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Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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hinüber nach Southwark gefahren. Er ist durch Battersea gerast, hat eine Menge parkender Autos demoliert, nicht wenige Unfälle verursacht und ist schließlich vor der Brücke auf der Battersea Bridge Road, wie Zeugen aussagten, ins Schleudern gekommen. Er hat die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und ist in die Themse gestürzt.«
    Colin starrte den Inspektor an. Das klang alles so banal.
    »Hat Mr. Sedgwick getrunken?«, wollte der Inspektor wissen.
    »Warum fragen Sie?«
    Der Inspektor zog ein Gesicht.
    »Nein«, sagte Colin.
    Arthur Sedgwick war ein Gesundheitsfanatiker gewesen. Er hatte nicht einmal Wein getrunken, als er die Doktorwürde erlangt hatte. Nie und nimmer hätte Arthur Alkohol getrunken. Erst recht nicht am Abend vor einer wichtigen Präsentation.
    »Ich kenne Arthur seit Jahren«, sagte Colin.
    »Und?«
    »Ich weiß nicht, warum das passiert ist. Ich meine, ich kann es mir nicht erklären.« Arthur Sedgwick war glücklich verheiratet. Er flirtete nicht, er drehte sich nicht nach anderen Frauen um. Er war so, wie die Helden in den alten Filmen immer gewesen waren, jenen Filmen, die Colin und Danny als Kinder gesehen hatten, ja, wie die Helden, die sich ihr Happy End verdient hatten.
    »Man hat den Wagen geborgen«, sagte der Inspektor.
    Colin fragte sich, was er darauf erwidern sollte. »Ja, und?«
    »Man hat etwas gefunden.«
    Er machte eine Pause und schnäuzte sich erneut.
    »Was haben Sie gefunden?«, fragte Colin schließlich.
    Der Inspektor sagte: »Federn.«
    Colin glaubte sich verhört zu haben. »Federn?«
    »Ja, bunte Federn. Sie wissen schon, von einem Vogel.«
    »Ich weiß, was Federn sind.«
    »Haben Sie eine Vermutung, wie die Federn in seinen Wagen gekommen sein könnten?«
    Colin zuckte die Achseln. »Wie viele Federn waren es denn?« Nicht gerade die beste Frage, aber immerhin.
    »Viele«, sagte McGuffin.
    »Wie viele?« Er musste an den bunten Vogel denken, den er gestern Abend auf der Laterne hatte hocken sehen. Unsinnig, auch nur anzunehmen, das hätte etwas mit Arthur zu tun gehabt.
    »Das Innere das Wagens war voller bunter Federn. Sie waren überall. Sie sahen ungewöhnlich aus.«
    »Ungewöhnlich? «
    Er nickte. »Exotisch.«
    Colin schwieg.
    Exotische Federn also.
    »Ich habe keine Ahnung, was das zu bedeuten hat«, gab er zu, denn das war immerhin die Wahrheit.
    »Sind Sie während der nächsten Tage hier?«, fragte der Inspektor. »Falls ich noch Fragen an Sie habe.«
    Nein, ich muss nach Schottland zurück, weil Helen Darcy, die Frau des berühmten Kunsthändlers Archibald Darcy, meine Mutter, nämlich gerade verschwunden ist, und zufälligerweise ist mein Bruder, Danny Darcy, der in einer Rockband namens »Dylan 's Dogs« spielt und, glaube ich, recht berühmt ist und nach vielen Jahren gerade erst wieder nach Hause zurückgekehrt war, auch verschwunden, und noch viel zufälliger habe ich gestern einen bunten Vogel gesehen, der so exotisch ausgesehen hat, dass ich mir nicht erklären konnte, was er in London zu suchen hat.
    Einen Moment lang fragte sich Colin wirklich, ob er so etwas sagen sollte, aber am Ende entschied er sich dann für ein einlaches »Ich verreise.«
    »Wann?«
    »In einer Stunde.«
    »Für wie lange?«
    »Zwei Tage.«
    »Wo kann ich Sie erreichen?«
    Colin nannte ihm seine Mobilfunknummer und erklärte, dass er noch nicht wisse, in welcher Pension oder in welchem Hotel er wohnen werde, dies aber irgendwo in Portpatrick sein werde.
    »Das ist eine seltsame Sache«, grummelte der Inspektor, »seltsam, seltsam. Vor allem das mit den Federn. So was habe ich noch nie gesehen.« Dann verabschiedete sich McGuffin.
    Colin seufzte, stand auf und ging zum Fenster.
    Er betrachtete den großen Park.
    War müde und verwirrt.
    Nein, er fühlte sich nicht gut, und er wusste, dass er genauso aussah, wie er sich fühlte. Manchmal, dachte er, kann das Leben gemein und gierig sein. Und dann kam ihm ein Gedanke, der nichts besser machte, denn Colin wurde mit einem Mal bewusst, wie leer das Leben, das er führte, eigentlich doch war. Und wie allein er war, trotz all der Termine, die ihn nur selten zur Ruhe kommen ließen.
    Eine Stunde später kam das Taxi, das ihn zum Bahnhof King's Cross brachte, wo er den Zug nach Luton bestieg. Keine sechzig Minuten später hatte er bereits eingecheckt und saß auf seinem Fensterplatz, Nichtraucher. Luton Airport quoll über vor Menschen an diesem Tag, und es sah so aus, als habe er Glück gehabt, noch einen freien Flieger zu

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