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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
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die Energiespartechnik der alten Höfe. »Alles unter einem Dach – genial.«
    »Außer,
wenn’s brennt, Jan. Dann ist gleich alles futsch.« Der Kommissar klopfte gegen die
trockenen dunklen Holzbalken. »Wenn da der Blitz einschlägt oder der Heustock heiß
wird, geht die Hütte hoch wie Zunder.«
    Wie aus
dem Nichts stand der riesige Drahthaarrüde vor ihnen. Er gab keinen Laut von sich,
zog aber die Lefzen bedrohlich weit nach oben. Lindt und Wellmann waren wie versteinert.
Instinktiv wussten sie, dass jede kleinste Bewegung den Jagdtrieb auslösen konnte.
    Der Hund
begann zu knurren. Erst leise, dann immer lauter.
    »Wer ein
solches Vieh hat, braucht keine Alarmanlage«, sagte Sternberg halblaut.
    Das war
zu viel. Das Tier preschte einige Meter vor und umkreiste die Kriminaler mit einem
unterirdisch tiefen Bellen.
    Plötzlich
stieg ihnen ein markanter Duft in die Nase. Vorsichtig, in absoluter Zeitlupe, drehte
Lindt seinen Kopf, um nach dessen Ursprung Ausschau zu halten. Kaum fünf Meter hinter
ihnen stand Eduard von Villing in aller Seelenruhe im Schatten des breiten Daches
auf dem umlaufenden Balkon und beobachtete die Szenerie, genussvoll an einer Costa-Rica-Zigarre
ziehend.
    Ein kaum
hörbares Pfeifen kam zwischen seinen Zähnen hervor, worauf der borstige Rüde sofort
die Holztreppe emporstürmte und sich zu seinem Herrn und Meister verzog.
    »Wir kommen
in völlig friedlicher Absicht«, rief Lindt dem Alten zu.
    »Und, was
wollen Sie schon wieder?«
    »Mit Ihnen
reden, natürlich.«
    »Mit zwei
Stunden Anfahrt, das muss ja wahnsinnig wichtig sein.«
    »Können
wir vielleicht reinkommen? Der Wind …«
    »Bläst ziemlich
kalt. Für morgen erwarte ich den ersten Schnee.« Der Alte machte keine Anstalten,
sie einzulassen. »Reden können wir auch hier draußen, dann geht’s schneller.« Er
grinste hämisch und schlug den Kragen seiner dicken Wolljacke hoch.
    »Sicherlich
schön warm, da drin bei Ihnen«, versuchte es Lindt erneut.
    »Den Kachelofen
heize ich erst ein, wenn’s mal gefriert. Aber meinetwegen, kommen Sie hoch.« Der
Alte, der sich ziemlich bücken musste, um sich nicht den Kopf am Türstock anzuschlagen,
ging voraus. »Früher waren die Leute eben kleiner. Hier oben im Schwarzwald noch
mehr als woanders.«
    Der weitläufige
Flur lag im Dämmer. Abgesehen von den kleinen Scheiben in der Haustür drang kein
Tageslicht nach innen und die dunkle Holzvertäfelung tat ein Übriges dazu, Helligkeit
zu schlucken.
    »Ringsum
Holz«, nickte Eduard von Villing. »Gemauert ist nur der Stall da unter uns.« Er
pochte mit seinem Absatz auf die ausgetretenen, aber spiegelblank polierten und
auffallend breiten Fußbodendielen, die sich ohne Zwischenraum aneinanderfügten.
Dann öffnete er eine schwere Holztür, duckte sich erneut und schritt hindurch.
    Die beiden
Karlsruher folgten ihm.
    Allein die
schiere Größe des Raumes war beeindruckend. Sicherlich konnten es sich früher nur
die reichsten Hofbauern leisten, derart viel Platz zu verschwenden.
    »Fast ein
Tanzboden«, entfuhr Oskar Lindt, als er sich staunend umblickte.
    »Gut erkannt«,
antwortete von Villing. »Das war früher einmal die Gaststube. Geht über die gesamte
Hausbreite. Gestützt nur von diesen Pfosten.« Er klopfte an einen der senkrechten
Stützbalken, die so dick waren, dass ein Mann allein sie nicht umfangen konnte.
»Bis vor 40 Jahren hatte der Hof das Schankrecht. Damals wurden hier rauschende
Feste gefeiert.« Von Villing zeigte nach hinten. »Dort steht noch die original erhaltene
Theke.«
    Ansonsten
war die Einrichtung ziemlich karg. Eine umlaufende Eckbank zog sich an der Wand
entlang, davor mehrere Holztische mit dicken dunkel gewordenen Platten und eine
Reihe ungepolsterter Wirtshausstühle. »Der letzte Bauer hier war als Wirt gleichzeitig
sein bester Kunde und auf die Tricks beim Kartenspielen hat er sich anscheinend
nicht verstanden. Am Ende gehörte der Hof der Brauerei und der Wald der Bank. Muss
trostlos gewesen sein. Die Frau hat vor Gram den Krebs bekommen und er selbst …
Ja, das weiß niemand so recht, wie es zuging … Auf jeden Fall war ein Geländerbrett
am Heuloch oben weggebrochen und der Bauer lag auf dem Steinboden im Stall mit gebrochenem
Genick.«
    »Drei Stockwerke
in die Tiefe? Das reicht«, nickte Lindt.
    »Ob er besoffen
gegen die Abschrankung getorkelt ist oder ob er die Aussichtslosigkeit nicht mehr
ertragen hat, keine Ahnung. Jedenfalls hatte man am Tag vorher das ganze Vieh abgeholt.«
    Von

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