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Fänger, gefangen: Roman

Fänger, gefangen: Roman

Titel: Fänger, gefangen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Collins Honenberger
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gemacht, weil unsere Fantasie uns überall hinbringen kann, auch wenn wir in einer Kleinstadt in Virginia feststecken.
    Er dreht das Radio leiser, um das Spiel ernsthaft weiterzuspielen. Ich nehme an, es lenkt ihn vom Ende unserer Reise ab, dem Bahnhof und einem Abschied, den keiner von uns will. Ein Abschied, zu dem ich allerdings mehr bereit bin als er.
    Er macht weiter: »Wie wäre es mit ... Hättest du je gedacht, dass du der erste Schüler der Essex-County-Highschool bist, der von der Brücke in den Rappahannock springt?«
    »Hättest du je gedacht, dass du der Klassenbeste in Algebra sein wirst?«
    »Hättest du dir je träumen lassen, dass ein schönes Mädchen wie Meredith sich in dich verlieben wird?«
    »Ich kann es immer noch nicht fassen. Aber Meredith ist besser als ein Traum. Sie ist wie ein Felsen.« Ich lehne mich gegen die Kopfstütze und denke daran, wie sie in der halb erleuchteten Kabine ausgesehen hat, ihre Augen, ihr Lächeln. »Wie kommt es, dass manche Menschen so sind und andere ...«
    Mack schnaubt. »Und andere nur heiße Luft und Dreck wie Yowell?«
    »Was ist da eigentlich mit dir und Yowell?«
    »Nichts. Du bist es doch, der ihn für einen Verräter hält.«
    »Ich habe ihm verziehen.«
    »Wegen des Senators?«
    »Wahrscheinlich«, antworte ich. »Der hat seinen Ruf riskiert, um das Gesetz geändert zu kriegen. Damit sie meine Eltern vom Haken lassen. Aber Leonard, der alte Schleimer? In erster Linie hab ich ihm wohl vergeben, weil er immer nett zu meiner Mom ist.« Das ist jetzt im Moment wahrscheinlich das falsche Thema.
    Mack sieht kurz zu mir, dann wieder auf die Straße. Denkt er etwa, ich weiß nicht, dass er sich Sorgen um mich macht? Du kannst unmöglich deinen besten Freund zum Bahnhof fahren, wo er in den Sonnenuntergang davonreitet und nie mehr wiederkommt, ohne dir Sorgen zu machen. Vor allem, wenn du ahnst, dass er wahrscheinlich in irgendeiner verlassenen Gasse an seiner eigenen Kotze ersticken wird.
    Irgendwo zwischen Port Royal und dem Golfplatz von Fredericksburg verlieren wir den Richmonder Radiosender. Ich drehe am Regler und suche was Lautes. Wenn Holden das kann, kann ich es auch. Jedenfalls mag ich nicht mehr reden. Nicht mehr denken.
    Eben noch war alles dunkel, und wir schossen wie eine Pistolenkugel durch den leeren Raum, aber plötzlich blitzen rote Lichter auf. Sirenen. Polizei.
    »Ich war nicht zu schnell.« Mack brüllt geradezu.
    »Okay, okay. Fahr ran«, will ich ihn beruhigen. »Vielleicht wollen die nur vorbei.«
    »O ja, es kommen uns ja auch so viele Autos entgegen, dass sie nicht überholen können!«
    »Mack«, ermahne ich ihn. »Reiß dich zusammen. Sag nichts. Lass sie erst was sagen.«
    »Du hast gut Reden«, regt er sich auf. »Du bist ja nicht derjenige, dessen Führerschein auf dem Spiel steht.«
    Er ist so nervös, dass ich allmählich denke, er ist wegen ganz anderer Dinge gestresst, und nicht wegen eines Strafzettels. Im Spiegel sehe ich jetzt, dass es nur ein einziger Polizeiwagen ist. Landespolizei.
    »Mack, du hast keine Drogen im Auto, oder?«
    Er antwortet nicht.
    »Mack?«
    »Bist du verrückt?«
    »Du hast gesagt, dass du aufhörst«, schreie ich ihn an. »Aber du drehst ja völlig durch. Ich dachte ...«
    »Es wäre Selbstmord«, sagt Mack, »Koks im Wagen zu haben. Jeder Idiot weiß das. Sobald irgendein Teenager in eine Routinekontrolle kommt, wird alles durchsucht.«
    Es herrscht angespannte Stille, als die Polizeisirene erstirbt. Das Blinklicht schwirrt über das leere Feld neben uns, wo die abgeernteten Maisstümpfe aufblitzen und verschwinden und wieder auftauchen. Minuten vergehen. Schließlich sind im Seitenspiegel die schwarzen Umrisse des stämmigen Polizisten zu sehen, der aus seinem Wagen steigt.
    Mein Kopf hämmert. Meine Finger sind klamm. »Du hast mich angelogen. Du hast gesagt, du rauchst nur Gras. Und dass du mit dem anderen aufgehört hast.«
    »Ich meinte Gras.«
    »Du hast Koks gesagt.«
    »Ich meinte Gras.«
    »Verdammt noch mal, Mack! Ich werde nicht mehr da sein, und du ...«
    »Sei still, sei bloß still, hier ist der Bulle.«
    Genau wie in jedem verdammten Film, den ich gesehen habe, klopft der Polizist ans Fenster. Mack lässt es runterfahren.
    »Seid nur ihr zwei Jungs unterwegs?«, fragt der Polizist. An seinem Gürtel glänzt Metall im Holster. Er leuchtet mit der Taschenlampe durch das Wageninnere.
    Mack nickt. Ich nicke.
    »Und? Wo wollt ihr hin, um vier Uhr morgens?« Er spricht kurz und knapp,

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