Faeden des Schicksals
noch ein Flüstern. Der Rest des Satzes wurde im Dunkel verschluckt. Er lehnte sich an einen Baum. „Dabei habe ich ihn extra erwählt.“
„Dein Schüler hat nicht den besten Ruf, Nathaniel“, der Direktor blieb ruhig.
„Ich weiß, Maurice“, der Angesprochene seufzte. „Aber sie braucht ihn. Sie braucht jemanden, der sie beschützen kann. Und er braucht sie, um …“ Er brach ab, kam einen Schritt auf den Direktor zu. „Kannst du sie nicht führen? Kannst du sie nicht irgendwie auf den richtigen Weg bringen?“
„Mein alter Freund .“ Maurice lächelte sanft. „Wir haben getan, was möglich war. Vielleicht solltest du den Rest ihr überlassen.“ Er stieß sich von dem Baum ab, warf die Zigarette zu Boden und trat sie aus. Sein Blick hob sich, sah Nathaniel an und für einen winzigen Augenblick glaubte Caitlyn, er hätte sie hinter dem Baum bemerkt. „Deine Tochter ist stärker als du glaubst. Nie zuvor entkam jemand seinem Schicksal.“
„Tochter?“ Erst als sie das Wort hörte, wurde ihr klar, dass sie es laut ausgesprochen hatte.
Nathaniel fuhr zu ihr herum. Maurice blieb ruhig. War ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen? Er wandte sich ab, kehrte den beiden den Rücken.
„Viel Glück“, hörte sie seine Stimme und er verschwand in den Schatten.
Dann zerbrach etwas in Caitlyn. Sie trat mit festen Schritten hervor. Direkt auf den Mann zu, dessen Name n sie nun endlich erfahren hatte.
„Ihr habt über mich gesprochen?“ Ihre Stimme war ein Flüstern.
Er warf einen kurzen Blick in die Richtung, in der Maurice verschwunden war und seufzte. „Ja“, gab er leise zu.
„Du …“ Sie schluckte, zwang sich dazu, weiterzusprechen. „… willst mein Vater sein?“
„So könnte man es nennen .“ Er kam auf sie zu.
„Was … was soll das alles?“ Sie wich zurück. „Du tauchst einfach auf, redest irgendwelchen Blödsinn und verschwindest wieder. Sogar als ich vor diesem Mörder geflohen bin.“ Caitlyn schüttelte den Kopf und lief nervös auf und ab.
Das sollte ihr Vater sein? Ihr echter Vater?
„Warum bin ich hier?“, fragte sie und sah ihn an, sah in diese grauen Augen, die voller Trauer zu sein schienen.
„Das ist etwas komplizierter“, begann er langsam.
„Sicher.“ Ihre Stimme war bitter. Caitlyn spürte, wie ein Kloß in ihrer Kehle entstand und sich einige Tränen in ihren Augen sammelten. „Es muss kompliziert sein, wenn ein Kind irgendwo in der Wildnis ausgesetzt und von Vampiren und Werwölfen gefunden wird.“
„Das ist leider nur die halbe Wahrheit“, sagte er sanft.
„Und wie lautet die andere Hälfte?“, brachte sie nur mühsam heraus.
„Du bist nur zum Teil mein Kind“, erwiderte er langsam.
„Was? Wie … soll das bitte gemeint sein?“ Sie starrte ihn an, völlig fassungslos. Heutzutage hörte man ja einige seltsame Ausreden von Vätern, die ihre Kinder nicht wollten, aber das übertraf einfach alles.
„Du hast schon einmal gelebt.“
***
Er sah , wie sie zusammenbrach und in die Arme von Nathaniel sank, kaum dass dieser seinen Satz ausgesprochen hatte. Ein Knurren schob sich seine Kehle hoch. Mit einem Sprung war er von dem Baum herab.
„Du hier?“ Nathaniel sah zu ihm auf.
„Ich bin immer in ihrer Nähe.“ Er ging auf ihn zu, die Frau war alles, was er wahrnehmen konnte. Diese sanften Züge, dieses blonde, leicht gewellte Haar. „Warum hast du mir nie gesagt, dass sie deine Tochter ist?“
„Hätte es etwas geändert?“ Nathaniel nahm sie ganz auf die Arme.
„Vielleicht.“ Ein Fauchen drang aus seiner Kehle.
„Cael .“ Die Stimme des anderen klang merkwürdig. Was lag darin? Trauer? Angst? Oder einfach nur Mitleid? „Du hast sie ohne mein Zutun gefunden. Und seit damals verfolgst du sie.“ Er sah auf.
Diese Augen, diese verdammten, grauen Augen, die Cael immer so sehr an sie erinnerten. Er erstarrte. Seine Kiefer mahlten, die Hände ballten sich zu Fäusten. Er hätte von Anfang an merken können, dass sie seine Tochter war.
Aber änderte es wirklich etwas? Wenn er ehrlich war: nein.
Seine Hände bewegten sich zu ihrem Körper. Vorsichtig nahm er sie auf die Arme. Er war selbst erstaunt darüber , wie sanft er sein konnte. So lange Zeit hatten diese Hände nur getötet, hatten auf grausamste Art andere verstümmelt. So lange hatte er geglaubt, dass er nur etwas empfinden würde, wenn er andere leiden ließ. Dann war sie aufgetaucht. Bilder wollten sich in seinen Gedanken an die Oberfläche graben.
Verdammt! Er drehte
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