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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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und Fichten die Vorherrschaft übernahmen. Er hielt inne und sog die Eindrücke gierig in sich auf. Die Pracht und die Feierlichkeit des Waldes mit all seinem Reichtum und aller Majestät drang in sein Auge und legte sich sanft an sein Herz. Bronstein fühlte eine ungekannte Rührung und sah sich plötzlich in seine Jugendzeit zurückversetzt, da er die Fähigkeit des Staunens noch besessen hatte. Jeder Schritt gab seiner Beobachtung neuen Stoff, war es nun ein ihm unbekannter Strauch, mit fremden Beeren übersät, oder ein mächtiger Baum von ungeahnter Größe. Die farbenprächtigen Schwämme, die sich an die Stämme schmiegten, faszinierten ihn nicht minder als ein plötzlich um eine Ecke brechender Sonnenstrahl, der das Moos in türkises Licht tauchte und aus dem Bach silberne Funken lockte. Bronstein lernte mit einem Mal, auf die Stimmen des Waldes zu hören, auf den Ruf eines Waldvogels, der tief aus den ferneren, von ihm nur geahnten Schößen des Waldes zu ihm drang, all das fiel in sein empfangendes Gemüt, und er nahm es dankbar an wie eine kostbare Gabe, die sehnlich er sich schon lange unbewusst gewünscht hatte.
    Über ihm ließ der Himmel zwischen den Baumkronen festlich wallend sein azurnes Blau hereinhängen, und erquicklich ergoss sich die kühle Waldluft über ihn wie ein schöner Gedanke.
    Endlich wurde der Boden so ansteigend und der Baumbestand so dicht, dass das weitere Vordringen immer beschwerlicher ward. Zudem schien oberhalb des Kamms ein mächtigerFelsen jede weitere Aussicht auf ein Vorwärtskommen zu vereiteln, doch just jener Felsen, so hatte man ihm im Hotel bedeutet, sollte das Ziel seiner Wanderung sein, denn von dort hatte man einen alle Sinne überwältigenden Blick über die Täler und Berge, durch den alle Mühen der Wanderung myriadenfach vergolten waren. Der Schweiß drang Bronstein aus den Poren, als er diese letzte Hürde keuchend und stöhnend überwand. Doch er sah sich wahrhaft überaus großzügig entschädigt, als er sich des ihn dort oben umgebenden Panoramas bewusst wurde. Er ließ sich im hellen Glanze der Mittagssonne nieder und stützte seinen Kopf in seine Hände. Er fühlte sich von aller Müh und Plag erlöst und schaute unverwandt gen Süden, zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einmal eins mit sich.
    Hätte ihn jemand beobachtet, er hätte geglaubt, da sitze jemand, der über den Lauf der Welt nachdenkt, doch Bronstein empfand nichts als eine tiefe Zufriedenheit und vielleicht sogar eine Art Glück, eine Wiederholung aus ferner Zeit, da die Last des Alltags noch nicht wie ein beständiger Alb auf ihm gelegen war. Und berückt von diesen Empfindungen schlummerte er alsbald ein.
    Die Nachmittagssonne war schon ziemlich tief zu Rüste gegangen und spann schon manchen roten Faden zwischen den dunklen Tannenzweigen herein, als wieder Bewegung in Bronstein kam. Er sah auf die Uhr und wusste, wollte er seinen Zug nach Wien erreichen, so musste er nun lassen von diesem Quell der Glückseligkeit. Er warf, wie zu einer Verbeugung, einen letzten grüßenden Blick auf die Berghäupter rings um ihn und suchte im wehmütig feierlichen Nachmittagsdufte schweigend nach dem Pfad, der ihn zurückbringen sollte an seinen Ausgangspunkt. Er bahnte sich seinen Weg durch den Forst, und lange fiel ihm gar nicht auf, dass seine Jause immer noch unberührt in seinem Rucksack lag. Die Natur hatte ihr Wunder getan, sie hatte ihm Linderung verschafft.
    Er war schon am Bahnhof angelangt, als er zum ersten Mal an diesem Tage an den Fall Guschlbauer dachte. Vom Telefon des Stationsvorstehers rief er Pokorny im Büro an und trug ihm auf, einerseits die Identität der zweiten Verkäuferin zu eruieren und sich andererseits bei ihr auch gleich nach jenen beiden Frauen zu erkundigen, die vor ihr bei Guschlbauer gearbeitet hatten. Zudem sollte sich Pokorny beim Grundbuchamt kundig machen, welche Immobilien Guschlbauer möglicherweise sonst noch sein Eigen genannt hatte. Er verabredete sich mit Pokorny für 20 Uhr im Café Westend, damit dieser ihm dort Bericht erstatten könne, und machte sich dann auf den Weg zum Zug.
    An einem Dienstagnachmittag reisten nur wenige Fahrgäste ab, Bronstein konnte daher ein ganzes Abteil für sich allein beanspruchen. Er griff nach der Zeitung, die er im Bahnhofskiosk erworben hatte, und musste unwillkürlich an den alten Witz mit dem Herrn Grün und dem Herrn Blau denken. Er schmunzelte in sich hinein und konzentrierte sich dann auf die Zeitung. Vor dem Fenster

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