Faeden des Schicksals
Bilder schwirrten wirr in ihren Gedanken umher. Sie kauerte sich zusammen, spürte die Angst aus ihrem Traum.
„Nein.“ Ein leises Schnauben kam aus Laarnis Richtung. „Ich hatte nur gehofft, damit das zu verdrängen, was dich aus dem Schlaf gerissen hat.“
„Gut, eine Diskussion mit dir hätte ich ohnehin verloren. Da gegen ist jeder Albtraum ein Kinderspiel.“ Caitlyn fuhr sich seufzend mit der Hand über die Stirn.
Ein Moment der Stille hüllte sie ein. „Wirklich?“ Laarni griff nach ihrer Hand. „Dann hat meine Streitlust immerhin etwas Gutes.“
„Hey!“ Caitlyn erwiderte den Händedruck. „Alles in Ordnung?“ Ihre Freundin schien selbst niedergeschlagen zu sein. Sie versuchte sich ein wenig zusammenzureißen. Es war ein Traum, nur ein Traum, mehr nicht!
„Ja, sicher.“ Laarni versuchte ein Lächeln. „Im Vergleich zu dir geht’s mir blendend und genau so sehe ich auch aus.“
„Natürlich.“ Caitlyn richtete sich auf und sah ihrer Freundin ernst ins Gesicht. „Dieser Kerl … ist wirklich dein Onkel?“, wechselte sie das Thema.
„Ja.“ Ein Nicken. „Zumindest haben wir ihn immer so genannt. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass er ein Verwandter entfernteren Grades ist. Das ist Owen.“
„Der Owen?“ Caitlyn riss die Augen auf. Onkel Owen war immer der einzige Name gewesen, der in den Gesprächen über Laarnis Familie gefallen war. Sie hatte früher immer nur Positives über ihn erzählt. „Was ist denn passiert? Du hast ihn doch früher regelrecht vergöttert.“
„Ja, früher.“ Laarni gab einen abfälligen Laut von sich. „Als man mir noch nicht mit diesem ganzen Kram auf die Nerven ging.“
„Kram?“
„Diese … na ja … Werwolf-Sachen eben.“ Sie stand auf, ging zu einem Tisch und goss Tee in eine Tasse.
„Das ist … erblich“, stellte Caitlyn fest.
„Ja, in den meisten Fällen zumindest.“ Laarni nahm einen Schluck.
„Dir liegt das Ganze wohl nicht.“ Nun stand Caitlyn auf und kam auf sie zu.
Laarni wandte sich ab.
„Wie ist das … mit dieser Verwandlung?“ fragte Caitlyn. Sie musste zugeben, es interessierte sie schon sehr. Immerhin traf man nicht täglich auf einen … Werwolf. Das Wort klang selbst in ihren Gedanken seltsam.
„Nun, es ist nicht wie in diesen vielen schlechten Filmen. Weder passiert es immer bei Vollmond noch ziehen wir los und reißen Menschen in Stücke.“ Sie schenkte Caitlyn etwas ein und setzte sich an den Tisch. „Wobei es auch bei Werwölfen Psychopathen gibt, Letzteres kann daher passieren.“
„Oh.“ , war alles, was Caitlyn herausbrachte.
„Keine Sorge.“ Ein schwaches Lächeln erschien auf Laarnis Lippen. „Prozentual gibt es unter Werwölfen nicht mehr irre Mörder als bei den Menschen und in meiner Verwandtschaft ist zum Glück niemand davon betroffen.“
„Beruhigend.“ Trotzdem war allein der Gedanke, dass ein Werwolf Amok lief, ein wenig erschreckender als bei einem einfachen Menschen. „Wenn eure Verwandlung nicht vom Mond abhängt, wovon dann?“
„Von uns.“ Laarni stand auf. „Wir können es kontrollieren. Eines der ersten Dinge, die man lernt, wenn man ins wandlungsfähige Alter kommt.“
„Ihr könnt das nicht von klein auf?“
„Nein, zum Glück nicht.“ Sie grinste. „Wäre für manche Mütter sicher beängstigend.“
Caitlyns Augen wurden groß. Sie versuchte die aufkommenden Bilder schnell zurückzudrängen.
„Willst du … es wirklich sehen?“ Laarni wirkte unsicher.
„Wenn es dir nichts ausmacht.“ Natürlich wollte sie es sehen. Sie war unglaublich neugierig. Wie sah es wohl aus – während der Wandlung und danach?
„Na schön.“ Ein Räuspern. „Aber versprich mir, dass …“, sie zögerte.
Caitlyn legte den Kopf schräg. „Was?“
„Versprich mir, dass wir danach noch Freunde sind.“
„Oh, glaub mir …“ Caitlyn grinste . „… wenn ich einen Werwolf auf meiner Seite haben kann, werde ich den Teufel tun und ihm die Freundschaft kündigen.“
„Beruhigend.“ Auch Laarni musste schmunzeln, dann trat sie einige Schritte zurück. „Okay, denk dran, ich bin nach wie vor ich und tue dir nichts.“
Caitlyns Blick fixierten sie sie. Im ersten Moment schien nichts zu passieren. Sie war fast enttäuscht. Wenn sich Laarni nicht verwandeln würde, wäre alles einfach nur …
Ihr Gesicht streckte sich. Caitlyn riss vor Schreck die Augen auf. Es schien, als würde sie sich langsam verformen. Ihre Bewegungen wurden ruckartig und es gelang Caitlyn nicht, ihre
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