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Fächertraum

Fächertraum

Titel: Fächertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Sein Kopf. Von der zweiten Flasche hatte er zu viel abbekommen. Jan und Paul waren so schlau gewesen, sich Wasser zu bestellen. Aber Inka konnte anscheinend einiges vertragen.
    Er tappte auf den Flur. Carlas Mantel hing wieder an der Garderobe. Lindt öffnete vorsichtig die Wohnzimmertür. Nichts. Das Zimmer der Töchter, er drückte die Klinke. Abgeschlossen, der Schlüssel steckte von innen.
    Langsam drehte er sich um, blieb unschlüssig stehen. Schließlich warf er sich den Morgenmantel über und ging nach unten zum Briefkasten. Mit der Zeitung in der Hand stapfte er die Treppen wieder hoch. Die Wohnungstür – er schrak zusammen – kein Schlüssel! Glück gehabt – nur angelehnt!
    Nach zwei Aspirin nahm er sich die Zeitung vor. Von hinten, wie immer. Zuerst die Anzeigen mit dem schwarzen Rand, dann die Lokalseiten. Karlsruhe und Umgebung: Der Polizeibericht enthielt heute nur einen Brand und zwei Verkehrsunfälle. Ob Inka ihre Zusage wahr machte? Dann müsste der Artikel morgen erscheinen. Vorausgesetzt, die Zeitung hatte Interesse.
    Die Sportseiten ließ er stets aus. Wirtschaft, Südwestumschau, Politik, fertig. Oder? Nein, Moment, er blätterte zurück.
    Suchte das Bild von dem brennenden Reihenhaus. Das wird doch nicht …? Er überflog den Text: Gestern Abend, Neureut, Kirchfeld, Löscharbeiten waren bei Redaktionsschluss noch im Gang, keine Verletzten, Ursache unbekannt.
    Lindt wollte Gewissheit und rief die Zentrale an. Tatsächlich das Haus von Johann Guth. Technischer Defekt? Bei einem so neuen Haus? Kaum. Brandstiftung?
    Hinfahren! Ging nicht, Paul hatte ihn gestern heimgebracht und den Dienstwagen mitgenommen. Anrufen? Er schaute zur Uhr. Erst halb sechs. Zu früh. Also Taxi? Oder eine Streife? Das Revier Waldstadt könnte bestimmt ein Fahrzeug schicken. Nein, er wollte keine blöden Fragen riskieren. Mit dem eigenen Auto? Vielleicht brauchte Carla den Wagen. Fragen wollte er sie jetzt auf keinen Fall. Besser warten, bis ihr Zorn verraucht war. Oder Frühstück machen und versuchen, alles zu erklären?
    Nein, erst am Abend. Also zu Fuß! Genau, warum nicht? Seinem Kopf würde die frische Nachtluft bestimmt guttun. Dusche? Nachher im Präsidium oder gar nicht, falls die Eiserne vor ihrem Gerichtstermin noch ins Büro käme. Brandgeruch mit Knoblauchdunst müsste auf jeden Fall wirken.
    Lindt zog sich an, griff nach einem alten Anorak, steckte die Taschenlampe ein und verließ das Haus.
    Bis zur Theodor-Heuss-Allee gab es Straßenlaternen, danach wurde es immer dunkler. Erstaunlicherweise gewöhnten sich seine Augen schnell an das minimale Restlicht, und auf den breiteren Waldwegen brauchte er die Lampe kaum. Ab und zu leuchtete sogar der halbe Mond durch die entlaubten Baumkronen.
    Lindt ging gemächlich, trotzdem wurde ihm warm. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke ganz herunter. Die kleine Stablampe klapperte gegen seine Dienstpistole. Er nahm die Maglite aus der Anoraktasche und steckte auch sie hinter den Gürtel.
    Nächtliche Waldspaziergänge hatte er bislang nur selten gemacht. Eigentlich schade, dachte er, der dunkle Wald mit seinem eigenen, ganz besonderen Zauber. Die Geräusche der Stadt verloren sich, je weiter er ging. An ihre Stelle traten mehr und mehr geheimnisvolle Laute. Ein dumpfes ›Hu-Huh‹. Sicher eine Eule. Ab und zu Knarren, Stöhnen, Ächzen. Rieben sich zwei Bäume aneinander?
    Von Zeit zu Zeit blieb Oskar Lindt stehen, um zu lauschen. Direkt unheimlich, schauerte es ihn. Er nahm die Lampe wieder in die Hand. Rechts knackte es im Unterholz. Noch mal, ein Tier? Das Geräusch kam näher, langsam zwar, aber direkt auf ihn zu. Rascheln, Schlurfen, Knacksen, er drückte auf den Knopf. Die Strahlen wurden von zwei Augen reflektiert. Grau-weißer Kopf, schwarze Streifen. Der Dachs störte sich nicht am Licht und schnüffelte weiter geräuschvoll im Bodenlaub nach Fressbarem.
    Auch der Kommissar ging weiter. Es war nach sechs. Ab und zu begegnete ihm jetzt bereits ein Radfahrer. Lindt ließ dann seine Leuchte kurz aufblitzen. Mit gleichmäßigen Schritten wanderte er vorwärts, genoss die Stimmung, betrachtete, wie sich die kahlen dunklen Baumkronen gegen den Nachthimmel abhoben. Ideal, um nachzudenken.
    Über Inka und die gemeinsame Zeit bis zum Streit wegen dieses blöden Artikels. Zugegeben, seine Methoden waren damals schon sehr im Grenzbereich der Legalität gewesen. Vielleicht hatte er auch zu viel davon erzählt. Inkas Empörung floss aufs Papier und ergab einen

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