Fahr zur Hölle Mister B.
in ihren engen Käfigen bis zur Erschöpfung, in der Überzeugung, sie würden mit ihrem Gesang eine endlose Nacht erfreuen; ungewollter Nachwuchs von Hunden und Katzen wurde den Müttern von den Zitzen gerissen und vor ihren Augen totgeschlagen, ohne dass sie den Sinn dieser schrecklichen Bestrafung zu begreifen vermochten.
Und doch unterschied sich ihr Leben mitunter kaum von dem der Menschen, die resigniert hinter dem Ochsen dahinstapften, die Singvögel einfingen und blendeten oder kleinen Kätzchen die Schädel am nächstbesten Stein einschlugen und dabei nur daran dachten, welche Plackerei vor ihnen lag, sobald sie die Kadaver den Schweinen zum Fraß vorgeworfen hatten.
Der einzige Unterschied zwischen Ihrer Rasse und den bedauernswerten Kreaturen, die ich in diesen 100 Jahren Tag für Tag leiden sah, ist der, dass Ihr Volk, auch wenn es sich um Bauern handelte, die weder lesen noch schreiben konnten, eine klare Vorstellung von Himmel und Hölle und den Sünden hatten, die sie bei ihrem Schöpfer für alle Zeiten in Ungnade bringen würden. Das alles lernten sie jeden Sonntag, wenn die Kirchenglocken sie zum Gottesdienst riefen. Quitoon und ich nahmen teil, wann immer es uns möglich war, verbargen uns an einem hoch gelegenen Plätzchen und hörten uns die Predigten des jeweiligen Priesters an. Warf er seiner Gemeinde in diesen Predigten vor, dass sie erbärmliche Sünder wären und unendliche Qualen für ihre Verbrechen leiden müssten, machten wir es uns zur Aufgabe, diesen Priester einen oder zwei Tage zu beobachten. Hatte er bis Dienstag selbst keine der Todsünden begangen, gegen die er am Sonntag so sehr gewettert hatte, zogen wir unseres Weges. Speiste der Priester jedoch hinter verschlossenen Türen von Tischen, die sich unter der Last von Speisen und Weinen bogen, wie sie seine Schäfchen niemals sehen, geschweige denn kosten würden; nutzte er private Gebetsstunden aus, um Knaben oder Mädchen zu verführen, um den Missbrauchten anschließend zu versichern, dass sie ganz gewiss im ewigen Höllenfeuer brennen würden, sollten sie jemals einer Menschenseele erzählen, was er getan hatte, dann sorgten wir dafür, dass seine Scheinheiligkeit ein Ende fand.
Ob wir sie töteten? Manchmal, in dem Fall sorgten wir aber stets für so extravagante Todesursachen, dass bestimmt keines ihrer Schäfchen unter Mordverdacht geraten konnte. Unsere Methoden, wie wir die Priester folterten und beseitigten, entwickelten wir im Lauf der Jahrzehnte zu einer wahren Kunstform.
Ich entsinne mich noch, wie wir einen besonders anrüchigen und wohlgenährten Priester an die Decke seiner Kirche nagelten, die so hoch war, dass niemand sich erklären konnte, wie die Tat begangen worden war. Ein anderer Priester, den wir dabei beobachtet hatten, wie er seine perverse Lust an winzigen Babys stillte, zerschnitten wir in 103 Stücke, eine Tat, die Quitoon zufiel, dem es gelang, dafür zu sorgen, dass der Mann am Leben blieb (und um den Tod flehte), bis er den 78. Teil vom 79. trennte.
Quitoon kannte die Welt gut. Und er kannte nicht nur die Menschheit und deren Werke, sondern auch alles Mögliche, das ohne eindeutige Beziehung zwischen beiden existierte. Er wusste etwas über Gewürze, Parlamente, Salamander, Schlummerlieder, Flüche, Formen von Debatten und Krankheiten; über Rätsel, Ketten und Geisteszustände; über die Herstellung von Süßigkeiten, über Liebe und Witwen; über Geschichten für Kinder, über Geschichten für Erwachsene und Geschichten, die man sich an Tagen, wenn nichts eine Bedeutung zu haben scheint, selbst erzählen kann. Mir schien, als gäbe es kein einziges Thema, über das er nicht wenigstens ein bisschen Bescheid wusste. Und falls er über etwas Bestimmtes doch einmal nichts wusste, dann log er so unverfroren, dass ich jedes seiner Worte wie ein Evangelium akzeptierte.
Besonders gern mochte er die zerrütteten und verfallenen Orte der Welt, wo Krieg und Verwahrlosung regelrechte Wüsten hinterlassen hatten. Mit der Zeit teilte ich seine Vorlieben. Diese Orte besaßen für uns natürlich enorme Vorteile. Sie wurden von ihresgleichen weitgehend gemieden, weil sie bei den Menschen als Heimstätten böser Geister galten. Und hier kam euer Aberglaube der Wahrheit zur Abwechslung einmal recht nahe.
Was Quitoon und mich an solchen abgeschiedenen Stätten faszinierte, lockte nicht selten auch andere nächtliche Wanderer wie uns an, die keine Hoffnung hatten, dass sie jemals von einer christlichen Seele
Weitere Kostenlose Bücher