Fächertraum
Eine normale Unterhaltung zwischen den beiden fand mittlerweile kaum mehr statt, so einsilbig war der Kommissar geworden. Einen Misserfolg in diesem verzwickten Fall wollte er sich keinesfalls eingestehen, aber die Auflösung war nirgendwo in Sicht.
Auch Inka war sauer. Eine tolle Story, die Verhaftung von zwei Verdächtigen, aber Lindt gab keine Zustimmung, sie zu veröffentlichen. »Erst, wenn wir es ihnen hundertprozentig beweisen können«, sagte er, als die beiden sich zu einem Glühwein auf dem mittlerweile eröffneten Karlsruher Weihnachtsmarkt trafen. »Die beiden sind entweder unschuldig oder total hartgesotten. Es war absolut nichts aus ihnen herauszubekommen.«
»Wie können die überhaupt ihre Anwälte bezahlen?«, fragte sich Inka.
»Das wüsste ich auch gerne. Keine Ahnung.«
»Irgendwann müssen sie mal einen Fehler machen. Observiert ihr weiter?«
»Negativ. Kein Geld und keine Leute.«
»Telefonüberwachung?«
»Ebenfalls eingestellt, außerdem sind die viel zu vorsichtig.«
»Soll ich vielleicht mal …?«
»Als du bei Gabriel auf dem Grundstück warst, hat dich bestimmt jemand aus der Familie gesehen.«
»Wegen der hellen Bürste auf dem Kopf? Vielleicht, aber wenn ich mit meiner Maschine … flink, wendig, unauffällig …«
»Willst du dich damit bei denen vors Haus stellen? Also bitte, das spannen die schon nach fünf Minuten. Die rechnen bestimmt damit, dass wir sie im Auge behalten. Außerdem weiß ja die ganze Nachbarschaft, wen wir festgenommen haben und wieder freilassen mussten. Ich bin sicher, dass die Gabriels und die Heids jetzt von vielen Augen sehr genau beobachtet werden.«
»Schwachstelle Familie? Vielleicht verplappern sich die Kinder mal?«
»Denen wurde sicherlich nichts gesagt, und die Ehefrauen, die wissen natürlich, dass wir ihr Gespräch auf dem Supermarkt-Parkplatz belauscht haben. Noch mal passiert ihnen das nicht. Wollen doch ihre schicken Autos und die tollen Häuser nicht aufs Spiel setzen.«
»Und jetzt in der Weihnachtszeit? Irgendwie muss doch Geld für die Einkäufe organisiert werden.«
»Die Konten werden immer noch überwacht, da können sie sich nichts erlauben, was Spuren hinterlässt.«
Eine Weile schwiegen die beiden und sinnierten in ihre Glühweingläser.
»Früher war das irgendwie anders«, begann Lindt wieder. »Anfangs, beim alten Kopp, da konnten wir sie alle weichbekommen. ›Ab in die Küche‹, hat er gesagt, und dann ging das Spielchen los.«
»Guter Bulle – böser Bulle?«
»Ja, auch, aber meistens hielten die Verdächtigen irgendwann einfach unserem Druck nicht mehr stand und haben ausgepackt.«
»Dann fehlen euch jetzt wohl die richtigen Verhörmethoden.«
»Daumenschrauben waren auch früher schon abgeschafft, wenn du das meinst. Aber heute? Da holen sie einfach ihre gerissenen Anwälte, machen auf Pokerface und halten den Mund.«
»Die Anwälte«, sagte Inka plötzlich. »Vielleicht werden sie von denen mit Geld versorgt?«
»Und wenn schon. Da kommen wir nicht ran, keine Chance. Hatte noch nie das Vergnügen mit ihnen. Zwei junge Schnösel mit Porsche, haben erst vor ein paar Jahren eine Kanzlei in Durlach aufgemacht.«
»Noch nicht lange selbstständig und schon im teuren Sportwagen? Das stinkt doch. Mussten Gabriel und Heid lange überlegen, wer sie verteidigen soll?«
Lindt legte die Stirn in Falten. »Du meinst, sie kannten die Rechtsverdreher vorher schon?«
Inkas Gedanken gingen dem Kommissar nicht aus dem Kopf. Was wäre, wenn …, lächelte er verschmitzt und marschierte, als er ins Präsidium zurückgekehrt war, schnurstracks zu Karl-Friedrich Birk in die Wirtschaftsabteilung.
»Kennst du die Anwaltskanzlei Holz & Koller?«
»Durlach? Natürlich, seit ein paar Jahren tauchen die immer mal wieder bei unseren Ermittlungen auf. Haben bis jetzt noch jeden rausgehauen. Aalglatt, aber professionell.«
»Kannst du dich an einzelne Fälle erinnern?«
Birk griff hinter sich und zog denselben dicken Aktenordner aus dem Regal, den er Lindt schon einmal mitgegeben hatte. » KARMAG , wir sprachen ja bereits darüber.« Er blätterte eine Weile. »Hier: Holz & Koller waren seit drei Jahren beauftragt, die Verträge mit Kunden im Osten zu erstellen.«
»Die angeblichen Dumpingverkäufe?«
»Genau, aber unsere Spezialisten haben ja die ganze Verwaltung dieser Maschinenfabrik auf den Kopf gestellt – alles sauber! Nicht die geringste Unregelmäßigkeit. Marktpreise, war die Auskunft, knapp kalkuliert. Teurer dürfen
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