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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
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prallgefüllten Rucksack zu Boden gleiten. Aus
dessen Öffnung ragte der Kopf eines erlegten Rehs, dem er nach altem Jägerbrauch
einen Tannenzweig zwischen die Zähne gesteckt hatte. »Letzter Bissen nennt man das«,
brummte er. »Gehört sich so, wenn man ein waidgerechter Jäger sein will.«
    »Aha«, antworteten
die beiden Kommissare gleichzeitig und völlig verständnislos.
    »Also los,
was wollen Sie von mir wissen?«
    Lindt zeigte
auf den Hof. »Wohnen Sie dort? Können wir vielleicht …«
    »Nein, wozu?
Wie lange wollen Sie denn bleiben? Das können wir gleich hier erledigen.« Demonstrativ
lehnte sich Eduard von Villing an den Dienstwagen.
    »Es geht
um Ihr Haus in Karlsruhe«, begann Paul Wellmann.
    »Ich habe
viele Häuser dort.«
    Lindt fixierte
den Alten genau. »Ihr Haus in Knielingen.« Das Zucken in seinem Gesicht war zwar
nur minimal, aber der Kommissar hatte es bemerkt.
    »Was soll
damit sein? Ist vermietet.«
    »An wen
denn?«
    »Kunsthandwerkerin,
restauriert alten Plunder.«
    »Wie heißt
sie denn?«
    »Was ist
mit ihr?«
    »Den Namen
Ihrer Mieterin bitte.«
    »Um das
zu fragen, sind Sie den weiten Weg hierher gefahren? Fragen Sie sie doch selbst.«
    »Das können
wir leider nicht.«
    Dieses Mal
zuckte Eduard von Villing deutlicher. »Fahren Sie zum Hof!« Der Alte schulterte
Rucksack und Gewehr und ging er mit seinem Jagdhund voran, ohne ein weiteres Wort
zu verlieren.
    In respektvollem
Abstand folgte der Citroën den langen, federnden Schritten.
    »Setzen
Sie sich«, gebot von Villing, als die Kommissare vor dem dunklen, vollständig aus
Holz gebauten Gehöft mit dem typischen Schwarzwälder Walmdach aus dem Wagen gestiegen
waren. Unter dem umlaufenden Balkon fand die aus halben Stämmen gefertigte Sitzgruppe
Schutz vor der Witterung.
    Lindt und
Wellmann nahmen Platz. Gegenüber stand ein alter Kirschbaum, dessen wenige verbliebene
Blätter in einem herbstlich intensiven Rot leuchteten.
    Der Alte
zog das erlegte Reh aus seinem Rucksack, spießte ihm einen Fleischerhaken durch
den Unterkiefer und hängte es am untersten Ast des Kirschbaumes auf. Aus der bereits
leer geräumten Bauchhöhle tropfte es dunkelrot ins Gras.
    Nachdem
er seine blutverkrusteten Hände am nahen Brunnen notdürftig gesäubert hatte, setzte
sich Eduard von Villing den Kommissaren gegenüber auf die zweite Holzbank.
    »Was ist
passiert?«, wollte er wissen. »Was ist mit ihr?«
    »Von wem
sprechen Sie?«
    »Irene Stoll,
zum Kuckuck.«
    »Ihre Mieterin?«
    »Nein …
Ja …« Die Frage brachte ihn aus dem Konzept. »Wenn sie hier ist, wohnt sie dort
drüben.« Er zeigte auf ein kleineres Haus, das in einigem Abstand zum Hof lag.
    »Das Altenteil?«
    »Leibgeding
heißt das hier. Da es auf diesem Hof keine alte Generation gibt, stand es leer und
deshalb …«
    »Ist also
nicht Ihre Heimat hier?«, fragte Paul Wellmann.
    Von Villing
wurde ungehalten. »Nein, aber alles, was Sie von hier aus sehen können, gehört mir.
Den ganzen Hof mit Feld und Wald hab ich vor vielen Jahren gekauft. Der Bauer hatte
sich den Kragen abgesoffen. Erst bankrott und dann tot. Und jetzt will ich endlich
wissen, was …«
    »In welcher
Beziehung standen Sie zu Frau Stoll?«
    Der groß
gewachsene Alte sackte zusammen. »Sie sprechen in der Vergangenheit, also ist sie
… tot?«
    Lindt nickte.
»Genaue Einzelheiten können wir Ihnen leider noch nicht nennen. Dafür müssen Sie
bitte Verständnis haben.«
    Von Villing
sprang auf, beugte sich über den Tisch und krallte sich in den Rand der Platte.
»Verständnis?«, schrie er. »Ich? Wofür? Ich will alles wissen! Sofort!«
    Lindt blieb
vollkommen ruhig. »Sind Sie mit ihr verwandt?«
    Die auffallend
dunklen Augen des Alten funkelten. »Irene ist meine Schwester!«, schleuderte er
den Kommissaren entgegen.
    »Wann haben
Sie sie denn zum letzten Mal gesehen?«
    Von Villing
setzte sich wieder. »August, ja, Mitte August. Kurz bevor der Großholzer hier den
zweiten Schnitt gemacht hat.«
    Unverständnis
stand in den Augen der Kripobeamten.
    »Das ist
der Bauer vom nächsten Hof. Drei Kilometer dort rüber. Dem hab ich die Wiesen verpachtet.«
    »So ein
Unikum mit Unimog und Zipfelmütze?«, wollte Wellmann wissen.
    Der Alte
nickte. »Sein Besitz ist aber nicht mal halb so groß wie meiner. Sind Sie ihm begegnet?«
    »Ziemlich
eng, dieses Sträßchen. War knapp.«
    »Hier hat
ja auch keiner zu fahren! Wenn’s nach mir ginge, würde ich die Zufahrt schon unten
im Tal sperren lassen.«
    »War Frau
Stoll

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