Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)
berichtet mir von seinen Erlebnissen beim Yukon Arctic Ultra in Kanada. Dort lief er 160 Kilometer nonstop bei Temperaturen um die minus vierzig Grad. Durch Eis und tiefen Schnee. Auf seiner rechten Wade hat er sich sein Lebensmotto tätowieren lassen: „Nur diejenigen, die weit laufen, können auch erfahren, wie weit sie laufen können.“ Neben ihm steht Roberto aus Argentinien. Mit seinen grauen Haaren, seinem Dreitagebart und seinem gebräunten Gesicht sieht er dem Schauspieler George Clooney sehr ähnlich. Roberto erzählt mir von seinen unternehmerischen Aktivitäten in der ganzen Welt und wie er scheinbar nebenbei noch die Zeit findet, an spektakulären Abenteuerläufen teilzunehmen. Er strotzt geradezu vor Energie und Enthusiasmus. Mir bereitet es eine große Freude, sich mit solchen kosmopolitischen Menschen zu unterhalten. Es ist schon ein verrücktes Volk, das sich hier versammelt hat. Verrückt in einer positiven Art. Ich liebe diese Momente. Ich liebe dieses einfache und unkomplizierte Leben, das sich auf die wesentlichen Dinge konzentriert.
Der Himalaya 100 Meilen Lauf stellte für mich definitiv einen der Höhepunkte in meiner Laufkarriere dar. Allein vor der gewaltigen und beeindruckenden Bergkulisse des Mount Everest zu laufen, war wirklich atemberaubend. Während meiner fast zweimonatigen Reise durch Nepal und Indien durfte ich sieben der vierzehn höchsten Berge der Welt mit eigenen Augen sehen. Doch mir ging es bei diesem Abenteuer nicht nur um die absolute sportliche Grenzerfahrung, sondern mir waren die vielfältigen kulturellen Eindrücke und vor allem die Begegnungen mit den Menschen dort mindestens genauso wichtig. Jede Begegnung und jedes Gespräch mit den Einheimischen faszinierten mich. Als ich am Ende meiner Reise den letzten Tag in Delhi verbrachte, lernte ich Ashutosh, einen indischen Studenten, kennen. Ich genoss gerade am Connaught Place in Delhi die Sonne und ließ die vielen Eindrücke meiner Reise Revue passieren, als er mich ansprach. Es entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch und er erzählte mir von sich und seiner Familie. Wie sie in bescheidenen Verhältnissen leben. Sein großes Ziel ist es, Tourismus zu studieren. Und er stellte Fragen. Pausenlos. Besonders interessierte es ihn, was ich studiert hatte, wie die Menschen in Deutschland wären und was meine Überzeugungen und Einstellungen waren. Seine Neugier, seine Wissbegierigkeit und sein Wunsch dazuzulernen, stellen in meinen Augen genau die Einstellung dar, um die es im Leben geht. Schon an seiner aufrechten Körperhaltung und seiner gepflegten Schuluniform habe ich sofort erkannt, was er wollte: Er wollte dazulernen, studieren und strebte danach, ein selbstbestimmtes, zufriedenes Leben zu führen. Ashutosh hat sicherlich keine Schwierigkeiten, am Morgen motiviert in den Tag zu starten.
Das ist übrigens ein interessanter Aspekt. Wussten Sie, dass die Art und Weise, wie wir in der Früh aufstehen, ein gutes Indiz für unsere aktuelle Motivation ist? Fällt es Ihnen morgens schwer, aus dem Bett zu kommen? Diese Frage stelle ich häufig in meinen Vorträgen und nicht selten sehen mich dann etwas fragende Gesichter an. Wenn ein Mensch seinen Job, seine Aufgabe oder seine Tätigkeit gerne macht, sich für diese begeistern kann, dann wird er wohl kaum länger schlafen als notwendig. Vielmehr will er schwungvoll und rechtzeitig in den Tag starten, weil er ja etwas hat, wofür es sich lohnt aufzustehen. Daran äußert sich schon, ob jemand motiviert ist oder nicht.
Was heißt denn überhaupt Motivation? Motivation ist nichts anderes, als zu sagen: Ich will. Das ist eine der kürzesten und besten Definitionen von Motivation, die ich kenne. Ich will. In diesen zwei Worten steckt so vieles. Ich kann nur motiviert sein, wenn ich es aus meinem tiefsten Inneren wirklich will. Wenn ich für eine Sache brenne, wenn ich mich voll und ganz für eine Sache begeistere, wenn ich alles andere um mich herum komplett ausblenden kann, wenn ich an nichts anderes mehr denke und wenn ich die Zeit dabei völlig vergesse, dann will ich eine Sache wirklich. Der Antrieb muss also von einem selbst kommen. Kein exorbitantes Gehalt, kein Luxusfirmenwagen und keine netten Kollegen können uns langfristig motivieren, denn diese Faktoren kommen von außen. Sie können uns zwar kurzfristig einen Motivationsschub verleihen, aber niemals langfristig zur dauerhaften Motivation beitragen.
„Ich will“ sage ich mir häufiger, besonders wenn ich
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