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Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Titel: Extrem: Die Macht des Willens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Bücher
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nächsten Termin fokussieren. Und erst danach machen wir wieder den nächsten Schritt. Bis wir ein Projekt erfolgreich beendet haben. Dafür sind Tausende kleinster Schritte, kleinste Aufgaben zu meistern. Aber jede einzelne ist wichtig. Entscheidend dabei ist, dass wir uns gedanklich voll und ganz auf den gegenwärtigen Moment, die aktuelle Aufgabe konzentrieren. Nur das Hier und Jetzt können wir aktiv beeinflussen. Doch häufig sind wir mit unseren Gedanken schon weiter. Planen schon den übernächsten Schritt. Sind durch irgendwelche andere Dinge abgelenkt. Widmen uns der gerade eingehenden E-Mail, anstatt weiter an unserem Konzept zu arbeiten. Studien haben gezeigt, dass wir nach einer Ablenkung im Schnitt zwanzig bis dreißig Minuten benötigen, um wieder konzentriert an einer Aufgabe weiterzuarbeiten. Daher macht es Sinn, sich erst gar nicht ablenken zu lassen.
    Die entscheidende Frage ist, ob ich bei einem Extremlauf, einem Kundengespräch oder einer wichtigen Präsentation voll da bin. Worauf richtet sich meine Aufmerksamkeit? Wo ist mein Fokus? Wo wir unseren Fokus haben, dort ist auch unsere Energie. In meinen Vorträgen führe ich an dieser Stelle immer ein kleines Experiment durch. Ich suche mir im Publikum einen Freiwilligen, der zu mir auf die Bühne kommt. Er stellt sich dann links neben mich und streckt seinen rechten Arm im 90°-Winkel von sich weg. Seine rechte Hand ballt er zu einer Faust. Ich versuche dann, nach kurzer Anweisung, seinen Arm nach unten zu drücken. Und er hält mit aller Kraft dagegen. Was glauben Sie, wer gewinnt? Immer der Zuhörer. Das Publikum verfolgt jedes Mal sehr gespannt die Darbietung. Jetzt spiele ich mit meiner Hand vor seinen Augen herum und lenke ihn mit diesen Handbewegungen ab. Damit hat er nicht gerechnet. Wir machen die ganze Übung noch einmal. Was glauben Sie, wer jetzt gewinnt? Immer ich. Warum ist das so? Beim ersten Mal ist er völlig bei der Sache, konzentriert und lenkt die gesamte Energie auf seinen rechten Arm. Beim zweiten Mal ist er dann abgelenkt. Und weil er abgelenkt ist, hat er auch nicht mehr dieselbe Energie wie vorher. Unser Fokus bestimmt unsere Energie. Das mache ich mir immer wieder bewusst. Wenn ich laufe, dann laufe ich. Wenn ich einen Vortrag halte, dann halte ich einen Vortrag. Wenn ich mit meiner Tochter spiele, dann mache ich nur das. Doch auch diese Konzentration klappt leider nicht immer, was ich bei einem Rennen am eigenen Leib erfahren musste.
    Nach meinem erfolgreichen Lauf durch die Atacamawüste im Mai 2010 schwebe ich über viele Tage auf Wolke sieben. Ich fühle mich wie berauscht nach dieser für mich außergewöhnlichen und beeindruckenden Erfahrung. Meine Gedanken kreisen ständig um die Erlebnisse meines Wüstenlaufs. Nur vier Wochen nach diesem Abenteuer nehme ich am Fidelitas Nachtlauf in Karlsruhe teil, dem ältesten Ultralauf Deutschlands. Für mich ist es, als alter Karlsruher, ein Heimspiel, deshalb will ich unbedingt bei diesem Event dabei sein, auch wenn es immerhin respektable achtzig Kilometer an Distanz sind, die man zurücklegt. „Aber was sind denn bitte achtzig Kilometer hier in heimischen Gefilden im Vergleich zu den 600 Kilometern, die du durch die trockenste Wüste der Erde gelaufen bist?“, denke ich mir. Immer noch euphorisch und gleichzeitig ein wenig überheblich gehe ich an den Start dieses Rennens. Ich unterhalte mich auf den ersten Kilometern mit anderen mir bekannten Läufern und erzähle stolz von meinen Erfahrungen aus der Wüste. Dabei vernachlässige ich ein wenig meine Konzentration und trinke an einem der ersten Verpflegungspunkte zwei Becher eines isotonischen Getränks, das ich zuvor noch nie probiert habe. Normalerweise teste ich alle meine Utensilien und auch meine Verpflegung zuvor im Training. Aber es sind ja „nur“ achtzig Kilometer, sagt mir wieder ganz dezent meine innere Stimme. Ohne weiter darüber nachzudenken, nehme ich auch bei den kommenden Verpflegungsposten wieder dieses für mich unbekannte Isogetränk zu mir. Nach dreißig Kilometern bekomme ich zum ersten Mal Schmerzen in meiner Magengegend. Ich verschwinde hinter einem Busch, erleichtere mich und laufe danach weiter, ohne mich zu fragen, woher dieses Problem stammen könnte. Erst als die Schmerzen weiter anhalten, werde ich nachdenklich. Alles, was ich zu mir nehme, scheidet mein Körper wieder aus. Das weitere Laufen wird zu einer Qual. Alle paar Meter muss ich anhalten und ins Gehtempo überwechseln. Irgendwann ist

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