Fabula
hört sich so an, als würden sich gerade viele, viele Türen für dich öffnen.« Kurz darauf hatte sie Lust auf Sex bekommen, völlig überraschend.
Nun ja.
Colin war im Team, und die Türen blieben vorerst geschlossen. Wenn sie sich jemals geöffnet hätten, dann heute. Doch SigmaCom, der Mandant, um den es ging, durchsegelte unsichere Gewässer und gab sich, so wie es aussah, alle Mühe, nicht zu kentern.
Ursprünglich hatten Arthur und Colin und der Rest des Teams einige neue Strategien entwickelt, die mit Kanonendonner die verlorenen Kunden und Marktanteile zurückerobern sollten. Colins Simulationsmodell für das Verhalten von Kunden bei sich verändernden Preisen (Elasticity-Sim getauft) kam zum Einsatz und ... nun ja, es lief zunächst alles sehr gut. Jeder dachte, er könne sich goldene Lorbeeren verdienen (und Colin hoffte sogar, ja, er musste es zugeben, auf einen Artikel im Harvard Business Review, der dafür sorgen würde, dass Andrew Cave, dem Igel, das Heft vor Schreck aus der feisten Hand fiel).
Stattdessen gab es bald Probleme.
Und zwar jede Menge.
Eine Gruppe, die sich die Earth 'n Eco Watchers nannte, klagte die Firma an, die Telefone der 7jfc7bc-Reihe seien krebserregend. Man könne das natürlich beweisen, hieß es, und es würde nicht mehr lange dauern und die Medien würden sich auf das Thema stürzen wie Stechmücken auf Sommergäste. Die kurz und knapp gehaltene Presseerklärung und die Anklageschrift waren SigmaCom gestern zugegangen und prompt an Arthurs Team weitergeleitet worden.
Und Colin Darcy, der erst jetzt davon erfuhr, weil er gestern früher das Büro verlassen hatte, hatte auf einmal noch ein Problem, das zu all den anderen hinzukam.
Trotzdem hatte er, neben all diesen Problemen, noch andere Dinge im Kopf, und der Gedanke an Shila Friedman und ihre gelebte Unzufriedenheit, die nichts mehr mit ihm zu tun hatte, stimmte ihn, was irgendwie seltsam war, fröhlich.
Selbst die Tatsache, dass er dabei war, sich ins Büro zu begeben, und eventuell sogar nach Ravenscraig reisen würde, konnte grundsätzlich nichts daran ändern, dass er seine Freiheit wiedergewonnen hatte.
Dann wurde ihm bewusst, dass Arthur Sedgwick nie wieder im Büro auftauchen würde, und diese Gewissheit nahm ihm sogleich wieder allen Schwung.
Es war ein Wechselbad der Gefühle.
Aber Colin Darcy wäre nicht Colin Darcy gewesen, wenn nicht die Vernunft die Oberhand gewinnen konnte. Das war es, was er während der vergangenen Jahre gelernt hatte. Man musste seine Gefühle kontrollieren. Man musste den Dingen des Lebens mit Vernunft und Verstand begegnen, nicht mit vagen Emotionen und dürftigen Phantasien.
Er gähnte.
Dann verließ er die Wohnung.
Die Melodie spukte ihm noch immer im Kopf herum.
Tie a yellow ribbon round the ole oak tree.
Er seufzte.
Just foryou and me.
Noch am Abend hatte er online einen Flug hinauf nach Prestwick gebucht.
Da die Maschine aber erst am Nachmittag in Luton startete, könnte er den Vormittag nutzen, um samt dem Reisegepäck in seinem Büro aufzutauchen und einige Dinge zu erledigen, die es zu erledigen galt. Mit voller Absicht reihte er die SigmaCom-Sache in die Liste der Dinge, die vor seinem Abflug noch zu erledigen waren, ein.
Der SigmaCom-Sache eine zu große Bedeutung zuzusprechen würde nur bedeuten, die Nervosität zu nähren. Es war eine einfache Regel, die Colin allzeit berücksichtigte. Stress war nichts anderes als Kontrollverlust. Wenn man das erst mal wusste, dann konnte man jede Art von Stress vermeiden.
Seit er nichts mehr mit Helen Darcy, seiner Mutter, zu tun hatte, hielt sich das Problem mit dem Kontrollverlust in Grenzen - und das war gut so.
Er durfte nicht die ganze Zeit über an Arthurs Tod denken. Nein, das würde ihn nur lähmen. Er wäre dann ganz durcheinander, und es würde niemandem helfen, wenn er durcheinander war.
Trotzdem hörte er die Melodie.
Tie a yellow ribbon.
Im Treppenhaus, draußen auf der Straße.
Round the ole oak tree.
Nun denn!
It. 's foryou and me.
Überall.
Miide, weil ihm der Traum noch immer in den Gliedern steckte und er definitiv viel zu früh aufgestanden war, ließ er sich von einem Taxi durch die Stadt fahren.
Unterwegs trank er Kaffee aus einem braunweißen Plastikbecher, den er sich an einem Straßenkiosk gekauft hatte, als das Taxi vor einer roten Ampel warten musste, und überflog schnell die Schlagzeilen der Times und der Sun, ohne wirklich zu registrieren, was in der Welt vor sich ging. Er fühlte
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