Extraleben - Trilogie
sarkastisch in meinen eigenen Worten zu wiederholen. Je nachdem, wie gut ich meinen Job mache, bricht er a) in Gelächter aus oder b) setzt eine todernste Miene auf, so, als wollte er sagen: »So haben die Leute Galilei auch angeguckt.«
Gerade ist Sput-Nick mal wieder bei einer Weltraum-Geschichte angekommen: Sie dreht sich um eine seltsame Gesteinsformation, die eine Sonde auf dem Merkur angeblich fotografiert hat.
»Wenn ich's dir doch sage: Die Steine liegen genau da wie ein X! Und wie jeder weiß, gibt es in der Natur keine rechten Winkel.«
Die Felsmauer scheint unter den Spacefreaks so was wie der Nachfolger des Marsgesichts zu sein.
»Du willst also sagen ... « - das ist mein Standard-Einstieg »... dass Aliens, die über eine Technologie verfügen, um zweieinhalb Millionen Lichtjahre von der Andromeda-Galaxie bis zu uns rüberzudüsen, der Menschheit eine Botschaft senden, indem sie ein paar Steine nebeneinanderlegen?«
Nick presst kurz die Lippen aufeinander, dann bricht er doch zusammen und prustet los.
»Okay, okay, okay. Dann vielleicht der: Wusstest du, dass die CIA an den Einwohnern eines französischen Dorfs heimlich die Wirkung von LSD ausprobiert hat?«
Da ich vor Lachen nicht mehr antworten kann, schüttele ich nur den Kopf.
»Also, 1951 drehten in dem kleinen Ort Pont-Saint-Esprit alle Leute total durch. Die sahen plötzlich Monster, dachten, sie könnten fliegen und so weiter. Ein paar sind sogar in der Klapse gelandet. Nachher kam dann raus, dass die CIA denen LSD ins Baguette ...«
Mehr kriegt er nicht raus. Dicke Tränen kullern ihm die Wangen runter, der Rest des Satzes erstickt in gurgelndem Gelächter. Komm schon Alter, bring die Story zu Ende! Nick schnappt nach Luft.
» ... das Zeug war jedenfalls im Baguette ... «
Plötzlich zuckt er zusammen. Ich schaue rüber.
»Was ist?«
Auf Nicks Gesicht steht immer noch ein breites Grinsen, aber es wirkt irgendwie erstarrt, als hätte man ihn mit flüssigem Stickstoff übergossen. Er fixiert seinen Seitenspiegel.
»Alter, hast du den Cop gesehen?«
»Wo?«
Ich schaue in den Rückspiegel. Scheiße! Er hat recht. Aus einem der kleinen Waldwege ragt eine Motorhaube raus. Weil es schon dämmert, kann man bis auf einen schwarzen Schatten kaum was erkennen. Doch, da ist was! Neben dem Spiegel des fremden Wagens hängt ein Suchscheinwerfer aus Chrom. Also wirklich ein Polizist. Was macht der so alleine hier draußen? Raser wird er hier keine ficken können, zum Heizen ist die Straße viel zu kurvig.
»Nicht gut, nicht gut, nicht gut«, stammelt Nick, »wie schnell sind wir?«
Ich schaue auf den Tacho.
»Nicht mal vierzig, und hier ist fünfundfünfzig erlaubt!«
»Okay, weiterfahren!«, kommandiert Nick, »bloß nicht bremsen« . Als ob er mir das noch erklären müsste, nach all den Tickets, die wir schon kassiert haben ... Das Tal vor uns öffnet sich, wir kommen aus den Bergen raus. Nur noch ein paar Meter bis zur nächsten Kurve, dann sind wir aus dem Sichtfeld des Cops. Nick atmet schwer.
»Siehst du was?«
Spiegelcheck. Der schwarze Umriss hat sich nicht bewegt. Vielleicht nur eine Attrappe - manche Kaffs stellen ja irgendeine Rostlaube an den Ortseingang und malen sie wie ein Copmobil an, damit die Leute abbremsen.
»Nee, da tut sich nichts«, beruhige ich ihn. Doch Nick scheint überhaupt nicht hinzuhören.
»Kannst du dich an das letzte Schild erinnern? Wann kommt das nächste Kaff?«
Alter - ich war damit beschäftigt, mir deine Storys über LSD in Baguettes anzuhören.
»Keine Ahnung!«
Nur noch ein paar Meter bis zur nächsten Kurve, das Tal wird immer breiter. Vorsichtig abbremsen, einlenken, und rumzirkeln. Geschafft, der Cop hat sich bis zuletzt nicht bewegt. Mein Blick wandert vom Spiegel zurück nach vorne. Nick brüllt »Shit!«
Ich steige voll in die Eisen. Direkt vor uns sind Bremslichter, viele Bremslichter. Ein Stau? Mitten im Nichts? Da rauscht auch schon ein gelbes Schild vorbei, das ausgeklappt auf dem Randstreifen steht.
D.U.I. AND LICENSE CHECKPOINT
Dieses Schild markiert das Ende unserer Fahrt.
#29 T-3: 07:53
Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man glatt drüber lachen. In all den Jahren sind wir nicht ein einziges Mal in eine Alkoholkontrolle gekommen, weder zuhause noch hier in den Staaten. Dabei hätte es reichlich Möglichkeiten gegeben, vor allem früher, da waren viele unserer Trips nicht astrein. Heute lassen wir diese Ha-ha-und-sie-haben-uns-nicht-erwischt -Geschichten lieber unter
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