Faeden des Schicksals
blicken.
„Willkommen im Zirkus, meine Schöne!“ Er griff nach ihrer Hand, hauchte einen Kuss darauf. Caitlyn starrte ihn an. Sie kannte ihn. Sie wusste es genau. Sie kannte ihn. Er war –
Dunkelheit schlug über ihr zusammen, sie spürte, wie ihre Beine unter ihr wegknickten und sie nach unten fiel.
10.
Ein gewaltiger Palast, erbaut aus weißem Stein, der so glatt war, dass er sich wie Glas anfühlte. Überall spiegelte sich das Licht, verfing sich in dem Bau und erstrahlte plötzlich doppelt so klar. Säulen trugen ein Dach, das weit über dem Boden lag. Ein langer Gang führte um die gewaltige Anlage. Rechts das Weiß der Wand, auf der linken Seite ein offener Blick in die Gartenanlage. Alles grünte und blühte. Die Sonne warf ihre Strahlen auf die vielen Pflanzen, ein feines Lüftchen ließ die Blätter rascheln.
Caitlyn spürte das Gewand, das um ihre Füße wehte. Ein zartes Kleid von weißer Farbe. Sie hörte sich lachen, breitete die Arme aus und folgte mit schnellen Schritten dem Gang.
„Bist du dir sicher?“ Die Stimme ließ sie verstummen und abrupt anhalten. Caitlyn sah zu ihrer Linken. Ein schmaler Gang führte ins Innere des Gebäudes. Vorhänge verbargen die Gestalten, die sich dort befanden.
„Leider ja.“ Ein Seufzen. „Sie kommt nach ihrem Vater.“
„Die Regeln sind eindeutig.“ Die erste Stimme klang traurig.
Caitlyn ging näher und schob die Stoffe zur Seite. Zwei Frauen offenbarten sich ihrem Blick. Eine von ihnen mit langen schwarzen Haaren, die weit über den Rücken fielen und nicht die kleinste Welle aufwiesen. Aus einem jugendlichen Gesicht sahen die Mandelaugen ihr Gegenüber an. Beide Frauen trugen etwas Ähnliches. Weiße, schlichte Kleider, die weit bis auf den Boden fielen. Die andere Frau hatte helles, fast weißes, lockiges Haar, das zu einer legeren Frisur hochgesteckt war. Einzelne Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Ihr Blick aus grauen Augen war zu Boden gerichtet.
„Kannst du es wirklich?“ , erklang die Stimme der Dunkelhaarigen.
Eine Pause entstand. Dann schüttelte die Weißhaarige sanft den Kopf. „Nein.“ Sie sah auf. „Ich … ich kann vielleicht …“ Mit einem Seufzen brach sie ab. Doch sie riss sich zusammen. Ihr Blick änderte sich, wurde härter, unnachgiebig. „Ich kann sie richtig erziehen. Ich kann ihr beibringen , eine von uns zu werden.“
Der Blick ihres Gegenübers belegte sich.
„Bitte, Gabriel“, erklang ihre Stimme erneut und sie sah hoffnungsvoll zu ihr auf.
Die Schwarzhaarige seufzte, doch sie nickte letztlich. „Wenn es das ist, was du willst.“ Es war nur ein Flüstern. Die andere Frau schien es nicht zu hören. Sie fuhr auf der Stelle herum und lief Caitlyn entgegen, schien sie aber nicht zu sehen.
Plötzlich drehte sich alles. Die Frau vor ihr blieb, doch die Perspektive wankte, verzerrte sich und kehrte sich um.
Caitlyn fand sich plötzlich auf einer finsteren Burg wieder. Der Himmel war wolkenverhangen. Blitze schienen die einzige Lichtquelle zu sein und der Regen prasselte unaufhörlich auf sie nieder.
Die Gestalt der Frau befand sich vor ihr auf dem schmalen Weg. Caitlyn lief zu ihr, doch es schien, als konnte sie sie nicht erreichen. Sie streckte die Hand nach ihr aus. In diesem Moment fiel die Gestalt. Sie ließ sich nach hinten kippen. Einen Moment stand alles still, die Zeit schien anzuhalten. Caitlyn fühlte, wie sie nach vorne gerissen wurde. Sie erreichte die Frau. Vielleicht würde sie sie doch retten können.
Mit einem Ruck setzte sich alles in Bewegung. Caitlyn griff nach unten, versuchte die Hand der Frau zu greifen.
Sie bekam nur ihre Haare in die Finger. Diese langen, sanften Fäden, die Spinnweben glichen und leicht in der Luft schwebten.
Fäden …
Etwas in ihr regte sich. Doch in dem Moment ruckte der Körper nach unten.
***
„Nein!“ Caitlyn riss die Augen auf. Für einen Augenblick sah sie trotzdem die Bilder aus ihrem Traum. Die Finsternis, die Blitze, die übers Firmament zuckten. Alles verschwamm und der Raum war erfüllt von sanftem Kerzenschein, der auf bunte Stoffe fiel. Erst jetzt bemerkte sie Laarnis Gesicht, das auf sie herabsah.
„Was … ist passiert?“ Caitlyn rieb sich die Augen.
„Wir haben über die Möglichkeit diskutiert, dass man mit Sonnenenergie die ganze Menschheit mit Strom versorgen könnte.“ Ein Lächeln erschien in ihren Augen, doch es war belegt. Fast als wären Wolken aufgezogen.
„Wirklich?“ Caitlyn klang matt, genau wie sie sich fühlte. Die
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