Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
stillstehenden Herde der Mehrheit. O Gott, die furchbbare Gewaltherrschaft der Mehrheit. Jeder hat seine Harfe zu schlagen, und an Ihnen ist es jetzt, zu entscheiden, mit welchem Ohr Sie zuhören wollen.«
    Montag machte schon den Mund auf, um Faber Antwort zu geben, ein Versehen, das ihm nur erspart blieb, weil die Alarmglocke anschlug. Die Stimme aus dem Lautsprecher an der Decke ertönte, und das Klappern des Fernschreibers setzte ein, der die Adresse hintippte. Hauptmann Beatty, die Pokerkarten in der Hand, begab sich mit übertriebener Gemessenheit hinüber und riß die Adresse heraus, als die Meldung fertig war. Er warf einen flüchtigen Blick darauf und schob sie in die Tasche, dann kehrte er an den Tisch zurück und setzte sich hin. Die andern schauten ihn gespannt an.
    »Es hat genau vierzig Sekunden Zeit, während ich euch noch rasch alles Geld abnehme«, erklärte Beatty vergnügt.
    Montag legte die Karten hin.
    »Müde, Montag? Ziehst du dich aus dem Spiel zurück?«
    »Ja.«
    »Nun, eigentlich können wir das Spiel ebensogut später beenden. Legt einfach die Karten verkehrt hin und macht euch bereit.« Und Beatty erhob sich wieder.
    »Montag, du siehst nicht gut aus. Es wäre mir unlieb, wenn du nochmals Fieber bekämst ...«
    »Es wird schon gehen.«
    »Klar, sehr gut sogar. Dies ist ein Sonderfall. Los, ans Werk!«
    Sie sprangen ins Leere und klammerten sich an die Messingstange, als wäre sie das letzte, was aus einer unter ihnen hinweggehenden Flutwelle aufragte, und dann beförderte die Stange sie zu ihrer Bestürzung ins Dunkel hinunter, in das Fauchen und Räuspern des Drachens hinein, der mit Getöse zum Leben erwachte.
    »Holla!«
    Mit Sirenengeheul donnerten sie um eine Kurve, daß die Gummireifen kreischten und das Kerosin im glitzernden Messingtank sich verschob wie der Mageninhalt eines Riesen. Montag wurde beinahe vom Wagen geschleudert, während ihm der Wind in den Zähnen pfiff und das Haar zurückriß. Und dabei mußte er die ganze Zeit an die Frauen denken, die gedankenlosen Frauen in seinem Wohnzimmer, die nur noch leere Hülsen waren, jede Innerlichkeit von einem Neonwind verblasen. Und jemand war so dumm gewesen, ihnen aus einem Buch vorzulesen. Das hieß, eine Feuersbrunst mit Wasserpistolen bekämpfen, ein Vorgehen ohne Sinn und Verstand. Eine Wut löste die andere ab, ein Ärger verdrängte den andern. Wann würde er endlich dem inneren Aufruhr entrinnen und zur Ruhe kommen, zu einer großen inneren Ruhe?
    »Wir fahren!«
    Montag schaute auf. Beatty saß entgegen seiner Gewohnheit am Steuer und schleuderte den Salamander in die Kurven hinein, auf hohem Fahrersitz vornübergebeugt, während der schwere schwarze Mantel nach hinten flatterte, so daß Beatty wie eine große Fledermaus wirkte, die da aber dem Ganzen thronte.
    »Wir fahren, um der Welt den Seelenfrieden zu erhalten, Montag!«
    Beattys rotes Gesicht funkelte im Dunkel, und er lächelte ingrimmig.
    »Da wären wir!«
    Dröhnend kam der Salamander zum Stehen, und die Männer sprangen schlitternd und schwerfällig herab. Montag stand da, den Blick der wunden Augen auf die schimmernde Haltestange geheftet, an die er sich immer noch klammerte.
    Ich bringe es nicht über mich, dachte er. Wie kann ich das jetzt noch tun, wie kann ich weiterhin Dinge verbrennen? In dieses Haus kann ich nicht hinein.
    Beatty, mit dem Geruch des Windes um sich, durch den er gerast, stand an seiner Seite. »Geht's, Montag?«
    In ihren plumpen Stiefeln liefen die andern wie Klumpfüße lautlos dahin und dorthin.
    Schließlich sah Montag auf und wandte sich um. Beatty beobachtete seine Miene.
    »Stimmt etwas nicht, Montag?«
    »Ja«, sagte Montag gedehnt, »wir halten ja vor meinem Haus.«

3
     
     
    Die ganze Straße entlang gingen Lichter an und Haustüren auf; es stand eine Volksbelustigung bevor. Montag und Beatty starrten, der eine mit Genugtuung, der andere ungläubig, auf das Haus vor ihnen, wo gleich die Artisten auftreten würden, die mit Fackeln jonglierten und Feuer fraßen.
    »Jetzt hast du's«, sagte Beatty. »Freund Montag wollte zur Sonne emporfliegen, und nun, wo er sich die Schwingen versengt hat, wundert er sich. Habe ich dich nicht deutlich genug gewarnt, als ich dir den Spürhund vors Haus schickte?«
    Montag verzog keine Miene; steinern wandte er den Kopf nach dem dunklen Nachbarhaus mit den leuchtenden Blumenbeeten ringsum.
    Beatty schnaubte. »Ach nein! Du bist doch nicht etwa dieser kleinen Trine mit ihren Sprüchen

Weitere Kostenlose Bücher