind lange vorbei. Falls die Geschichten überhaupt stimmen. Der Beifahrer nickt kurz, so, als ob er ein Gespräch mit sich selbst beendet hätte, und startet plötzlich eine ganz seltsame Aktion: Ohne ein Wort zu verlieren, kniet er sich hin und fängt an, auf dem Boden vor seinen Füßen rumzuwühlen. Schottersteinchen für Schottersteinchen schiebt er zur Seite, bis der getrocknete beige Lehmboden darunter zum Vorschein kommt. Dann bricht er mit den Fingernägeln aus dem harten Boden ein kleines Klötzchen raus und zerdrückt es in der Hand. Hallo, wie wär's mit einem Kommentar für das unwürdige Publikum?
    »Was soll das?«
    Aus seiner Hand bröseln ein paar Lehmklümpchen raus, fallen auf den Boden und hinterlassen kleine Staubwölkchen, als ob Bomben dort eingeschlagen wären. Ab und zu kontrolliert Nick das Ergebnis, pustet leicht in die Hand und knetet weiter. Dann lässt er sich doch noch zu einer Erklärung herab: »Bei solchen billigen Codeschlössern nutzen sich die Tasten schnell ab - vor allem, wenn sie oft gedrückt werden, sprich: in der Geheimzahl vorkommen. Durch das Gedrücke wird das Plastik glatt poliert. Das führt dazu, dass Dreck an diesen Tasten nicht so leicht hängen bleibt wie an den unbenutzten, bei denen die Oberfläche noch rau ist.«
    Zufrieden begutachtet der Beifahrer das feine Lehmpulver in seiner Hand.
    »Pass mal auf.«
    Er holt tief Luft und pustet den Staub gegen das Schloss.

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    »Null und vier sind sicher dabei, oder?«, sage ich - Captain Obvious, dessen einziger Job mal wieder darin besteht, das Offensichtliche auszusprechen. Der Beifahrer nickt.
    »Ich würde sagen, die Acht auch. Cool, oder? «
    Wir bringen unsere Nasen wieder auf eine normale Entfernung zum Schloss und kriechen zurück in den kühlenden Schatten der Wand. Unfassbar. Nicks Trick hat funktioniert. Gut, nicht 100-prozentig, aber immerhin: Von ganz Nahem kann man erkennen, dass auf einigen Tasten wirklich weniger Lehm hängen geblieben ist als auf anderen. Die Ausbeulungen für null, vier, acht und natürlich Enter glänzen immer noch, während an den anderen Tasten überall ein bisschen Staub klebt. Unklar ist die Sache mit der Fünf; an diesem Wackelkandidaten haftet auch ein bisschen Staub, aber halt nur ganz wenig. Doch, das müsste reichen, um die Zahl auszuschließen. Wir haben also drei sichere Zahlen. Das bedeutet, eine Ziffer muss in der Geheimzahl doppelt vorkommen, schließlich haben fast alle Schlösser dieser Art einen vierstelligen Code. Ist es Einbildung, oder ist der Beifahrer ein Stückchen an der Wand von mir weggerückt?
    »Jetzt mal im Ernst: Das haben dir die Databorgs beigebracht, oder?«, bohre ich nach. Nick lacht auf diese etwas übertriebene Art, an der man erkennen kann, dass er gleich nicht so ganz die Wahrheit sagen wird.
    »Databorgs - lustig. Quatsch.«
    Ende des gekünstelten Lachens.
    »Alles aus dem Fernsehen. Ist doch nichts geiler, als wenn der Fernseh-Kram im echten Leben funktioniert.«
    Stimmt, wenn es denn wirklich Fernseh-Wissen ist. Um Dienstgeheimnisse preiszugeben, ist er noch lange nicht getoastet genug, da muss schon ein Nahtoderlebnis her. Also sinnlos, weiterzubohren. Lieber die Energie in die Mission stecken. Höchste Zeit, dass der verhinderte Nationalökonom zurück ins Spiel kommt.
    »Also, das Schloss hat einen vierstelligen Code, wir haben drei Zahlen zur Auswahl, das heißt, eine Ziffer muss zwei Mal vorkommen. Macht insgesamt sechsunddreißig mögliche Kombinationen. Klingt überschaubar.«
    Ja, ja, Statistik I, erstes Semester, da war der Energiepegel noch hoch. Nick guckt skeptisch.
    »Ist aber noch zu viel, um zu raten. Ich schätze mal, nach drei Versuchen friert das Schloss ein, und dann muss man erst mal einen Tag warten, bevor man den nächsten Versuch starten kann.«
    Eine niederschmetternde Rechnung. Wir starren auf die Tür und loten schweigend die Möglichkeit aus, das ganze Brute-Forcemäßig zu lösen. Leider ist es keine Tür, sondern eher ein Tor - die massive Brandschutzvariante aus gebürstetem Stahl mit schwerem

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