Fächertraum
strich ihnen über die Köpfe. »Und wenn ihr euch anstrengt, gibts noch mal eine Belohnung.«
Drei Stunden später wechselten im Karlsruher Polizeipräsidium einige weitere Euroscheine die Besitzer, und zwei stolze Jungs bestiegen gemeinsam mit ihrem Vater wieder den Streifenwagen, um von Kurt, von ›ihrem‹ Polizisten, nach Hause gefahren zu werden.
12
»Da haben wir ihn jetzt, den großen Unbekannten.« Am nächsten Morgen betrachtete Lindt das Ergebnis des Polizeicomputers. »Die beiden Rabauken haben zwar gut aufgepasst, aber dieses Phantombild wird uns nicht weiterbringen – Mütze, Brille, Bart.«
»Gut getarnt«, stimmte ihm Paul Wellmann zu. »Viel konnten sie von seinem Gesicht wohl nicht sehen.«
»Und dann der Trick mit dem Stadtwerke-Bulli, echt genial. Da denkt nicht mal der wachsamste Nachbar was Böses.«
»Strom abstellen, Wasser, Gas, klar«, überlegte Jan Sternberg, »aber das passiert doch alles tagsüber. Also ich würd mich schon wundern, wenn plötzlich abends um neun so ein Wagen vor einem Haus steht, dessen Besitzer gerade umgebracht worden ist.«
»Anscheinend ist er aber nur den Kindern aufgefallen. Schade, dass wir das Kennzeichen nicht haben.«
»Fehlt denn ein Fahrzeug bei den Stadtwerken?«
Sternberg schüttelte den Kopf: »Hab schon angerufen. Die vermissen keines.«
»Und wenn der Täter nun tatsächlich dort arbeitet und den Dienstwagen eben mal privat genutzt hat?«
»Manche Mitarbeiter nehmen ihre Busse mit nach Hause, zum Beispiel, wenn sie Bereitschaftsdienst haben.«
»Also prüfen wir jetzt die Alibis aller männlichen Mitarbeiter der Stadtwerke?«
»Quatsch«, sagte Lindt, »das sind natürlich zu viele, aber allen, die vorgestern Abend Bereitschaft hatten, könnt ihr mal auf den Zahn fühlen.«
»Vielleicht gibt es auch Kameras«, überlegte Jan Sternberg, »um Betriebshof und Garagen zu überwachen.«
»Gute Idee, kümmert euch bitte drum.«
»Machen wir, Oskar«, bestätigte Paul Wellmann. »Und wo finden wir dich?«
»Du willst wissen, ob ich auch was arbeite oder mich wieder auf irgendwelchen Friedhöfen rumtreibe?«
»Entschuldigung, so war das nicht gemeint.«
»Wie sagte doch die liebe Frau Oberstaatsanwältin: ›Ermitteln, statt spazieren gehen.‹ Und wisst ihr, was ich sage? Ermitteln beim Spazierengehen. Die kann mich mal.« Mit diesen Worten deutete Oskar Lindt auf die aktuelle Ausgabe der Badischen Neuesten Nachrichten, nahm seine Jacke vom Haken und verschwand.
»Inkas Bericht …« Wellmann schob Jan die Zeitung hin. »Ich habs zu Hause schon gelesen. Volle Breitseite gegen die Eiserne. Ich wette, die hat gerade eine Audienz bei Wolf, ihrem Obersten.«
»Bankrotter Handwerker verlässt Gerichtssaal unter Tränen«. Sternberg las die Überschrift laut.
»Vor allem der Kommentar daneben hats in sich.« Paul tippte mit dem Finger auf die Spalte links oben. »Entgleisungen einer Staatsanwältin.«
»Gnadenlose Abrechnung … Oberstaatsanwältin Frey stellt insolventen Malermeister auf eine Stufe mit Schwerverbrechern … erst die Pleite, dann die verbale Hinrichtung … geschüttelt von Weinkrämpfen … Angeklagter bricht zitternd zusammen … selbst der Verteidiger braucht psychologische Betreuung … Richter ruft Anklagevertreterin mehrfach zur Ordnung.«
Kopfschüttelnd las Jan den Zeitungsartikel mehrmals. »Unglaublich, dieses Weib hat einfach kein Benehmen.«
»Hoffentlich kriegt sie jetzt endlich mal einen Schuss vor den Bug. Du weißt ja, wie sie sich selbst uns gegenüber immer wieder verhält.«
»Echt Klasse, was die Inka da geschrieben hat. Unseren Chef wirds freuen.«
»Hoffentlich nicht zu sehr …«
Zum Glück musste Wellmann diesen Satz nicht näher erklären, denn die Tür ging auf und Staatsanwalt Conradi kam herein: »Hier gibts doch den besten Kaffee weit und breit.«
»Dicke Luft?«, fragte Paul Wellmann und wies auf die geöffnete Zeitung, während er die für den Kurzen reservierte Tasse füllte.
»Wenn Sie das dort schon gelesen haben, können Sie sich ja denken, was bei uns los ist.«
»Laut?«
»Besser, man geht dem Gewitter aus dem Weg.«
Sternberg feixte: »Der Blitz kann auch Unbeteiligte treffen …«
Der Staatsanwalt verzog das Gesicht. »Gut, wenn man außer Haus zu tun hat. Ach, wo ist denn …?«
»Ermittlungen«, antwortete Paul Wellmann schnell.
»Zu Fuß wahrscheinlich?«
Paul zog die Schultern hoch und griff nach dem Telefon: »Wenn Sie ihn anrufen möchten …«
Conradi wehrte ab:
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